VADER No, I am thy father.
LUKE Nay, ‚tis not true! It is impossible!
VADER Pray, search thy feelings, Luke. Thou knowest
It is true.
LUKE Nay!
Schon damals in meiner Schulzeit war ich ein großer Fan von Shakespeares Literatur. Allen voran empfand ich Much ado about nothing, eine Komödie um Lieben und Intrigen (den Film Much ado about nothing von Kenneth Branagh, bekannt unter anderem durch seine Rolle als Gilderoy Lockhart in Harry Potter und die Kammer des Schreckens, kann ich äußerst empfehlen), als wahre Offenbarung. Nur eine kleine Sache hätte den Stil Shakespeares verbessern können: eine Geschichte in der Form einer epische Weltraumoper. Leider veröffentlichte Shakespeare nie eine solche Geschichte – obgleich er sich vielleicht Gedanken über eine solche Geschichte gemacht haben könnte. Doch zu meinem Glück wurde genau dies mit William Shakespeare’s Star Wars von Ian Doescher umgesetzt. Nach dem atemberaubenden Erfolg der Shakespeare-Adaption von Episode IV, welche sich weltweit mehr als 100.000 mal verkaufte, war es mehr oder weniger klar, dass weitere Teile folgen würden. Bald erscheint nun die Adaptation des zweiten Teils der originalen Trilogie: William Shakespeare’s The Empire Striketh Back. Wir duften diesen schon lesen (vielen Dank an Eric Smith von Quirk Books) und ich kann euch daher mit einer Rezension versorgen.
Am Anfang möchte ich aber erwähnen, dass ich nicht tief auf die Story eingehen werde, da diese jedem Leser schon bekannt seien dürfte.
Dieses Werk ist genauso, wie schon sein Vorgänger, keine Parodie – obwohl sich auch hier ein stark ausgeprägter Humor findet. Ganz im Gegenteil: es ist die Verschmelzung einer epischen Geschichte mit einer interessanten Erzähltechnik in der Sprache des elisabethanischen Theaters. Der Autor Ian Doescher wandelte den Dialog von Das Imperium schlägt zurück auch hier in den fünffüßigen Jambus um. Dabei flocht er Dialoge aus Hamlet, Richard III und Romeo und Julia in die Star Wars-Geschichte ein, was die Werke von Shakespeare wiederum zugänglicher für Schüler, Studenten und Interessenten rund um die Welt macht. Das Mischen von zwei Erzählstilen auf einer hohen Ebene ist Doescher auch im zweiten Teil der Trilogie wirklich sehr überzeugend gelungen.
Dabei spricht sogar die Weltraumschnecke im Asteroidenfeld:
EXOGOR. Alas, another meal hath fled and gone,
And in the process I am sorely hurt.
These travelers who have esap’d my reach
Us’d me past the endurance of a block!
My stomach they did injure mightily
With jabs and pricks, as though a needle were
A’bouncing in my belly. O cruel Fate!
To be a space slug is a lonely lot,
With no one on this rock to share my life,
No true companion here to mark my days.
And now my meals do from my body fly-
Was e’er a beast by supper so abus’d?
Was e’er a creature’s case so pitiful?
Was e’er an exogorth as sad as I?
Was e’er a tragedy as deep as mine?
I shall with weeping crawl back to my cave,
Which shall, sans food, belike become my grave.
Die archaische Grammatik und das Vokabular des sechzehnten Jahrhunderts werden hier bis auf ein paar kleinere Ausnahmen wie in William Shakespeare’s Star Wars verwendet. Dieser Schreibstil gibt ein sehr authentisches Shakespeare-Gefühl wieder; zur gleichen Zeit wird der Inhalt von Das Imperium schlägt zurück gewahrt. Die Konvertierung des Textes zum Blankvers stellt nur einen kleinen Teil der Änderungen dar: der Dialog kommt auch hier dem Leser “reicher” vor.
Die traditionellen Erzählweise Shakespeares in Zusammenarbeit mit dem Drama und der üppigen Star Wars-Geschichte schafft es Fans von George Lucas‘ ikonischen Filmen und Shakespeare-Genießer gleichermaßen zu beeindrucken. Die Star Wars-Trilogie verbunden mit dem Heldenmut und den Schurken aus Shakespeares Schauspielen macht diese Serie letztendlich einzigartig. Nicht nur durch die toll ausgearbeiteten Dialoge, auch die wunderschönen schwarz-weiß Bilder im Stil der elisabethanischen Kunst lassen den Leser perfekt in dieses Werk eintauchen.
