Rezension: Yoda erinnert sich besser als Obi-Wan!

Nachdem sich Obi-Wan Kenobi bereits ausgiebig erinnern durfte, ist nun auch das kleine grüne Männchen dran! In Yoda reisen wir – eingerahmt durch sein Exil auf Dagobah – zusammen mit ihm zurück in insgesamt drei Zeitabschnitte, in denen er unausgesprochene Botschaften, Selbstkritik als auch die Bedeutung der Größe Revue passieren lässt. Der am 18.06.2024 erschienene Sammelband von Panini ist dabei sehr umfangreich, da er alle 10 Originalausgaben bündelt und damit doppelt so dick ist, wie die üblichen Sammel- oder Sonderbände. Doch funktioniert diese Erinnerungseinlage oder verblasst sie durch die zu oberflächliche Auseinandersetzung mit den Themen?

Zeit zur Entfaltung

Yoda (18.06.2024)
Yoda (18.06.2024)

Beginnen wir mit einem rein konzeptionellen Punkt, der mich sehr gefreut hat. Während Der Obi-Wan-Comic damals noch fünf Ausgaben enthielt in denen er in insgesamt fünf Erinnerungen schwelgte, haben wir es hier mit ganzen neun Ausgaben (abseits der finalen zehnten Ausgabe) aber nur drei Erinnerungen zu tun. Die Mathenerds werden es bereits erkannt haben: Jede Erinnerung erhält Platz sich auf jeweils drei Ausgaben verteilt zu entfalten. Das ist ein guter und richtiger Schritt. Man hätte ja argumentieren können, dass Yoda – gerade auch im Gegensatz zu Obi-Wan – wesentlich mehr erlebt hat und man so auch neun Erinnerungen hätte gestalten können, aber dann wäre man in die ähnliche Falle getappt, die Obi-Wan: Bestimmung eines Jedi seinerzeit heimsuchte: Zu wenig Zeit, um wirklich mit den Figuren in den jeweiligen Erinnerungen mitzufiebern.

Hier nutzen die drei beteiligten Autor*innen Cavan Scott, Jody Houser und Marc Guggenheim die Ausgaben entsprechend und lassen uns zunächst Zeit die Figuren wirklich kennenzulernen. Wer ist im ersten Dreiteiler – namens Licht und Leben – eigentlich Bree, was sind Crulkon und die Scalvi und wieso sollte Yoda mit denen etwas zu tun haben. Auch die Nutzung von Zeitsprüngen und ruhigen Momenten sind dadurch viel eher möglich. Auch in der zweiten Story hilft der Umfang das Band zwischen Krrsish und Gheyr zu etablieren, um die Spannungen zwischen den beiden Jünglingen dann mehr fühlen zu können. Lediglich die letzte Erinnerung in den Klonkriegen wirkt zu dünn, um drei Ausgaben sinnvoll füllen zu können. Zu sehr wird in dieser auf dem Titel – Größe bedeutet nichts – herumgeritten und die darüber hinausgehenden Botschaften verhallen am Ende ein Stück weit.

Ausreichende Abwechslung

Bleiben wir direkt bei den verschiedenen Handlungen, die im Folgenden kurz umrissen und eingeordnet werden sollen.

Licht und Leben von Cavan Scott widmet sich in drei Ausgaben dem Lieblingshobby von Yoda in Zeiten der Hohen Republik: dem Sabbatical! Während er schon im Literaturprojekt mal eine Auszeit nahm, tut er das hier nun wieder und beschließt einen Einfluss auf die Scalvi ausüben zu wollen, die mit den sie überfallenden Crulkon im Zwist liegen. Dabei ergreift er Partei für die Scalvi und allen voran Bree, doch die Botschaft verfängt nur so halb und Bree beginnt zu übermütig zu handeln und damit Yodas Unterstützung zu verlieren. Zu Beginn konnte ich mit dieser Handlung nur sehr wenig anfangen, aber sie entwickelte sich – auch dank des ausreichenden Platzes – in eine spannende Richtung. Die Frage nach dem Verständnis des jeweils anderen wird gekonnt gestellt und dieser Verstehensprozess im Lernprozess eines Instruments durch Yoda symbolisiert. So wie er das einheimische Instrument erst lernen muss, müssen die Scalvi und Crulkon erst lernen, wie die jeweils andere Seite lebt. Auch der kurze Bruch samt Zeitsprung brachten mehr Spannung und Schwere in die Handlung, da man sich Brees langjähriges Hadern förmlich vorstellen konnte, bis er endlich die Chance hatte Dinge wieder gutzumachen.

