Mit der zweiten Ausgabe von Republic Under Siege innerhalb der großen und flott veröffentlichten Maxiserie The Battle of Jakku ist diese nach wenigen Wochen bereits zur Hälfte abgeschlossen. Dem abwechselnden Rhythmus zwischen uns Jedi-Bibliothekaren folgend haben Matthias, Flo und ich mit dem heutigen Marvel-Mittwoch jeder jeweils zwei Ausgaben besprochen und sind insgesamt bisher nur mäßig überzeugt. Kann man dank der Rückkehr einer beliebten Comic-Heldin und einer Romanfigur, die zum ersten Mal in voller Pracht visuell dargestellt wird, trotzdem ein versöhnliches Zwischenfazit ziehen?
Achtung: Wie immer besprechen wir im Marvel-Mittwoch die Handlung der Comics, sodass sowohl der Beitrag als auch die Kommentare Spoiler enthalten können.
Inhalt
Doktor Aphra ist wieder da! Doch die „Wiedersehensfreude“ nach dem Cliffhanger der letzten Ausgabe währt nur kurz, denn eine gigantische, völlig abgedreht designte Kreatur, die sich auf dem Sumpfplaneten Lehanis heimisch fühlt, taucht auf und jagt unsere Held*innen. Schade, dass dieses Ungetüm – das so drüber aussieht, dass man zwischen „Das passt überhaupt nicht zu Star Wars!“ und „…obwohl… In welches andere Sci-Fi/Fantasy-Franchise könnte man so ein Wesen denn sonst glaubhaft einbauen?“ schwankt – nicht schon in der letzten Ausgabe auftauchte, um mit den Akolythen des Jenseits kurzen Prozess zu machen. Autor Alex Segura bleibt nämlich nicht mehr viel Platz, seine verworrenen und für 12 Ausgaben viel zu komplex gedachten Handlungsstränge fortzuführen. Da hätte ein wenig unerwartete Ausdünnung sicher gut getan.
Stattdessen führt uns Segura nach Souwecer mit seiner allwissenden Erzählerstimme, die man in modernen Comics zumeist durch innere Monologe ersetzt findet. Im Orbit des Planeten findet nämlich eine imperiale Konferenz statt, die an die legendäre Besprechung auf dem Ersten Todesstern erinnert und das gesprengte Treffen auf Akiva locker in den Schatten stellt. Hier trifft sich nämlich die Führungsriege des Restimperiums unter Kanon-Allrounderin Rae Sloane (bei ihrer ersten Ansprache zunächst ohne vom Lektorat vergessenem E) und dem bereits angeteasten Gallius Rax, der in der Nachspiel-Trilogie eine wichtige Rolle spielt und seitdem ansonsten vom Kanon weitgehend ignoriert wurde. Nun wird er zum allerersten Mal visuell in ganzer Pracht dargestellt und Segura bekommt es gut hin, die von Chuck Wendig etablierte Aura seines Charakters in dessen Zeilen zu übertragen. So stellt die Szene einerseits den inhaltlichen Höhepunkt des Hefts und der Serie dar, verknüpft die Reihe weiter mit Nachspiel und greift endlich den Konflikt vor, der der Maxireihe immerhin ihren Namen verleiht. Es geht allmählich Richtung Jakku.
Zurück auf Lehanis erfahren wir von Aphra die Bezeichnung der Kreatur als „Klyff’wat“ und Luke Skywalker, der letzte der Jedi-Ritter, darf zeigen, dass er seit der Rancor-Grube noch mächtiger geworden ist und notwendigerweise kurzen Prozess mit Ungeheuern machen kann. Der charakterlich weisere und gereifte Farmjunge kommt danach direkt zur Sache, wenn er Aphra nach dem eigentlichen Grund ihres Wiedersehens fragt. Das Artefakt, dass er mit der blass bleibenden und weiterhin eher als Zuschauerin fungierenden Rynn auf Lehanis gefunden hat, ist nämlich eine Fälschung und die Archäologin vermutet, dass ein größerer Plan und das unsichere Bündnis zwischen Moff Adelhard und den Akolythen dahinter steckt.
Weil Alex Segura Raumschlachten mag und jedes The Battle of Jakku-Heft scheinbar mindestens eine beinhalten muss, folgt als nächstes genau so eine zwischen General Lando Calrissian und Preeti in ihrem X-Flügler gegen die Flotte Adelhards. Die Raumkämpfe der Reihe unterscheiden sich optisch wie erzählerisch aber nie wirklich voneinander. So werden sie langsam obligatorisch und repetitiv. Die beiden Rebellen können gerade so entwischen, was Adelhard in bester Tradition imperialer Bösewichte trotzdem als kleinen Sieg feiert. Seine in dieser Form seltener bei Star Wars gesehene „Beziehung“ mit Reyna Oskure wird ebenso vorangebracht, wie die Suche nach einem Verräter in seinen Reihen aus der Zweitstory der letzten Ausgabe. Dazu verhärten sich die Fronten zwischen Adelhard und dem größeren Restimperium, in dem er dank Großgeneral Loring eine direkte Informationsquelle hat.
