Was hat der Imperator entdeckt?
Darth Vader
Als im Jahr 2022 die Serie Obi-Wan Kenobi erstmals über die Bildschirme flimmerte, dauerte es keine sechs Wochen, da war sie auch schon wieder vorbei. Nun dauerte es allerdings sechs Monate und sechs Ausgaben der monatlichen Panini-Heftreihe, um die Comicadaption zu erzählen. Mit Star Wars #110, das ab kommenden Dienstag offiziell erhältlich sein wird, ist es nun soweit. Das steinige Covermotiv von Phil Noto zum Serienfinale ist auf der Comicshop-Ausgabe zu sehen, während für die Kioskausgabe Rod Reis‘ Cover des ebenfalls enthaltenen US-Hefts Thrawn: Alliances #2 gewählt wurde. Wie auf dem Cover und auch im letzten Heft nimmt in beiden Kapiteln wieder der beliebte Sith-Lord Darth Vader eine prominente Rolle ein.
Das große Finale der Disney+-Erfolgsserie um den großen Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi. Plus: Die Fortsetzung der Comic-Adaption des legendären Romans von Starautor Timothy Zahn um den sagenumwobenen imperialen Großadmiral Thrawn.
Für das Finale Obi-Wan Kenobi, Teil 6 bleiben Jody Houser noch einmal 30 Comicseiten, um das Serienfinale zu adaptieren und die Reihe abzuschließen. Genau wie in der Serienfolge springt die Handlung zwischen Darth Vaders und Obi-Wans Lichtschwert-Revanche auf einem namenlosen Mond und Revas Jagd nach dem jungen Luke Skywalker auf Tatooine hin und her. Während die Serie aber jeweils bis zu ein paar Minuten in einem Handlungsstrang blieb, bevor wieder gewechselt wurde, verbleibt der Comic oft nur eine Seite lang bei einem der beiden Schauplätze und schwenkt dann hektisch zurück. Außerdem ist die erste Hälfte noch seltsam zäh, sodass Obi-Wans Diskussionen mit den Mitgliedern des Pfads sich trotz der Kürzungen und knappen Seitenzahl im Kreis drehen und zu viel Zeit in Anspruch nehmen, statt sich auf die starken Momente der Episode zu konzentrieren. Der Höhepunkt von Bens Kampf gegen Vader, der das Ziel seiner inneren Reise in der Serie markiert, wurde hingegen äußerst gelungen und episch auf die Comic-Seiten übertragen.
Nichtsdestotrotz sind viele Abläufe in der Handlung vor allem auf Tatooine unklar, sodass vor allem die Actionszenen auf der Lars-Farm nicht überzeugen. Hier wird am allerdeutlichsten, dass die Adaption über alle sechs Ausgaben wenig kohärente Erzählungen liefern konnte und hauptsächlich chronologische, aber oft nicht flüssig verbundene Standbilder aus der Serie von Salvador Larroca geboten hat. Der liefert zeichnerisch wieder die volle Bandbreite seiner gruseligen Abrisse der Figuren und auch die von Guru-eFX viel zu stark verdunkelten Szenen lassen eine Menge Lesegenuss auf der Strecke. Immerhin liefern die großen emotionalen Höhepunkte der Serie in Form von Obi-Wans Hieb gegen Vaders Helm und Revas wiedererlebtem Trauma beim jungen Luke auch zeichnerisch die besten Panels der gesamten Reihe, was bei stets grotesken Momenten aber keine allzu große Kunst darstellt. Dank der Lichtverhältnisse im Panel wirkt der erstgenannte Moment sogar ganz und gar untypisch für ein von Larroca gezeichnetes Heft, da es scheinbar digital kaum nachbearbeitet wurde und eine Idee von seinem sonstigen Können liefert. Das kann nur den Gesamteindruck des Hefts nicht mehr retten, nur den Wunsch wecken, dass die gesamte Comicadaption mehr nach einem, nun ja, Comic eben ausgesehen hätte.
Aber trotz dem Finale der Reihe geht es im Heft direkt mit der nächsten Houser-Adaption einer bereits erzählten Geschichte weiter, nämlich Thrawn: Allianzen, Teil 2. Nach dem doppelt extradicken letzten Heft ist das zweite Kapitel um den Großadmiral diesmal nur die regulären zwanzig Comicseiten lang, sodass der Preis für Ausgabe #110 auch wieder die gewöhnlichen 5,99 € beträgt. In der Mitte des Hefts fällt aber noch auf, dass Panini es sich mit der Wiedereinführung der Poster anscheinend doch anders überlegt hat. In meiner Rezension des letzten Hefts staunte ich noch, dass sie nach der Streichung plötzlich wieder enthalten waren, nun sind sie scheinbar genauso schnell auch wieder verschwunden, denn in der aktuellen Ausgabe sind die Cover wieder nicht mehr als Poster enthalten. Ein interessanter Wechsel, der es spannend macht, ob sie in Zukunft vereinzelt wieder auftauchen oder ob ihr kurzlebiges Comeback in #109 eine einmalige Sache bleiben wird.
