Heute endet die große Star Wars-Hauptreihe zum zweiten Mal seit 2015 und verlässt damit die Lücken zwischen der klassischen Trilogie. Charles Soule wirft für das letzte Heft seines über vierjährigen Runs noch einmal alles ins Feld und schließt sogar den Kreis zur Miniserie Der Aufstieg Kylo Rens. Apropos Run: heute geht auch die Reihe Inquisitors weiter, die durch Detail-Unterschiede zwischen Covern und Heftinhalt immer unklarer zu datieren wird.
Achtung: Wie immer besprechen wir im Marvel-Mittwoch die Handlung der Comics, sodass sowohl der Beitrag als auch die Kommentare Spoiler enthalten können.
Da es keinen inhaltlichen Zusammenhang zwischen den Heften gibt, ist auch keine Lesereihenfolge zu berücksichtigen.
Star Wars #50 – rezensiert von Flo
Nach über vier Jahren und bisher 49 Heften kommt die große Star Wars-Hauptreihe von Autor Charles Soule mit The Path of Light zu ihrem Ende. Für dieses finale 50. Comicheft hat sich Soule mit seinem Kreativteam noch einmal etwas Besonderes einfallen lassen: Die Handlung springt nämlich prompt eine lange Zeit nach den Ereignissen in Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter und führt uns zu Luke Skywalkers neuer Jedi-Akademie, in der kein Geringerer als Ben Solo – Sohn von Leia Organa und Han Solo – seine Jedi-Ausblidung absolviert. Zu dieser gehören neben Übungskämpfen und Lehren über die Macht auch eine Lektion in Form einer Geschichte, die der Held der Rebellion seinem jungen Schüler erzählt. Für Soule ist dies hier die Möglichkeit, in der Zeitlinie in die Zeit nach Episode V zurückzuspringen und an einen Ort namens Gazian zurückzukehren, welchen Luke im Laufe der Reihe schon einmal besuchte. Dort begegnet er erneut einem Jedi aus der Zeit der Hohen Republik, der ihm von einem mächtigen Artefakt erzählt. Dieses könnte die Möglichkeit bieten, einen der wohl größten und einflussreichsten Feinde der Rebellion zu zerstören – Imperator Palpatine. Doch was ist der Preis dafür und wie viele Leben ist unsere Rebellentruppe aus Lando, C-3PO, Chewie, Leia und Luke bereit dafür zu opfern?
Auf knapp über 50 Seiten erzählt uns Soule hier eine zugegeben teils vorhersehbare Geschichte, in der er jedoch genug Zeit für die von uns lieb gewonnenen Charaktere sowie moralische Fragen in Zeiten des Galaktischen Bürgerkrieges findet. So fällt die gewaltige Plotarmor von Luke, Ben, Leia und Co. – wie in so einigen vergangenen Heften der Reihe auch – kaum ins Gewicht, da es Soule gelingt, durch gelungene Charakterdynamiken in der Rebellentruppe sowie einer Prise interessanter alter Artefakte (für die sich sicher auch unsere Chaos-Archäologin Doktor Aphra interessieren würde) eine Geschichte zu erzählen, die durchweg zu unterhalten weiß. Dabei greift er auf einen gewohnt übermäßig plappernden C-3PO zurück, lässt Lando ein paar lockere Sprüche klopfen und schon befinden wir uns wieder in der Gegenwartshandlung bei Ben und Luke. Diese Rahmenhandlung, zu der wir zwischenzeitlich immer wieder zurückwechseln, schafft es durchaus, kurze Einblicke in das Leben von Ben Solo in Lukes Jedi-Akademie zu geben, wobei ihr hier definitiv keine allzu großen Entwicklungen für den Kanon erwarten solltet.
