Wer sich eingehender mit den inzwischen als „legendär“ bezeichneten Geschichten des Erweiterten Universums befasst hat, der wird zweifelsohne mindestens einmal auf den mittlerweile unter Star Wars-Fans legendären Namen Abel G. Peña gestoßen sein. Der Lucasfilm-Mitarbeiter trug diverse Artikel über die obskursten Ecken des Erweiterten Universums zum Star Wars Insider und anderen Werken bei. Zwischen 2008 und 2011 kam dann eher wenig von ihm, da er – wie er häufig in sozialen Netzwerken und Foren mitteilte – an seinem Meisterstück arbeitete, nämlich einer Novelle mit dem Titel „SkyeWalkers“, einem Prequel zu einem inzwischen längst vergessenen Werk, dem Star Wars Annual #1 von Marvel Comics. Eigentlich war das als E-Book konzipierte Werk dazu gedacht, an die Mitglieder des Hyperspace-Fanclubs verteilt zu werden, allerdings wurde der Dienst vor der Fertigstellung der Erzählung beendet, sodass SkyeWalkers: A Clone Wars Story lange Zeit in Abel G. Peñas Schublade versauerte, bis sich Lucasfilm im März 2015 erbarmte und die Novelle im Rahmen eines Artikels über andere eher obskure Klonkriegsabenteuer veröffentlichte (siehe die Jedi-Bibliothek-Meldung dazu hier).
Worum geht es nun in diesem Werk? Die Handlung spielt auf dem abgelegenen Planeten Skye, der von dem diabolischen – ja, was eigentlich? Mutanten? Klon-Drohnen-Cyborg? – Arkanianer-Mutanten Zeta Magnus beherrscht wird. Lange Zeit sollte dieser Charakter einen anderen, Fans des obskuren Erweiterten Universums weitaus bekannteren Namen tragen, nämlich Atha Prime. Letztendlich entschied sich Peña für Zeta Magnus, da Atha Prime unter keinem guten Omen stand, schließlich waren bislang alle seine Publikationsversuche mit Informationen über jenen Erzschurken abgelehnt worden oder aufgrund mangelnder Popularität des jeweiligen Mediums unveröffentlicht geblieben. Zeta Magnus hat im Vorfeld der Geschichte die Outland-Clans und damit ein Drittel der einheimischen S’kytri-Bevölkerung mit einem Virus infiziert, das die Flugwesen zu willenlosen Zombies unter seiner Ägide macht. Daraufhin wird Obi-Wan Kenobi mit seinen zwei Padawanen Anakin Skywalker und Halagad Ventor (Abel G. Peñas In-Universe-Alias) sowie dem scheinbar thyrisanisch trainierten Tark-Squad mit den vier Republik-Kommandos Nilo, Xoni, Quo und Kupe nach Skye entsandt, um Magnus Einhalt zu gebieten und die noch nicht infizierten S’kytri zu befreien.
So viel fürs Erste zur Handlun – mehr zu verraten grenzt an Spoiler. Wie ist die gerade einmal 186 Seiten starke Novelle also aufgebaut? Zunächst finden wir uns in einer Art von Prolog wieder, der erklärt, weshalb unsere drei bis sieben Helden auf Skye stranden. Danach geht es mit einem direkten Einstieg in die Handlung ohne viel Brimborium weiter, der nahezu ein Drittel des Buches einnimmt. Die Kapitelunterteilung gestaltet sich dementsprechend gewöhnungsbedürftig, da es lediglich drei große Hauptkapitel mit je um die 50 Seiten gibt, die durch Zeta Magnus‘ Monolog etwa in der Mitte des Buches getrennt und durch einen kurzen, aber wirkungsvollen Epilog beendet werden. Allerdings gleicht die stringent erzählte Handlung diesen Makel mehr als aus, denn wenn man sich wirklich in die Erzählung vertieft hat, möchte man den E-Book-Reader kaum mehr weglegen.
Sehr auffällig ist in dieser Novelle die starke Zentrierung auf Halagad Ventor, wenngleich das nicht überraschend ist, denn schließlich ist Abel G. Peña Halagad Ventor. SkyeWalkers bildet beinahe eine Biografie des jungen alderaanischen Padawan, der in langen Passagen seinen Werdegang als Archivarssohn, Page und nach dem Tod seiner Eltern auch als Padawan des Jedi-Ordens gedanklich nachempfindet. Zwar findet sich der Leser auch gelegentlich in Obi-Wans und Anakins Gedanken wieder, jedoch zentriert sich die Novelle ganz um Halagad Ventor. In der zweiten Hälfte der Erzählung wird die Haupthandlung immer wieder durch kurze Intermezzos unterbrochen, in denen der Kampf der S’kytri gegen Zeta Magnus‘ Handlanger beschrieben wird, ansonsten verfolgt man ausnahmslos die Aktionen der Hauptakteure.