Wie ich schon erwähnt habe, lehnt sich der Stil des Buches stark an den Stil des vorangegangenen Buches an (was auch nicht verwerflich ist, da es eine Shakespeare-Adaption ist). Deshalb möchte ich euch ein paar interessante Background-Stories erzählen, die im letzten Teil des Werkes erläutert werden. Allein diese Auseinandersetzung Ian Doeschers mit seinen Werken zeigt, dass er sich tiefsinnige Gedanken über die Adaption gemacht hat.
Zuerst stellt sich die Frage, wie sich Yoda in einer Galaxie voller elisabethanischer Sprache anhört? Dies war eine Frage, die in Ian Doescher wuchs, seitdem er begann, das Buch zu schreiben. Yoda ist gerade für seine umgedrehte Grammatik bekannt. Viele Leser von William Shakespeare’s Star Wars sprachen davon, dass jeder Charakter in dem Werk ein bisschen wie Yoda sprach. Ian Doescher hatte aus diesem Grund vier verschiedene Ideen:
- Man hätte Yodas Sprache komplett umdrehen und ihn wie eine moderne Person sprechen lassen können: „Stop it, don’t try, just either do it or don’t do it. Seriously.“
- Yoda hätte in einer Art altem Englisch sprechen können: „Nee, do ye nae trie, aber due it oder due it not.“
- Doescher hätte überhaupt nichts spezielles machen und Yoda wie die anderen Charaktere sprechen lassen können
- Weiterhin hatte Doescher die Idee Yodas Dialog aus dem Film zu verwenden, da sich dieser schon ein wenig nach Shakespeare anhört.
Letztendlich hatte Ian Doescher aber noch eine fünfte Idee, die aus meiner Sicht auf eine besondere Art und Weise die Genialität des Autors repräsentiert. Yoda wird als weiser Lehrer dargestellt, fast wie ein „Sensei“ – und wir alle wissen, dass Yoda definitiv etwas Östliches an sich hat. Deshalb lässt Ian Doescher Yoda seinen Dialog in Form von Haiku (jap. 俳句, dt. „Schauspielergedicht“; Plural: Haiku – ist eine traditionelle japanische Gedichtform, die heute weltweit verbreitet ist. Das Haiku gilt als die kürzeste Gedichtform der Welt) vortragen. Wie wir alle wissen, hat Shakespeare nie Haiku geschrieben. Aber auch Shakespeare hielt den fünfhebigen Jambus in einigen Fällen nicht ein. So brechen zum Beispiel verschiedene Lieder von Shakespeare aus diesem Schema aus. Weiterhin weist Doescher jedoch darauf hin, dass das fünf-sieben-fünf Silbenmuster etwas sehr modernes ist und nicht Teil der originalen japanischen Poesie. Die meisten Haiku sind auch simpler als Yodas Dialoge und stellen keine kompletten Sätze dar. Dazu soll den Puristen aber gesagt sein, dass dieser Werk hauptsächlich da ist, um beim Lesen Spaß zu haben.
YODA Use the Force, Luke, yes.
Now , lift thou the stone. Feel it.
The Force within flows.
Weiterhin stellt Boba Fett den ersten Charakter in Doeschers Adaption dar, der Prosa und nicht im Blankvers spricht. Shakespeare benutzte oft Prosa, um die niedrige Klasse von der Elite zu trennen. So sprachen Könige im fünhebigen Jambus, während Wachen in Prosa sprachen. Und auch hier handelt Doescher aus meiner Sicht genial – wer könnte besser in gemeiner Prosa sprechen als der gemeinste Kopfgeldjäger?
FETT My Lord, although his death would bring me
joy, it doth not pay. Jabba, like thine Emperor,
giveth no fees for damag`d goods. I prithee,
what shall happen if the man doth die? What
then, for Boba Fett?
Doescher nahm sich auch die Kritik am Vorgänger zu Herzen. Viele Kritiker berichteten, dass er zu oft den Chorus verwendete, um Sequenzen zu beschreiben. Manch einer schrieb sogar, dass er den Chorus gar nicht hätte verwenden sollen – was ich definitiv nicht denke. Nun beschreiben auch Charaktere im Buch selbst Szenen, wie es auch in Hamlet zu sehen ist (vgl. Hamlet, Akt IV, Szene 7, in welcher Gertrude beschreibt, was Ophelia passiert ist).
Kommen wir nun zu Lando: aus Ian Doeschers Sicht war Lando in Das Imperium schlägt zurück noch nicht perfekt ausgearbeitet. Wir erfuhren nie, was er gedacht hat, als er dazu forciert wurde, seine Freunde zu betrügen. Hier verwendet Doescher das bekannte Beiseitereden, um die Geschichte Landos zu füllen und tiefer zu gestalten.