Soule liefert außerdem wieder einige Referenzen in die Hohe Republik, sodass sich die ganze Geschichte einmal mehr wie ein kleiner Teil des mittlerweile großen Star Wars-Kanons anfühlt. Doch dabei wird sich keineswegs nur auf Bekanntes verlassen, denn mit dem Grim Rose-Gerät kommt noch einmal frischer Wind in die Story, der bei den Protagonist*innen für moralische Fragen und Bedenken sorgt. So hat man nun die einmalige Gelegenheit, den Imperator höchstpersönlich zu töten, doch würde man durch die Funktionsweise des Grim Roses auch viele andere unschuldige Menschen, denen der Imperator im Laufe seines Lebens begegnete, mit ihm in den Tod reißen. Dass Soule unsere Held*innen hier erneut mit moralischen Fragen konfrontiert und eher Abstand von einer Idealisierung nimmt, habe ich sehr begrüßt und zudem in den vergangenen Heften schon als spannend empfunden. So stellt der Krieg eben vor allem auch die eigenen Ideale und Werte auf die Probe. Spätestens hier sollte dann klar sein, warum Luke Ben diese Geschichte erzählt.
Für das letzte Heft zeigt sich wieder das Künstler*innenteam aus Madibek Musabekov und der hier bereits vielfach gelobten Koloristin Rachelle Rosenberg verantwortlich und liefert eine gewohnt gute Qualität ab. Ben Solo ist gut wiedererkennbar sowie auch ein gut gealterter Luke. Sicher gibt es auch hier wieder einige sehr subjektive Kritikpunkte meinerseits, wie z.B. das Design der bewegten Lichtschwerter während des Kampfes oder zahlreiche meiner Meinung nach leicht überbelichtete Panels. Andererseits muss ich Rosenbergs Farbgestaltung in den Panels mit dem geheimnisvollen Grim Rose-Gerät loben, da sie hier eine wunderbare schaurig-mysteröse Stimmung erzeugt, die mich ein wenig an das Dunkle Droiden-Event oder auch Alyssa Wongs Doktor Aphra-Reihe erinnerte. Die Panelgestaltung ist erneut etwas freier angelegt und orientiert sich auch in der Rahmenhandlung wenig an klassisch quadratischen Comickästchen. In den actiongeladenen Momenten darf sich Clayton Cowles dann noch einmal so richtig beim Lettering austoben, sodass diese beim Lesen richtig viel Spaß machten und außerhalb der zahlreichen Dialogseiten für Abwechslung sorgen.
Fazit
Mit The Path of Hope und damit dem extralangen Abschluss der Reihe gelingt es Soule sowie dem Kreativteam bekannte Charaktere authentisch einzufangen, eine großartige Charakterdynamik zwischen diesen zu erzeugen und mit diesen eine unterhaltsame Geschichte zu erzählen, die vor dem Start der The Battle of Jakku-Maxiserie Lust auf mehr Abenteuer nach Episode VI macht. Dabei wird sich mit dem ominösen Grim Rose nicht nur auf Referenzen zu anderen Werken oder Ären verlassen, sondern es werden auch frische Ansätze gewagt. Somit würde ich Star Wars #50 trotz kleinerer Kritikpunkte bei der künstlerischen Gestaltung als gelungenen Abschluss der Reihe bezeichnen, auch wenn die eigentliche Handlung bereits mit dem letzten Heft abgeschlossen wurde und diese Geschichte wie ein Bonus wirkt.
