Marvel-Mittwoch: Sana Starros #4 und Doctor Aphra #32

Zwei starke Frauen teilen sich diesen Marvel-Mittwoch: Chelli Aphra beginnt mit Doctor Aphra #32 einen neuen Handlungsbogen, diesmal aber nicht mit Sana an ihrer Seite, die in Sana Starros #4 gerade alle Hände mit ihrer Familie voll hat.

Achtung: Wie immer besprechen wir im Marvel-Mittwoch die Handlung der Comics, sodass sowohl der Beitrag als auch die Kommentare Spoiler enthalten können.

Sana Starros #4 – rezensiert von Carola

Der vorletzte Teil des Sana-Starros-Handlungsbogens, Perfect Strangers, vermag mich sowohl mit seinen Wendungen und Offenbarungen, aber insbesondere auch seinen Charakter-Interaktionen und -Einblicken für sich zu gewinnen.

Auntie Deva saves the day?

Sana Starros #4 (31.05.2023)
Sana Starros #4 (31.05.2023)

Someone is playing at something bigger here, and we need to figure out who and why. Failure provides answers.

Devas ungewöhnliches Vorgehen

…or at least the story. Devas unorthodoxe Herangehensweise in Perfect Strangers vermag mich zu überraschen und empfinde ich als eine faszinierende Storywriting-Entscheidung. Sie gibt Raum für einen ebenso ungewöhnlichen Akt der Fürsorge (von Deva gegenüber Sana) statt der sich ewig ähnelnden Missionsvorbereitungen, die uns sonst in solch brenzligen Situationen erwarten würden. Darüber hinaus zeigt das unvorbereitete, genauer gesagt: planvoll planlose Vorgehen uns die beiden Starroses, die noch auf freiem Fuße sind, nebst Deva von einer ungewohnt vulnerablen Seite. Das hat mich auch zu Beginn der Ausgabe schon berührt, als wir die sonst eher kalt, gefasst und berechnend auftretende Mevera kurz verletzlich in Sorge erleben dürfen. Zwischen Mevera und Sana springt Deva nahtlos als schlichtender und zur Ordnung rufender Thea-Ersatz ein, wodurch ihre selbstverständliche Zugehörigkeit zum Starros-Clan spürbar wird. Generell macht diese Ausgabe nochmal deutlicher, wie eindeutig Deva Lompop von den Starroses als Familienmitglied wahrgenommen wird und sich selbst als solches betrachtet. Das finde ich nach wie vor erbaulich, zumal „Chosen Family“ als gängiges Star-Wars-Thema doch eigentlich nahezu immer passt. Im Falle dieser Reihe stellt es noch dazu eine gesunde, willkommene Ergänzung (oder Abwechslung) zu der ganzen thematisierten Blutsverwandtschaft dar.

Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch so ein Deva-Fan werden würde. Aber Ireland vermag es aus meiner Sicht, im Rahmen ihrer Auftritte in dem Comic aus der Shani einen vielschichtigeren Charakter zu machen. Deva ist für mich ein vollwertiger, lohnender Zuwachs des Protagonistinnen-Teams, bringt frischen Wind in jede Situation und unerwartete neue Perspektiven für die Lesenden und Sana ins Spiel – selbst wenn es nur gilt, sich davon abzugrenzen und darüber Sanas Charakter und ihre Entscheidungen und Werte weiter auszudifferenzieren. Grundsätzlich habe ich das an der Sana-Starros-Reihe zu schätzen gelernt: Dass die diversen Perspektiven anderer Charaktere doch unter’m Strich meistens dazu dienen, uns die Hauptfigur näher zu bringen. Sana Starros selbst erlebe in einer aktiveren Rolle, was ich mir für sie in ihrer Sonderreihe inständig gewünscht habe. In vorherigen Heften hatte ich hingegen eher den Eindruck, dass die Handlung so über sie ergeht. Dass Deva Sana diese und letzte Ausgabe so in den Mittelpunkt stellt, ist dem zuträglich, und ermöglicht den Lesenden mehr Einblicke in ihre Persönlichkeit.

