Rezension: Star Wars #90: Darth Vader: Der Schatten des Schatten, Teil 2 & Obi-Wan, Teil 3

Aber es ist kein Tier, es ist… Darth Vader.

Imperialer Lieutenant

Paninis monatliches Comic-Heft erreichte am 24. Januar die stolze Nummer #90. In dieser liefert der Stuttgarter Verlag uns die dritte Runde für Meister Obi-Wan Kenobis Comicreihe und dazu noch das letzte Vader-Kapitel unter dem Crimson Reign-Label. Die Struktur ist dabei unverändert wie in der Vorgängerausgabe aufgebaut: Obi-Wan macht den Anfang und ist auf dem Comicshop-Cover von Phil Noto zu sehen, während Lord Vader den zweiten Slot im Heft einnimmt und das Kiosk-Cover von Paul Renaud schmückt. Für die deutsche Übersetzung beider Geschichten zeichnet Matthias Wieland für Panini verantwortlich.

In einer kurzen offiziellen Inhaltsangabe bekommt man auch eine Idee, welche zwei Geschichten euch in dieser Ausgabe erwarten:

Im dritten Teil der Comic-Mini-Serie begleiten wir Obi-Wan Kenobi in die Klonkriege. Es ist eine Erinnerung voller Schmerz und Blutvergießen, bei der sich Obi-Wan immer wieder die Frage stellt: Wie passen Krieg und die Ideale der Jedi zusammen? UND: „Alte Freunde“ – die spektakuläre Fortsetzung der aktuellen Darth Vader-Reihe.

Hach ja, die Klonkriege. Eine beliebte Ära, die im Kanon in der langlebigen Animationsserie und zu Legends-Zeiten in den einst ebenfalls bei Panini veröffentlichten Republik-Comics ausführlich erzählt wurde. Trotzdem kann ein The Clone Wars-Fan wie ich bis heute nicht genug Geschichten aus diesen schicksalhaften drei Jahren galaktischen Krieges bekommen und so freut es mich, dass Autor Christopher Cantwell für das mittlere Kapitel der fünfteiligen Reihe namens Die dunkelste Stunde ein Abenteuer aus der Anfangszeit jenes Konflikts gewählt hat. Obwohl Phil Noto auf dem Comicshop-Cover fälschlicherweise Klonrüstungen der Phase II zu Obi-Wans Outfit vom Beginn des Krieges abbildet, aber das stört ja am Inhalt nicht…

…wenn der nicht ebenfalls ein paar kleine Kontinuitätsfehler aufweisen würde! An sich finde ich es erfrischend, dass der erzählende Ben diesmal nicht sofort mit seiner dritten Anekdote beginnt, sondern erst einmal eine Art Einführung in den Beginn der Klonkriege gibt. Dabei gibt es viele schöne Querverweise zu Episode II, dem Roman Bruderschaft, dem The Clone Wars-Pilotfilm und sogar zu Schlachten aus der inzwischen unkanonischen Clone Wars-2D-Zeichentrickserie, die in diesem Jahr ihr 20jähriges Jubiläum feiert. Deswegen ärgert es den Detailverliebten aber dann besonders, wenn zum Beispiel Kit Fisto bei der Schlacht von Geonosis bereits seine Armpanzerungen aus The Clone Wars trägt und Ahsoka Tano in einem Panel zur Schlacht von Christophsis in einem Look abgebildet ist, den sie in der Serie eigentlich erst ab Staffel 3 hat, inklusive zweitem Lichtschwert. Wenn im selben Atemzug Anakin in einer kurzen Holo-Gespräch mit der Titelfigur „Meister Kenobi“ sagt anstatt „(Meister) Obi-Wan“, wie eigentlich überall sonst, beschleicht mich das Gefühl, dass in diesem Heft gleich an mehreren Stellen nicht gut aufgepasst wurde, angefangen beim Cover. Die kurze Erwähnung der Zerstörung der Rishi-Station datiert die im Heft fortan behandelte Schlacht um die Brücke von Abrion immerhin ziemlich genau kurz nach der TCW-Episode S01E05: „Rekruten“ und damit auf das erste Kriegsjahr 22 VSY.