Schüler der Macht von Jody Houser greift das Visionsthema – vor allem prominent in den Prequels durch Anakin vertreten – wieder auf und geht zurück in die Zeit als Count Dooku noch ein Jedi war und hadert einen Schüler anzunehmen. Yoda bittet ihn deshalb einer Gruppe Jünglinge Lehrstunden zu geben, bei der sich ihm ein Wookiee mit Visionen vom Verrat seiner eigentlich besten Freundin – einer Trandoshanerin – anvertraut. Gerade Dookus Ratschläge wandeln immer gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Abkehr von den Jedi-Lehren, Skepsis an den Jedi-Lehren – auch durch das Wissen um seinen Freund Sifo-Dyas und dessen Visionen, die nicht ernst genommen wurden – und Hinwendung zu Lehren der Dunklen Seite. Diese Handlung hat am Ende wohl die spannendste Botschaft und spielt auch am meisten mit der philosophischen Frage des Willens der Macht. Was kann eine Vision überhaupt leisten? Ist es sinnvoll den Versuch zu unternehmen eine Vision zu vereiteln oder ist das in einer Vision bereits mit eingeplant und erst dadurch wird sie wahr? Kann man dann überhaupt eine Vision abwenden oder ist man immer verdammt diese zu erfüllen? Am Ende steht zudem die Selbsteinsicht Yodas, dass er zwar viele Lehren dahingehend ausspricht, selbst aber nur einen Ausgang für eine der Jünglinge vorhersehen hat, den diese nun nicht nahm. Hat er dadurch versagt? Oder nur etwas gelernt?

Größe bedeutet Nichts von Marc Guggenheim setzt dieses Thema wortwörtlich ins Zentrum und lässt Yoda nicht nur gegen Grievous antreten, welcher ihn natürlich mit seiner Größe zu übertrumpfen versucht, sondern ersinnt sich auch noch eine ganz neue Droidenfabrik, die Mega-Droiden herstellen soll, die viermal so groß sind wie ein Mensch. Diese Erinnerung ist natürlich in den Klonkriegen angesiedelt und verlässt sich damit auch am meisten auf Action: Kampf gegen Grievous, Kampf gegen Droiden, Kampf im Weltall, etc. Doch darüber hinaus fehlt es ihr am deutlichsten – gerade im Vergleich zu den anderen beiden Stories – an wirklich tiefgehenden Überlegungen. Gerade die Paarung Yoda und Anakin würde da noch so viel mehr hergeben und stets fällt es nur wieder auf das symbolische Größenthema zurück. Dieser Dreiteiler wirkt am Ende also noch am ehesten wie ein Ausschnitt aus einem typischen The Clone Wars-Comic und eher nicht wie der logische dritte Abschnitt einer solch stark beginnenden Erinnerungssession Yodas.

Die richtige Rahmenhandlung

Einer meiner Kritikpunkte beim Obi-Wan-Comic rund um seine Erinnerungen in fünf Einzelgeschichten war am Ende auch, dass man aus der Rahmenhandlung zu wenig gemacht hat. Diesen Umstand versucht man nun zu umgehen, da das komplette letzte Einzelheft die Rahmenhandlung zu einem Abschluss bringt. Dabei kommt die berühmte Höhle auf Dagobah ins Spiel, die hier als Anlass genutzt wird, um sich der Dunkelheit zu stellen. Das alles ist nicht sonderlich innovativ, aber andererseits schafft es Cavan Scott, die gegebenen Möglichkeiten auf dem Exilplaneten sinnvoll und vorbereitend auf Episode V zu nutzen.

Immerhin gelingt es schön, alle drei Geschichten noch einmal einzufangen, Dookus Kritik findet Platz aber auch Ereignisse, die nicht im Rahmen des Comics behandelt wurden, werden aufgegriffen. So etwa Palpatines unangefochtener Aufstieg direkt vor der Nase der Jedi oder eine Kritik übende Keeve Trennis, deren Schicksal als eine der Verlorenen ja bereits lange bekannt ist, der Weg dahin aber erst noch narrativ gepflastert werden muss. Trotzdem schön zu sehen, dass dieser Fakt auch hier erneut referenziert wird. Dadurch entsteht nämlich nicht der Eindruck, dass man nur die drei Comicgeschichten bündeln will, sondern diese drei Erlebnisse nur weitere Teilstücke im Leben Yodas sind und natürlich sucht sich die Höhle und die darin stattfindende Konfrontation mit der eigenen Dunklen Seite nicht nur die Comicmomente aus und spart sich den Rest. So profitiert die Erfahrung in der Höhle durch die Vorarbeit der drei Stories, ist aber nicht nur auf diese angewiesen und verengt dadurch nicht den Blick in Yodas Lebensgeschichte.