Doch zurück zu Großadmiral Thrawn und Lord Vader. Nach der zuletzt ausgesprochenen Warnung, dass die Reihe nicht den kompletten Roman adaptieren und plötzlich enden wird, belasse ich es dabei, mich über die fehlerhafte Konzeption der ganzen Adaption unter diesen Voraussetzungen zu ärgern. Stattdessen bleibt der Blick auf dem einzelnen Heft und hier treten teilweise dieselben Schwächen zutage, die auch Housers Obi-Wan Kenobi-Reihe betreffen. Die einzelnen Handlungsabschnitte folgen noch unlogischer aufeinander, als im direkten Vergleich zur Serienadaption, was bei einem Roman, der im Fall eines Autors wie Timothy Zahn noch deutlich umfangreicher ausfällt, noch schwerer ins Gewicht fällt. Plötzlich und unvermittelt werden Themen gewechselt, wichtige Szenen oder Informationen einfach übersprungen oder so nebenbei erwähnt, dass der Leserschaft direkt klar wird, dass hier massiv und unglücklich eingekürzt wurde. Im schlechtesten Fall ist man aber einfach nur verwirrt.
Der Comic versäumt es damit, auch nur im entferntesten auf eigenen Beinen zu stehen, und macht ohne die Kenntnis des zugrunde liegenden Romans wenig Sinn und keinen Spaß. Die Handlung nachvollziehen kann man nur, wenn man den Roman erst kürzlich gelesen haben sollte und die Erinnerung an die verworrene Handlung noch frisch ist. Ohne diesen Eindruck erwartet einen lediglich zerfahrenes Stückwerk, in dem Anakin/Vader und Großadmiral Thrawn auf zwei Zeitebenen irgendetwas irgendwo versuchen herauszufinden, ohne dass einem klar wird, welcher Weg und welche Schritte sie zu welcher Schlussfolgerung führen. Man bleibt auf verlorenem Posten und der Comic versagt auf erzählerischer Ebene auf ganzer Linie.
Pluspunkte sammelt er aber wieder mit den Zeichnungen, die den Eindruck etwas mildern. Thrawn erinnert optisch sehr an sein Charaktermodell aus Rebels, ohne ins Cartoonige abzudriften. Andrea Di Vito und Pat Olliffe gelingt es hervorragend, eine stilistische Fortsetzung von Luke Ross‘ Adaption des ersten kanonischen Thrawn-Romans zu liefern. Die Actionszenen sind zwar durch die gezwungene extreme Stauchung entsprechend kurz und schnell vorbei, doch sind sie lebendig und bauen, anders als einzelne Kampfszenen des Heftnachbarn, logisch aufeinander auf. Man kann ihnen immerhin mehr folgen als der übergeordneten Handlung.
Fazit
Adaptionen bereits bekannter Geschichten mit bekannten Figuren scheinen einfach der Renner zu sein, anders lässt es sich nicht erklären, dass sie sich nach wie vor derart großer Beliebtheit erfreuen, dass Panini den attraktiven Heftserien-Platz aktuell ausschließlich für Comics dieser Gattung vorenthält. Die Serienadaption war auch nach ihrem Abschluss insgesamt ziemlich schwach, konnte zum Schluss aber noch wie in Teil 3 mit einzelnen guten Momenten glänzen. Die Romanadaption sieht zwar gut aus und präsentiert bessere Comic-Action, von der Dynamik zwischen Vader und Thrawn sowie der sowieso schon unnötig komplexen Handlung bleibt aber nicht viel mehr übrig als ein blasses, zerfahrenes Abziehbild, dem Gelegenheitsleser*innen, die die Hauptzielgruppe der Heftreihe bilden, erst recht nicht folgen dürften. Da hilft es auch nicht gerade, dass Panini ausgerechnet für Thrawn: Allianzen im Lauftext-Look-Vorwort das vorherige Heft nicht zusammenfasst und auch keinen Hintergrund zum Roman liefert. Es wird allmählich Zeit für frischen Wind mit neuen Reihen und neuen Kreativteams. Aber ich wüsste wirklich mal gern, was das mit der Poster-Eintagsfliege im letzten Heft sollte. 😀
Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!