Wenn man darüber hinwegsieht, erwartet die Leserschaft ein abgeschlossenes, klonkriegstypisches Scharmützel, dessen Verluste Obi-Wan als General zum Nachdenken über die Rolle eines Jedi in Kriegszeiten und den Grundsatz der Bewahrung allen Lebens bringt. Diese Episode erscheint mir als die bislang schwächste der Mini-Reihe, da die Story im Gegensatz zu den beiden bisherigen Teilen keine wirklich neuen Blickwinkel oder Erzählungen bringt. Außerdem kann man dem Gefechtsgeschehen nur schwer folgen, auch wenn dies möglicherweise beabsichtigt war, um das Gefühl zu bekommen, zusammen mit General Kenobi in der Schlacht festzusitzen. Mit Alessandro Miracolo schwingt außerdem ein weiterer Zeichner für die Miniserie den Stift, lässt aber gegenüber seinen Vorgängern stark nach. Nicht nur haben vom alten Ben bis zu den Klonen die gezeichneten Filmcharaktere wenig mit ihren Gegenstücken gemein, ich habe auch das Gefühl, dass Miracolo, wo es nur geht, das Zeichnen von Augen vermeiden möchte, selbst wenn in vielen Panels Gesichter zu sehen sind. Mag sein, dass er als Stilmittel Augen nur für besondere Momente aufheben möchte, auf mich wird der Lesefluss dadurch aber befremdlich. Insgesamt also ein schwächerer Beitrag zur Obi-Wan-Reihe, der sich aber trotzdem einfügt und seinen Teil für das Gesamtbild leistet. Wenigstens fangen Frank Williams Farben die Atmosphäre der stilprägenden Animationsserie sehr gut ein.

Wieder in der Zeit zwischen Episode V und VI angekommen, verfolgen wir in Alte Freunde Vader und Sabé weiter bei dem Kampf gegen Crimson Dawn und eine dem Syndikat angehörende imperiale Gouverneurin, die nicht nur das System Gabredor III auszehrt, sondern auch eine Geheimwaffe baut. Höchste Zeit also, dass Autor Greg Pak den dunklen Lord der Sith und die frischernannte Commander Sabé auf die Jagd nach ihr schickt. Dabei gibt es endlich mal keinen Kampf gegen wieder neue Monster, sondern unter anderem gegen alte Kampfdroiden der Separatisten. Schon wieder also eine zufällige Verbindung zur Obi-Wan-Geschichte im selben Heft. 😀

Die Geschichte ist zum Großteil auf Action aus, diese ist aber recht unterhaltsam, unter anderem, weil Vader mittels der Waffe außer Gefecht gesetzt werden kann und auf seine Verbündeten zählen muss, um den Kampf zu gewinnen. Pak lässt auch wieder die roten Rückblenden/Visionen/Gedanken für den Großteil des Innenlebens der Hauptfigur sprechen und suggeriert uns, dass es allmählich voran gehen könnte mit Vaders Entwicklung zu seiner Erlösung in Episode VI. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.

Raffaele Ienco pausiert als Stammzeichner mit dieser Ausgabe und wird von Marco Castiello vertreten. Dieser bemüht sich, Vaders Gesicht durch verschiedene Perspektiven und Schattenspiele sprechen zu lassen und dem an sich starren Gesicht der Maske Leben und Emotionen einzuhauchen. Das gelingt ihm auch ganz gut (abgesehen von einem seltsamen Superhelden-Splash-Panel mit Vader und Sabé) und ich würde ihn gern weiter an der Reihe arbeiten sehen. Jedoch wird, wie bereits bekannt, Ienco im nächsten Heft wieder als Zeichner für den Rest des Handlungsbogens zurückkehren. Mit diesem Heft endet übrigens auch das letzte Tie-In zum Crossover Crimson Reign, über das ihr in unserem großen Guide eine komplette Übersicht erhaltet.

Fazit

Beide Comicreihen gehen wie gewohnt auf gutem Unterhaltungsniveau weiter. Obi-Wan hat mich diesmal ein wenig enttäuscht und schwächelt zum ersten Mal, auch wenn ärgerliche, kleine und rein visuelle Kontinuitätsfehler zu vermeiden gewesen wären. Miracolos Zeichenstil sagt mir überhaupt nicht zu, dafür sieht Darth Vader dank einem Gastspiel von Marco Castiello so gut aus wie seit dem Krieg der Kopfgeldjäger nicht mehr. Die rein spirituelle Ebene, die Obi-Wan bisher so stark bedient hat, rückt simultan zu den Klonkriegen etwas in den Hintergrund, aber beide Hefte schaffen es, trotz dem allein an Seitenzahl gemessenen ungewöhnlich hohen Actionanteil, ihre jeweilige Geschichte nicht zu kurz kommen zu lassen.

Der Rezensent vergibt 3 von 5 Holocrons!
Bewertung: 3 von 5 Holocrons

Einen perfekten Einstieg in Paninis Star Wars-Heftreihe bildet übrigens Star Wars #88, in dem das erste Kapitel von Obi-Wan veröffentlicht wurde. Bis kommenden Samstag habt ihr noch Gelegenheit, das Heft mit etwas Glück bei unserem Gewinnspiel nach Hause zu holen, zusätzlich zu einem echten Star Wars-Sammlerstück.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

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