Verphelungen

And you were always too full of yourself. Stars, Phel. Why? […] Why turn your back on your family?

Sana Starros

In der vorletzten Ausgabe lernen wir den Abweichler der Familie und „Perfect Stranger“ Phel nun persönlich kennen. Meiner Meinung nach ein geeigneter Antagonist für eine Reihe, die ganz dem Starros-Clan gewidmet ist. Er hat sich von der Familie abgewandt und verurteilt sie für ihre Lebensweise und ihre ablehnende Haltung seinem Imperium gegenüber. Er bringt dieselbe Loyalität, die die Starroses miteinander verbindet, dem Imperium entgegen. Aus der übrigen Reihe wissen wir, wie tolerant und wohlwollend die Starroses mit ihm umgehen – abgesehen von Phels Schwester Sana, die in dieser Ausgabe aber immerhin auch über ihren Schatten springt und nach dem Warum seines Abwendens von der Familie fragt. Im Vergleich wirkt Phels Haltung seiner Verwandtschaft gegenüber deutlich drastischer und verurteilender. Ihm einzuräumen, seine Perspektive auf die Dinge darzulegen, finde ich eine sinnvolle Entscheidung Irelands. Das passiert vor allem in einem meines Erachtens angemessenen Umfang.

Dass Phel rückblickend die ganze Reihe über Fäden in der Hand gehalten hat, verleiht u.a. der Marl-Jibs-Story für mich mehr Relevanz und Glaubwürdigkeit als nur die Annoyance zu sein, als die ich die Auftritte der belanglosen Figur bisher wahrgenommen habe. Ich habe die leise Hoffnung, dass die finale Ausgabe noch weitere solcher Aha-Momente bereithält, in denen manche losen Enden der Erzählung aufgegriffen und banal wirkende Storyparts retroperspektiv mehr Bedeutsamkeit verliehen werden. Aber das gilt es abzuwarten.

Aber jetzt mal Klartext: Was ist denn mit Phel los? Er lässt seine Soldaten Mevera anschießen, die drei mit Flammenwerfer attackieren, ist bereit, Sana zu töten, aber dann erschüttert darüber, dass Cerasus seiner Familie ans Leben wollte? Wäre das nicht der perfekte Augenblick für ein paar wohlplatzierte Betäubungsschüsse gewesen? So wirklich entfremdet von seiner Familie wirkt er bei aller Kränkung, allem Patriotismus und aller angestauten Wut am Ende dennoch nicht, also führt uns der Ausgabentitel vielleicht auch nur etwas an der Nase herum? Auch die reißerische Cover-Headline „The greatest sibling rivalry in the Galaxy!“ ist wohl eher eine Anwärterin für die größte Übertreibung der Galaxis.

Wie klug es ist, die Starroses nicht in Einzelhaft zu stecken, wird sich noch zeigen. Aber es ist natürlich eine liebenswerte Idee, Großmutter Thea, Mutter Mevera und Tochter Aryssha im Moment der Zwillingsgeburt zu vereinen. Die ruhige Gesprächsszene zwischen Phel und seiner Cousine Aryssha wiederum gehen mir ähnlich unter die Haut wie die zwischen ihr und Cerasus. Aus feministischer Perspektive sind beide ähnlich schwer zu ertragen, insbesondere in Arysshas so besonders vulnerablen und ausgelieferten Situation. Aber eben gerade deshalb hat Ireland hier von Beginn an eine wirkmächtige Nebenhandlung aufgebaut, die ich als solche zu schätzen weiß. Wunderbar aufgefangen wird die bedrückende Lage, in der wir Aryssha an Bord der King’s Ransom nun schon eine Weile erleben, von der Zusammenführung mit Thea und Mevera, die mit wenig Worten und Gesten ganz viel Sorge und Anspannung verpuffen lassen – in Aryssha gleichermaßen wie in mir.