Abschlussworte zur Reihe
Wie ich feststelle, ist es gar nicht so einfach ein Gesamtfazit zu einer derart umfangreichen Reihe zu schreiben, die ich damals noch als eine der für mich ersten Star Wars-Comics vor meinem Team-Beitritt in die Jedi-Bibliothek zu lesen begann, bevor ich seit so ziemlich genau einem Jahr jene Reihe als Rezensent begleiten durfte. So bekamen wir neben mehreren Crossover-Events, die meiner Meinung nach, nach War of the Bounty Hunters eher dürftig ausfielen, zahlreiche Abenteuer rund um die Rebellenallianz präsentiert, die mal mehr mal weniger überzeugen konnten, aber nie ins komplett Absurde mündeten, wie es bei einer Darth Vader-Reihe der Fall war. Auch wenn nach jenem letzten Heft der Eindruck bleibt, dass in der doch recht überschaubaren Zeit zwischen Das Imperium schlägt zurück und Die Rückkehr der Jedi-Ritter jede Menge – ja vielleicht auch etwas zu viel – passierte (was Ben gegenüber Luke im Final-Heft übrigens ebenfalls anmerkt) bleiben einige Comics aus den letzten vier Jahren durchaus in Erinnerung, nicht zuletzt durch eine durchgängige grundsolide Künstler*innenarbeit, mit wenigen Ausreißern nach unten. Doch wie fällt euer Fazit aus? Verfolgt ihr die Reihe bereits seit dem ersten Heft? Schreibt es uns gern in die Kommentare!
Inquisitors #3 – rezensiert von Lukas
Auch wenn sie viel weniger umfangreich ausfällt, als die beendete Star Wars-Hauptreihe, steuert auch die Miniserie Inquisitors ihrem Ende entgegen. Die dritte stellt die bereits vorletzte Ausgabe dar und nach den Niederlagen des Großinquisitors und des Fünften Bruders gegen den Jedi Tensu Run schlagen die Siebte und die Neunte Schwester nun im Doppelpack zu.
Inhalt
„Nowhere to Run“ (zu gut, dass Marvel dieses Wortspiel schon selbst bedient) beginnt damit, dass die beiden eher mittelmäßig getarnten Inquisitorinnen, die man hauptsächlich aus Rebels und den Jedi-Spielen kennt – aber auch schon in Charles Soules Darth Vader-Reihe aufgetaucht sind – am Sabacc-Tisch des glitschigen Gangsters Eorgus Informationen zum Aufenthaltsort des immer noch flüchtigen und die Inquisition auf Trab haltenden Jedi Tensu Run erhalten wollen. Wie es sich für die nicht gerade für ihre Subtilität bekannten Inquisitorinnen gehört, schlägt das Spiel bald in Gewaltausbrüche um. Sie bekommen die Information und Eorgus zahlt mit seinem Leben.
Währenddessen ist Run dabei, gemeinsam mit Pan Delesec den Wiederaufbau des Jedi-Ordens nach seinen Vorstellungen zu planen. Die beiden Inquisitor-Schwestern stellen ihrem Meister Darth Vader derweil in seinem für die Reihe in jedem Kapitel obligatorischen Gastauftritt – dieses Mal an Bord der Devastator – ihren Plan vor, den flüchtigen Jedi ein für alle Mal zu erledigen. Nach einer längeren Passage zwischen den beiden Jedi auf einem Markt, kommt es schließlich zum unvermeidbaren Doppelduell der Ausgabe. Wieder einmal geht Run siegreich hervor und überwindet die Siebte Schwester. Als finaler Cliffhanger, bei dem er über der besiegten Inquisitorin aufragt, wie letzten Monat über dem Fünften Bruder, stellt der Jedi fest, dass es vielleicht endlich an der Zeit sei, Darth Vader selbst zu stellen.
Nach dem vielversprechenden Anfang in ungewohnten Setting, schafft Autor Rodney Barnes in der dritten Ausgabe leider nicht mehr, an das geschickte Pacing der Vorgänger anzuschließen. Die Dauer der einzelnen Szenen – Tensu Run und Pan planen den künftigen Tempel, die Inquisitorinnen stellen Vader ihren Plan vor, Tensu und Pan auf dem Markt, das Duell – sind unausgeglichen und erscheinen willkürlich. Dadurch kann das Heft nicht seine Wirkung entfalten, was auch daran liegt, dass Barnes bei gleicher Erzählstruktur die identische Seitenzahl für nunmehr zwei Figuren hat, die sich auf Jedi-Jagd begeben. So bleiben aber beide Inquisitorinnen vollkommen blass und werden abseits der aus anderen Medien bekannten Auftritte nicht weiter charakterisiert oder vertieft.