Nun zu dem Punkt, auf den ich mich schon lange freue: Die (Selbst-)Referenzen in SkyeWalkers. Bereits auf Seite 3 findet sich ein kurzer Verweis auf die Hirnwurmfäule (wer sie nicht kennt, unbedingt nachlesen), was jedoch nicht der einzige Verweis auf eher unbekannte Teile des erweiterten Universums bleiben soll. Peñas wohl größter Verdienst in diesem Werk (von vielen) besteht wohl darin, dass er die Kontinuität der Klonkriege wie auch der umliegenden Jahrzehnte auf nur 178 Seiten um eine unfassbare Vielzahl interessanter Querverbindungen bereichert, dass man vor dem Autor nur seinen Fedora ziehen kann. Sei es das Schicksal der Katana-Flotte oder das Genforschungslabor aus der letzten Clone Wars-Staffel oder gar die Herkunft des Blauschattenvirus – selbst die Erfindung der Kommandodroiden aus The Clone Wars wird hier erklärt. Die schiere Masse der Referenzierungen und Retcons in SkyeWalkers vermag einen unbedarften Leser leicht zu erschlagen. Auch hier gilt: Learning by reading. Und auch vor Filmen (und zwar nicht nur den Star Wars-Filmen) macht Peña nicht Halt. Einige der legendärsten Filmzitate finden sich in der Novelle verstreut in einem komödiantischen Arrangement wieder. In Bezug auf sein Worldbuilding und seine Referenzierungen macht selbst der große James Luceno Peña nichts vor; in diesem Belangen dürfte es sich hier um das beste legendäre Werk überhaupt handeln.
Doch nicht nur durch seine unfassbare Arbeit im Bereich der Kontinuität, sondern auch durch seinen Schreibstil vermag Peña zu überzeugen. Ein Rezensent verglich ihn mit Stover, was natürlich viel zu kurz gegriffen ist. Die drei Jahre Entwicklung für diese Novelle haben sich mehr als ausgezahlt. Bereits auf den ersten zwei Seiten bemerkt das kundige Auge eine Vielzahl an Adjektiven und Partizipien, durch die Peña seinen Beschreibungen eine bisher selten dagewesene Tiefe verleiht. Seine Dialoge sind kurz, knackig und humorvoll, sodass ich mich mehr als einmal bei lauten Auflachen ertappte (insbesondere beim Schlusszitat. Minispoiler: Es ist nicht „Rache wird am besten kalt serviert“!). Teils kommen schlagfertige Antworten beinahe zu sehr aus dem Blaster geschossen daher, was ich Peña allerdings nicht anlasten kann, da das gängiger Stil der Saga ist. Einzig die Vorschlussszene bereitete mir zunächst ein flaues Gefühl im Magen, da sie sehr plötzlich daherkommt. Wenn man jedoch die Charakterentwicklung in der Novelle betrachtet, ist sie der einzig logische Schlusspunkt an dieser Geschichte.
Fazit: Da jeder versierte Leser weiß, dass Anakin noch als Darth Vader gebraucht wird, ist die Geschichte natürlich nur halb so spannend, wie sie mit anderen Hauptfiguren sein könnte. Diverse Plottwists, überraschende Wendungen und der Deus ex Machina mit den wohl unwürdigsten Folgen aller Zeiten für den Antagonisten gestalten diese Novelle kurzweilig und abwechslungsreich. Langeweile kommt auf diesen zugegebenermaßen doch sehr wenigen 178 Seiten eigentlich nie auf. Peñas Kenntnis aller bisherigen Werke sorgt für Überraschungsmomente, was diverse Referenzierungen angeht, während sein Schreibstil den Rest erledigt. Fragwürdig, wieso dieses Meisterwerk den Fans so lange vorenthalten wurde, allerdings ist es umso wichtiger, dass es nun endlich veröffentlicht wurde. Eines der letzten je erschienen Legends-Werke ist zugleich wohl das beste je veröffentlichte, sodass ich ohne den Hauch eines schlechten Gewissens sechs von fünf Holocrons vergeben kann. Halt, es gibt nur fünf? Dann eben die! Besser kann es eigentlich nicht mehr werden!
Ich empfehle euch auch Abel G. Peñas Blogeintrag mit Einblicken in die Entstehung der Geschichte.
Wo kann man das E-Book den bekommen? Bei Amazon finde ich es nicht …
Richtig. Das wurde nie formell als käufliches E-Book verbreitet, sondern nur als PDF auf Abels Homepage, die via StarWars.com verlinkt wurde. Derzeit gibt es keinen offiziellen Download – leider!
Bis vor Kurzem ging das über StarWars.com mit Verlinkung auf Abels eigene Homepage, die jedoch aus unbekannten Gründen inzwischen leider vom Netz genommen wurde.
Ich habe die Geschichte gerade gelesen und gehe mit den Fünf Sternen mit.
Einige Feinheiten sind mir sicher aufgrund meiner nicht ganz so ausgeprägten Englisch-Begabung entgangen, aber speziell zum Ende hin konnte ich auch nicht aufhören zu lesen.
Danke an Max für die Hintergrund-Infos.
Die Geschichte ist aktuell übrigens online als PDF verfügbar.
Bin mir gerade nicht sicher, ob ich hier einen Link nennen darf?