Gestaltung

Die Schnee-Sequenz, die ihr auch in den obigen Vorschauseiten seht, war meine Lieblingsszene der Ausgabe. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Mir fehlen die Worte zu Devas atemberaubendem Winteroutfit! Zudem kommen ihre Farben in dem grau-blauen Schneesetting so prächtig zur Geltung. Besonders gelungen finde ich die drei übereinander angeordneten Panels aus der Vogel-, Normal- und Froschperspektive. Auf den Seiten bekomme ich auch den Anflug einer Idee davon, warum Pere Pérez seinen Stil als „visual storytelling“ bezeichnet (wenngleich ich die Abgrenzung ansich nicht nachvollziehen kann). Generell hat er einen guten Blick für ungewöhnliche und kreative Perspektiven, durch die ich mich schnell in die Szenen einfinden kann und die Panels nie langweilig werden – unabhängig davon, wie viel oder wenig auf ihnen passiert. Das ist eine Stärke des Künstlers, die mir vor allem in dieser Ausgabe aufgefallen ist.

Perfect Strangers punktet für mich des Weiteren wie schon vorherige Ausgaben mit abwechslungsreichen Layouts! Interessant finde ich die farbliche Aufbereitung von Phels düsterer, eine Seite des Hefts umfassender Rückblende, vor allem im Kontrast zu den Kindheits- und Aphra-Rückblicken der bisherigen Reihe.

Fazit

Please be okay. All of you. Just … be safe.

Sana über ihre Familie

Runde Sache. Perfect Strangers hat mir beim Lesen Freude bereitet, mich noch mehrmals vor- und zurückblättern und auch die Ausgaben #1 bis #3 nochmal in die Hand nehmen lassen. Meine Zuversicht und mein Vertrauen in Justina Irelands Kompetenz, eine gehaltvolle, runde Geschichte rund um die namensgebende Figur und ihre Familie zu stricken, ist wiederhergestellt. Jetzt bin ich gespannt auf das große Finale, das nicht lange auf sich warten lassen dürfte. Der Story stehen diverse Optionen offen, plausibel, aufregend und erkenntnisreich zuende geführt zu werden. Wir dürfen gespannt sein, ob sich Sanas inniger Wunsch erfüllt, ihre Familie einmal in Sicherheit zu wissen, und sie sich endlich in Ruhe ihrem eigenen Wohlergehen wird widmen dürfen. Besonders neugierig bin ich auf Devas und Lanitras Zutun sowie darauf, ob wir wohl noch mehr über Avons Nachlass erfahren werden.

Wie ergeht es euch mit der vorletzten Ausgabe? Mit welchen Gedanken oder Erwartungen blickt ihr dem Finale entgegen?

Doctor Aphra #32 – rezensiert von Matthias

Der Inhalt

Doctor Aphra #32 (31.05.2023)
Doctor Aphra #32 (31.05.2023)

An Bord der Ark Angel IV gönnt sich Chelli Aphra gerade eine kleine Pause, als sich etwas in der Reisekiste rührt, auf der sie sitzt. Luke Skywalker, den sie sich im letzten Heft einfach mal als Missionsbegleitung eingepackt hat, ist wieder bei Bewusstsein und mit seiner Situation verständlicherweise sehr unzufrieden. Allerdings lässt er sich erstaunlich schnell zur Teilnahme an der von Aphra skizierten Mission überreden, als sie ihm ein altes Jedi-Hologramm von Shaak Ti vorspielt, in dem sie zu Aayla Secura über eben jenes Machtartefakt spricht, für das sich Aphra brennend interessiert. Luke scheint hingegen mehr von der Aussicht, im Tempel mehr über die Jedi zu erfahren, motiviert zu sein.

