Rezension: Die Hohe Republik: Am Rande des Gleichgewichts, Band 1 

Im Rahmen eines genreübergreifenden Literaturprojektes, wie es The High Republic darstellt, muss natürlich auf einigen Hochzeiten getanzt werden. Neben Romane, YA-Novels, Kinder- und Comicbücher gesellt sich mit Am Randes des Gleichgewichts auch ein Manga dazu. Zwar nicht der erste im Star Wars-Universum, allerdings können sich Fans der Erzählform dieses Mal darüber freuen, dass die Geschichte keine Zweitverwertung einer bereits erzählten Story darstellt, sondern ein frisches Abenteuer aus den Federn von Shima Shinya und Justina Ireland auf sie zukommt. 

Zeitlich siedeln sich die Geschehnisse kurz vor beziehungsweise parallel zur Republic Fair auf Valo an. Das große Hyperraumkatastrophe hat sich also bereits ereignet, doch deren Folgen wirken immer noch nach. Jedi-Ritterin Lily Tora-Asi und ihr ehemaliger Meister Arkoff, ein Wookiee der imposantesten Sorte, sind damit beauftragt, einige Opfer des Desasters, deren Heimatwelt in Mitleidenschaft gezogen wurde, nach Banchii zu bringen. Dort sollen sich die Flüchtlinge neu ansiedeln, um den Planeten genauso ihr Zuhause nennen zu können wie die beiden Jedi. 

Neben dem Duo sind im Tempel auf Banchii auch noch Keerin Fionn, der Padawan Lily Tora-Asis, und die beiden Jünglinge Nima und Viv’Nia beheimatet. Die Ruhe und Abgeschiedenheit, die sie dort im Äußeren Rand bisher erleben durften, wird kurz nach der Rückkehr Arkoffs und Tora-Asis jedoch gestört. Neben den Opfern der Katastrophe sind auf Banchii mit einem Mal auch mysteriöse Wesen anzutreffen, die sich selbst als Drengir bezeichnen. 

Aber wie konnte es geschehen, dass die Kreaturen ohne Vorwarnung auf der Bildfläche erscheinen? Sind die Opfer der Katastrophe einfach nur vom Pech verfolgt oder steckt mehr dahinter? Haben die Nihil wohlmöglich etwas damit zu tun? Zieht der Konflikt mit den Marodeuren so weite Kreise, dass selbst das beschauliche Banchii nun zum Schauplatz der Auseinandersetzungen wird? All diese Fragen schwirren Lily Tora-Asi durch den Kopf, während sie den Kampf mit den Pflanzen-Monstern aufnimmt. Und zudem lastet der Druck der Ausbildung ihres Padawans und des Schutzes der Jünglinge auf ihren Schultern. So manch einer ist schon an weniger gescheitert. Scheitert nun Lily? 

Band eins der Am Rande des Gleichgewichts-Reihe ist mit seinen knapp 120 Seiten der Hauptgeschichte also prall gefüllt. Zugegeben: Die ganz großen Fragezeichen oder Plot-Twists darf man als aufmerksamer Leser der High Republic nicht erwarten. Ansonsten läuft man Gefahr, enttäuscht zu werden. Dennoch schafft es der Manga, gerade mit Lily Tora-Asi einen interessanten Hauptcharakter zu etablieren, der nicht nur einen äußeren, sondern auch einen inneren Kampf auszufechten hat. Denn Selbstzweifel und die Frage nach den eigenen Überzeugungen gilt es für die Jedi-Ritterin genauso zu konfrontieren wie fleischfressende Ranken. 

Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle die Zeichnungen von Mizuki Sakakibara und Nezu Usugumo, die an einigen Stellen mit einer wunderbaren Detailliebe bestechen und einen auch in actiongeladenen Momenten nie verloren zurücklassen. Ich befürchte zwar, dass der Manga Skeptikern dieser Kunstform kein “Aha”-Erlebnis verschaffen wird. Wer sich selbst jedoch auch nur marginal japanophil nennen würde, dürfte an den ausdrucksstarken Mimiken und der wuchtigen Linienführung seine Freude haben. Ich teile allerdings absolut Florians Verwirrung aus seiner Rezension der englischen Variante, dass die Leserichtung entgegen anderen Mangas von links nach recht verläuft. Westliche Vorlieben schön und gut, aber ein wenig Anpassungsvermögen wird man schon voraussetzen dürfen. 

Alles in allem präsentiert sich der Auftakt zu Am Rande des Gleichgewichts für mich gelungen. Die Story ist zwar nicht bahnbrechend, dafür deutet sich bei der Hauptfigur eine verheißungsvolle Charakterentwicklung bzw. ein Konflikt an. Die Bilder sind ein Fest fürs Auge. Bleibt noch zu klären, wie nahtlos sich die Geschichte in die The High Republic einreiht und ob sie zur Pflichtlektüre gezählt werden muss.  

Wenig überraschend dürfte es keine Probleme bereiten, den Manga außen vor zu lassen, und trotzdem den Hauptereignissen der ersten und zweiten Welle der ersten Phase folgen zu können. Komplettisten werden jedoch mit einem Kurzauftritt eines bekannten Hauptcharakters der Roman-Reihe belohnt sowie zu einigen Spekulationen über das Ausmaß der Fähigkeiten der Drengir angeheizt. Und für wen der Niedlichkeits-Nerv stimuliert werden muss, damit sich das Reinschauen lohnt, bietet das 20-seitige Bonuskapitel Die Banchiianer “Ohhhhs” und “Awwwws” bis zum Abwinken – inklusive Kapitalismuskritik der subtileren Sorte. 

Für mich landet Band eins der Am Rande des Gleichgewichts-Reihe letztendlich bei 4 von 5 Holocrons und motiviert mich dazu, auch Band zwei in die Hand zu nehmen. Eine Rezension zu diesem folgt in den kommenden Tagen.

Bewertung: 4 von 5 Holocrons
Bewertung: 4 von 5 Holocrons

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

Schreibe einen Kommentar