Auch wirkt das finale Doppelduell zu keinem Zeitpunkt eindringlich. Es plätschert trivial vor sich hin, bevor der Kampf auch schon wieder viel zu schnell vorbei ist. Inzwischen versäumt es Barnes auch, den Lesenden zu vermitteln, wie genau Tensu Run solch eine Kampfmaschine ist und es mühelos mit den bekanntesten Inquisitoren aufnehmen kann und sie dann auch noch derart schnell und unspektakulär zu überwinden weiß. Hier wäre in der inhaltlichen Ausarbeitung sehr viel mehr möglich gewesen, damit die Macht dieses vorher nie erwähnten Jedi glaubhaft rüberkommt und man ihm bei dieser unerbittlichen Jagd auch trotz tragisch vorprogrammierten Ausgangs mitfiebert.
Zeichnungen
Ramon Rosanas Zeichnungen sind nach wie vor fabelhaft und treffen mit genau dem richtigen Maß Fotorealismus in Verbindung mit Guru-eFX‘ Farben meinen Comiclook-Geschmack. Dass die Neunte Schwester entgegen aller bisherigen Cover der Reihe, inklusive Nick Bradshaws Cover der aktuellen Ausgabe im Heft selbst ihre rechte Hand noch hat, ist entweder ein konsequent übersehener Zeichnerfehler, oder datiert die Reihe auf den sehr engen Zeitraum zwischen den Darth Vader-Comics von Charles Soule und dem Spiel Jedi: Fallen Order, in dem die Neunte Schwester ihren rechten Arm verliert. Wir bleiben zum korrekten Einordnen der Reihe in der Timeline auf jeden Fall an dieser Sache dran.
Ansonsten können aber auch die schönen Zeichnungen den holpernden Fortgang der Ausgabe nicht retten. Die Settings sind diesmal auch für Rosanas Künste nicht optimal gewählt, am beeindruckendsten wirken neben dem Glee Anselm-Casino noch die Panels der Devastator. Die zweite Hälfte der Ausgabe kann so leider simultan zur Geschichte nicht mit detaillierten Hintergründen oder gar einer spannenden Darstellung des Lichtschwertkampfs punkten.
Fazit
Insgesamt die bisher schwächste Ausgabe der Reihe. Für zwei Inquisitorinnen war das Heft in der für die einzelnen Kapitel gewählten Struktur nicht umfangreich genug und Tensu Run bleibt auch nach drei Heften insgesamt zu wenig ausgearbeitet, um als mitfiebernder Gegenspieler der Titelfiguren und Vertreter der Hellen Seite zu dienen. So bleiben die Highlights die Eröffnungsszene im mal anderen Setting und der Auftritt von Darth Vader, der absolut genial von Rosanas zum Leben erweckt wird. Die zweite Hälfte des Hefts präsentiert sich dann leider als langweiliger, aber auch viel zu schnell vorbei. Ich hoffe, dass die Reihe mit ihrem Finale noch einmal alles auffährt und die Jagd der gefallenen Jedi nach kleineren Schwächen zu einem zufrieden stellenden Abschluss bringt.
Am 2. Oktober kommt es zum großen Finale zwischen Run und Darth Vader und damit auch zum Abschluss dieser Miniserie. Und auch am nächsten Mittwoch findet eine Reihe ihren Abschluss, nämlich mit dem Heft Darth Vader #50. Tobias sehnt diesen Tag schon seit langem herbei.
Wir bedanken uns bei Marvel für die Bereitstellung der digitalen Vorab-Exemplare, ohne die unser Marvel-Mittwoch nicht möglich wäre.