Gemeinsam fliegen sie nach Sason , wo sie zusammen ins Innere des dortigen Jedi-Temples vorzudringen versuchen, was aber nicht so einfach gelingt, da Lukes Machtfähigkeiten derzeit ja etwas ins Stottern geraten sind und er justamente in dem Augenblick nicht die notwendige Stärke in der Macht besitzt, die zum Betreten des Tempels erforderlich ist. Glücklicherweise kriegt er aber rechtzeitig noch so viel Machtfähigkeit zusammengekratzt, dass sie erst die den Tempel beachenden Monster überwinden können und dann doch noch den Tempel betreten können, wo eine faustdicke Überraschung auf die beiden wartet, die in den nächsten Tagen mit Sicherheit wieder das Fandom über Kanonbruch und ähnliches philosophieren lässt.

Die Umsetzung

Alyssa Wong setzt uns mit dieser Geschichte auf die Fährte eines Macht-Artefakts, an dem Aphra, wieder ganz sie selbst, großes Interesse zu haben scheint. Und wie sie so ist, geht sie zielstrebig darauf zu und überwindet dabei die zu erwartende Hürden in der ihr eigenen Art und Weise. Von der reinen Plotentwicklung keine Überraschung, Standardauftakt für einen neuen Handlungsbogen. Ihre „Primärquelle“, ein altes Hologramm von Shak-Ti, macht die Sache dann aber auch für uns Leser schon sehr viel interessanter und führt zu einen Cliffhanger, der schon gespannt auf die nächsten Hefte macht. Den eher subtilen Humor, der dabei geschickt in die Szenen eingebaut wurde, hat mir sehr gut gefallen, besonders dass man bei Lichtschwertern, die nicht gleich richtig anspringen wollen, in altbewährter Manier einfach mal gegenklopft und es dann funktioniert. Lukes immer wieder schwächelnden Machtfähigkeiten sehe ich hingegen etwas kritisch. Das ist so ein Story-Werkzeug, welches primär dazu da ist, bestimmte Situation dramatischer ausgestalten zu können, als es normalerweise wäre. Ähnlich wie wir es ja mit den ewigen Kommunikationsausfällen im falschen Augenblick in der Phase II der Hohen Republik erleben müssen. Mal kann so etwas nutzen, bei zu häufigem Gebrauch wird das aber schnell fadenscheinig und ist nicht mehr spannend. Im Ganzen würde ich hier aber nur auf ein knapp überdurchschnittliches Heft erkennen, welches nur aufgrund seines Schlusspanels überdurchschnittlich abschneidet. Aber es ist Potenzial für mehr da.

Rachelle Rosenberg darf diesmal all ihre digitalen Wachsmalkreiden auspacken und die turbulente Atmosphäre und beschützenden Monster in fast allen Farben schillern lassen, ohne es dabei aber zu übertreiben. Die Zeichnungen von Minkyu Jung sind gewohnt detailliert und gut ausgearbeitet, auch wenn sie das Gesicht von Luke nicht ganz hinbekommen hat, aber da haben wir wahrlich schon Schlimmeres erleben müssen. Die beiden beschützenden Monster haben mir ebenfalls gut gefallen, kommen mir aber auch irgendwie sehr bekannt vor. Und auch Joe Caramagna darf sich bei so viel Aktion mal wieder etwas austoben.

Fazit

Ich weiß zwar nicht, ob ich das alles so gut finde, wie sich die Geschichte anlässt, aber andererseits scheint sie für einige Überraschungen gut zu sein. Insofern würde ich sie jetzt einfach mal laufen lassen und mein Urteil etwas später bilden.


Schon in zwei Wochen, am 14. Juni findet die Sana Starros-Reihe mit Sana Starros #5 ihren Abschluss. Mit Doctor Aphra geht es jedoch noch eine Weile weiter, das nächste Mal mit Doctor Aphra #33 am 28. Juni.

Am nächsten Marvel-Mittwoch erscheint dann das nächste Sonderheft zum Jubiläum von Episode 6, Return of the Jedi: Empire #1, dazu erscheinen noch Star Wars #35 und Yoda #8: Size Matters Not, Part 2.

Wir bedanken uns bei Marvel für die Bereitstellung der digitalen Vorab-Exemplare, ohne die unser Marvel-Mittwoch nicht möglich wäre.

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