All das klingt beim Zusammenfassen schrecklich kompliziert und aufgeblasen und genau das ist es auch. Weil es so nicht weitergehen kann, geht es stattdessen mit dem nächsten Schritt von Adelhards Plan gegen die Neue Republik voran. Der Titel der zweiten von drei Reihen muss ja schließlich auch seine Berechtigung haben, insofern sollte die Neue Republik nach der Hälfte der Hefte zumindest ein bisschen belagert werden. Dazu kommt es in Form von Attentaten auf ehemalige Senator*innen der Alten Republik, die eingeladen wurden, sich nun dem Senat der Neuen anzuschließen. Also machen sich die Kopfgeldjäger von Björn Barends‘ Variantcover auf die Jagd, während Luke in einer erkenntnisreichen Ansprache an Rynn den Mittelpunkt der Reihe erreicht. Die finale Splashpage könnte so auch ein gutes Poster oder Cover für alles sein, was die nächsten Hefte noch zu bieten haben und wir müssen nur eine weitere Woche warten, bis das Versprechen eingelöst wird.
Auch wenn sich vieles in Anbetracht der fortgesetzten Schwächen recht negativ liest – Fokusprobleme, zu komplexe Handlungen für zu wenig Platz und Zeit, nur mäßig geschriebene Dialoge, die auf dramatische One-Liner abzielen – bleibt Republic Under Siege #2 für mich trotzdem eine leicht positive Überraschung innerhalb der Reihe. Doktor Aphras Rückkehr, die Segura solide, aber auch recht unspektakulär einfängt, sorgt dank ihrer Interaktionen mit Luke natürlich für einen gewissen Spaßfaktor, der nicht ins Alberne abdriftet, sondern gewisse Stärken der Aphra-Geschichten übernimmt. Dazu pausieren für diese Ausgabe glücklicherweise die langweiligen Szenen auf Chandrila mit Leia und Mon Mothma, die selten die Handlung voranbringen und mehr durch die immer schlechter gezeichnete Prinzessin in Erinnerung bleiben. Durch die Action auf Lehanis ist für Spaß gesorgt, während die Imperiale Konferenz für die nötige Tragweite und Ernsthaftigkeit zuständig ist, die als Gegenstück zur Lage in Episode IV fungiert – das Imperium auf dem Höhepunkt seiner Macht mit der Fertigstellung des Todessterns und der Auflösung des Senats vs: Das Imperium im drohenden Untergang und der Vorbereitung seiner letzten Schlacht. Mit wenigen Handlungssträngen und relativ interessanten Figuren hebt sich das Heft ab, trotz schwächerer Szenen wie Landos kurzem Auftritt.
Zeichnungen
Stefano Raffaeles kernige Zeichnungen gefallen mir persönlich außerordentlich gut. Sie verleihen der Geschichte Event-Charakter und entfalten vor allem dank der Kolorierung von Alex Sinclair und den verlaufenden Schatten ihre volle Wirkung. Luke als prominente Filmfigur, mit dem der gezeichnete immer verglichen wird, sieht zwar im Gesicht absolut nicht nach sich, dafür aber ziemlich gut aus. Seine im Vergleich zu Episode VI gewachsene Haarlänge passt dazu, wie ich mir einen Post-Endor-Luke immer vorstelle. Das Design des Klyff’wat ist wie schon erwähnt trashig und abgehoben, aber in welcher Art Star Wars-Geschichte sollte man so eine Kreatur schon unterbringen, wenn nicht in einem gemeinsamen Abenteuer von Luke Skywalker und Doktor Aphra?!
Gallius Rax nach vielen Worten von Wendig endlich eine optische Gestalt zu verpassen, gelingt Raffaele ebenso. Der Krennic-Gedächtnisgeschmack in Sachen Mode wird vielleicht bei den ein oder anderen Cosplay-Planungen auf dem Tisch liegen. Einzig die etwas übertriebenen weißen Haarsträhnen scheint man zu wörtlich genommen zu haben, wodurch er und seine Kollegin Rae Sloane scheinbar dasselbe Faible für Macht, weiße Uniformen und Hairstyle teilen. Das macht ihr späteres Zerwürfnis doch nur umso tragischer. 😉
Fazit
Obwohl die Kollegen des dreiköpfigen The Battle of Jakku-Teams im Marvel-Mittwoch das anders sehen könnten: Etwas über dem Durchschnitt verleiht diesem Heft für mich bereits das Prädikat, das beste der Reihe zu sein. Die imperialen Konflikte als spannendster Aspekt der Reihe bekommen mehr Raum, während das langweilige Geschehen auf Chandrila pausiert. Mit Luke, Aphra, Anspielungen auf vergangene Begegnungen der beiden wie in Eine Allianz auf Zeit und dem herrlich deformiert designten Monster ist für Spaß gesorgt, während die imperiale Konferenz die Reihe mit Nachspiel verbindet und das Gefühl von Wichtigkeit und Größe des Gezeigten erschafft. Jakku spielt endlich eine Rolle, sodass die Reihe mit ihrer zweiten Hälfte nun unaufhaltsam die titelgebende Schlacht ansteuert.
In der nächsten Woche geht es dann schon mit The Battle of Jakku: Republic Under Siege #3 weiter.
Wir bedanken uns bei Marvel für die Bereitstellung der digitalen Vorab-Exemplare, ohne die unser Marvel-Mittwoch nicht möglich wäre.