Die meisten Star Wars-Fans stimmen darin überein, dass Empire der beste und dunkelste Film der Trilogie ist – dazu zähle ich mich auch. Ian Doescher ist dort jedoch anderer Meinung, da aus seiner Sicht Rückkehr der Jedi-Ritter der beste Film ist. Es ist der erste Star Wars-Film, den er gesehen hat. Weiterhin verbindet er mit ihm weitere Kindheitserinnerungen.
Jedoch muss man dazu anführen, dass Das Imperium schlägt zurück die meisten Shakespeare-Themen vereint: Betrug, Liebe, Kampf, Schicksal, Lehrer und Schüler. All das und die schockierende Vater-Sohn-Beziehung. In gewisser Weise folgt Das Imperium schlägt zurück einer antiken Geschichtsform, die Shakespeare selbst benutzte: eine klassische Tragödie mit Luke Skywalker als tragischen Held. Die Zusammenführung von Star Wars und Shakespeare ist hier also perfekt, sie hat ihren Zenit erreicht, besser kann es nicht werden. Oder vielleicht doch? Bleiben wir auf The Jedi Doth Return gespannt – doch bis dahin müssen wir uns noch etwas gedulden.
Falls ihr Lust habt, sprechende Wampas, AT-ATs und Weltraumschnecken (von den singenden Ugnaughts ganz zu schweigen) zu hören, seid ihr bei diesem Werk genau richtig. Es wird euch definitiv ein Lächeln ins Gesicht zaubern!
Ich kann also gar nicht anders, als diesem Werk die volle Holocronanzahl zu geben, da es ein stimmiges Gesamtwerk ist und noch besser zu Shakespeare passt, als Eine neue Hoffnung. The Empire Striketh Back von Ian Doescher erhält von mir fünf von fünf Holocrons. Dieses Werk ist intelligent, auf einem hohen Niveau und hat sich diese Holocronzahl verdient! Apropos: ist euch aufgefallen, dass ich dieses Buch immer als Werk bezeichne? Aus meiner Sicht übersteigt dies einfach schon das normale Schema – es ist definitiv schon als Kunst zu betrachten!
P.S. Diese Bücher dürften interessanterweise vor allem verzweifelten Lehrern helfen, die ihren Schülern Shakespeare näher bringen wollen…
Meine Rezension zu William Shakespeare’s Star Wars von Ian Doescher könnt ihr hier finden. Weiterhin wird es bei uns bald auch eine Rezension zur deutschen Ausgabe des ersten Teiles geben.
Grandiose Rezension! Chapeau!!
Sehr gelungene Auseinandersetzung mit dem Werk und interessante Einblicke zu den Hintergründen. Insbesondere die Überlegungen zu Yodas Sprechweise fand ich faszinierend. Tatsächlich hat ja auch Frank Oz die Grammatik von Yoda entsprechend gestaltet, um sie altertümlicher wirken zu lassen. Zu Yodas Jugend wurde halt noch anders gesprochen!
Winzige Anmerkungen meinerseits…
Zitat:
„Leider veröffentlichte Shakespeare nie eine solche Geschichte – obgleich er sich vielleicht Gedanken über eine solche Geschichte gemacht haben könnte.“
Wohl kaum…
Und da es hier ja um hohe Sprachfertigkeit geht:
„(…) wer könnte besser im gemeinen Prosa sprechen als den gemeinsten Kopfgeldjäger?“
Macht das Sinn?
Müsste es nicht heißen:
„(…) wer könnte besser in gemeiner Prosa sprechen als der gemeinste Kopfgeldjäger?“
Dann ist mir noch ein Buchstabendreher aufgefallen:
„Am Anfang möchte ich aber erwähnen, dass ich nicht tief auf die Story eingehen werde, da diese jedem Leser schon bekannt seien drüfte.“
– „dürfte“ statt „drüfte“.
Und „archaisch“ würde ich die Grammatik eines Shakespeares jetzt auch nicht gerade nennen. Vielleicht „antiquiert“?
Aber das sind ja alles nur Kinkerlitzchen…
Fazit: Toller Text! Es war mir eine Freude, ihn zu lesen!!
Guten Abend Darth Jorge!
Ich danke dir für deine Kritik!
Ich muss tatsächlich zugeben, dass mir diese zwei kleineren Fehler unterlaufen sind… und mich bei Jürgen dafür bedanken, dass er diese während meiner Abwesenheit korrigiert hat.
Das erste Zitat sollte lustig sein – das meine ich natürlich nicht ernst – leider kommt mein Humor dort wohl nicht ganz zum Vorschein.
Ich danke dir für deinen Lob!
Beste Grüße (der zurzeit etwas abwesende)
Josh
Danke für die Info. Die Fehler sind behoben.
Echt geniale Rezension. Ich mag deine Erklärungen zu den literarischen Hintergründen dieses Werks, Josh! Du darfst dann gerne auch The Jedi Doth Return rezensieren – du verstehst dein Fach. 😀