Künstlerische Vielfalt

Passend zu den drei Autor*innen wechseln auch die Teams der Zeichner*innen und Kolorist*innen analog. Die ersten drei Ausgaben wurden dabei von Nico Leon illustriert, während Dono Sánchez-Almara die Kolorationen lieferte. Der gewählte Stil überzeugt hier durch recht einfach gehaltene Zeichnungen, die aber funktionieren, weil wir das Aussehen der einheimischen Spezies nicht bereits aus anderen Quellen kennen und Yoda, als auch sowohl ab und an auftretende Vertreter des Jedi-Rats, gut zu erkennen sind. Die Farben sind kräftig und symbolisieren dadurch rein visuell ruhigere Zeiten, trotz des Konfliktes auf dem Planeten. Die Wasserwelt mit karibischen Anklang wird dadurch ebenfalls sehr gut repräsentiert.

Die zweite Story – illustriert von Luke Ross und koloriert von Nolan Woodard – hat mir nicht nur narrativ sondern auch visuell noch etwas besser gefallen als die erste Story. Gerade bei dieser charakterfokussierten Handlung, die stark mit Freundschaften und Loyalitäten als auch Visionen arbeitet, funktioniert der detailliertere Stil besser und fängt vor allem bekannte Figuren – allen voran Count Dooku und eben Yoda selbst – hervorragend ein. Bekannte Schiffe, Orte und Speziesdetails werden ebenfalls gut wiedergegeben, was die Verortung der Handlung und damit die Auseinandersetzung mit dem philosophischen Inhalt nicht nur unterstützt, sondern eher erst ermöglicht.

Die letzte der drei Erinnerungen wurde von Alessandro Miracolo illustriert, während Annalisa Leoni die Farben beisteuerte. Für mich spiegelt in diesem Fall leider der Stil auch den Inhalt wider. Die Figuren sind stark stilisiert, was den Eindruck eines der klassischen The Clone Wars-Comics noch verstärkt. In den wichtigen Momenten wirken Figuren wie Grievous oder Yoda zwar deutlich und auch im Rahmen des Stils detailliert, aber insgesamt erscheint mir der Stil zu simpel und in keinem Fall auf einer Ebene mit denen der vorherigen beiden Dreiteiler.

Das Finale wird zwar dann wieder von Cavan Scott geschrieben, aber als Zeichner kommt mit Ibraim Roberson noch ein vierter Künstler hinzu. Die Farben stammen dieses Mal von Neeraj Menon. Für die Inszenierung der Höhlen-Szene samt Visionen und Zweifeln trifft zu, dass das Beste zum Schluss kommt. Die komplexen und teils dreckigen, dunklen und deprimierenden Zeichnungen, die jede Gefühlsregung in Yoda zeigen und regelrecht Angst einjagen, wenn Dooku ihm mit gespitzten Zähnen gegenübersteht, tragen auch auf künstlerischer Ebene das Thema der Auseinandersetzung mit der eigenen Dunkelheit in der Dagobah-Höhle mit. Figuren aus den vorherigen neun Heften werden aufgegriffen und funktionieren auch in diesem Stil hervorragend. Trotzdem ist es gut, dass diese stark realistische Inszenierung nur im Finale genutzt wurde, da so auch visuell deutlich wird, dass wir uns in keiner Erinnerung mehr befinden, sondern in der Gegenwart und damit der ungeschönten Konfrontation, durch die sich Yoda durchkämpfen muss.

Fazit

Der Yoda-Comic zeigt, wie ein solches Konzept besser gemacht werden kann als noch im Obi-Wan-Sammelband. Es fehlt zwar auch hier größtenteils die spannende Frage nach der verzerrten Wahrnehmung von vergangenen Erfahrungen, dafür lässt man die Handlung nicht wieder in jeweils einem Heft ablaufen und schweißt sie am Ende notgedrungen irgendwie zusammen. Dieser Sammelband hat vor allem in den ersten beiden Erinnerungen eine wirkliche Botschaft, die nicht immer den Innovationspreis gewinnt, aber zu Yoda und den Jedi passt. Zudem schafft es Scott ganz am Ende die Fäden aufzugreifen aber auch externe Erlebnisse miteinfließen zu lassen und gibt Yoda so auch eine Lehre in der Gegenwartshandlung mit auf den Weg, die sich konsequent aus allem, was wir von der Figur bereits kennen als auch dem, was in diesem Comic geschieht, ergibt. Lediglich die Klonkriegshandlung fällt qualitativ merklich ab, was den Sammelband als Ganzes aber weiterhin lesenswert macht!

Bewertung: 4 von 5 Holocrons
Bewertung: 4 von 5 Holocrons

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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