Heute ist die allererste Ausgabe von Justina Irelands Comic-Miniserie zur titelgebenden Schmugglerin Sana Starros bei Marvel erschienen. Ich bin seit der Ankündigung der fünfteiligen Reihe Sana Starros: Family Matters auf der NYCC gespannt, was die Autorin sich zu dem Charakter und Format einfallen lassen wird. Irelands Werke bestechen meines Erachtens durch starke Protagonistinnen, Diversität und wichtige Perspektiven auf gesellschaftliche Themen. Nachdem Ireland sich im Gespräch über Avon Starros aus der Hohen Republik auch noch als Sana-Fan geoutet hat, wähnte ich die Reihe bei ihr in besten Händen. Das großartige Variantcover von Sara Pichelli tat sein Übriges. Nur knappe vier Monate später ist mit Back to Basics nun die erste Ausgabe erhältlich, mit einem Cover von Ken Lashley. Auf 40 Seiten verstrickt Ireland gemeinsam mit dem Künstler Pere Pérez Sana und mit ihr auch die Leser*innenschaft in spannungsgeladene Familienangelegenheiten.
Achtung: Wie immer besprechen wir im Marvel-Mittwoch die Handlung des Comics, sodass sowohl der Beitrag als auch die Kommentare Spoiler enthalten können.
Der Auftakt: Pink Milk
Behold their cuteness! Are you not in love?
Zu Beginn der Ausgabe werden wir unvermittelt in eine Nebenhandlung geworfen: Sana Starros bricht mit dem wohlwollenden Weequay Jand in ein imperiales Lagerhaus auf E’ronoh ein. Der Diebstahl ist Sanas letzte Station, bevor sie sich eine Weile zu ihrer Familie zurückzieht. Sie verspricht sich einen gewinnbringenden, unkomplizierten Coup und ist enttäuscht, als das Diebesgut Po’acksters sind: Eine seltene Spezies, die begehrte Pink Milk (übrigens auch der Name eines queeren Star-Wars-Podcasts) geben. Wir spüren Sanas Verdruss und dass es sich hierbei nicht um den ersten Rückschlag handelt, der ihr Bedürfnis nach einer Auszeit bei ihrer Familie nährt – dem Ausgangspunkt dieser Geschichte. Für die eigentliche Handlung scheint das fünfseitige Intro verhältnismäßig irrelevant. Ich hätte mir stattdessen einen ablenkungsärmeren, introspektiven Einstieg in Sanas Alltag und Motive gewünscht.
Die Story: Familienangelegenheiten
Der fünfteilige Handlungsbogen der Miniserie trägt den Titel Family Matters, weshalb es nicht verwundert, dass Mitglieder des berüchtigten Starros-Clans tragende Rollen darin übernehmen. Sana wird von Jand zum Starros-Familienanwesen auf Hosnian Prime gebracht, der ihr vor seiner Abreise noch anbietet, die Tür zu knacken. Das Angebot hätte Sana lieber annehmen sollen, da sie den Kontakt zur Familie so vernachlässigt hat, dass sie den neuesten Zugangscode nicht kennt. Stattdessen klettert sie über die Außenmauern und sieht sich sogleich einem Empfangskomitee aus Sicherheitsdroiden gegenüber. Sowohl die Verteidigungsmaßnahmen als auch Sanas Entscheidung, einzubrechen statt anzurufen, geben uns eine erste Idee, wie so ein Starros-Leben ausschaut.
Anschließend lernen wir einen vielfältigen Strauß „Starroses“ kennen: Großmutter Thea, Tante Mevera und deren hochschwangere Tochter Aryssha, die sich für die Geburt ihrer Zwillinge dorthin zurückgezogen hat. Gleich nach der Begrüßung teilt Thea Sana – die sich ihr zufolge nur mit Liebeskummer zuhause blicken lässt – ihre Zweifel mit, dass sie Gelegenheit zum Ausspannen finden würde. Die familiären Interaktionen lassen mich fast vergessen, dass wir uns im Star-Wars-Universum bewegen, so irdisch wirken sie. Die Gesprächsdynamik zwischen den vier Frauen empfinde ich als authentisch, wenngleich auch manchmal überzeichnet.
Die Cousinen, die sich „Sanisi“ und „Risi“ nennen, nehmen uns mit auf eine Roomtour durch Theas zugewuchertes Anwesen und ihre Unterhaltung offenbart dabei einiges über die Familienstrukturen. Überschattet werden die Interaktionen trotz des vordergründig vertrauensvollen Umgangs von einer allseitigen Geheimniskrämerei – Sana spricht nicht über ihren Herzschmerz und die anderen scheinen ihrerseits so einiges zu verheimlichen. Die daraus entstehende angespannte Stimmung wird glaubhaft vermittelt, ebenso Sanas Verbundenheit und Verpflichtungsgefühl, insbesondere gegenüber Aryssha.
Noch vor dem Abendessen wird das Wiedersehen von dem Imperialen Cerasus Ehllo unterbrochen, der sich charmant den Weg zu seiner Ehefrau Aryssha freibombt. Auf ihrer Flucht in den Schutzraum gesteht ihre Cousine Sana die Zugehörigkeit ebenjenes Kindesvaters zum Imperium und erklärt ihre Heirat mit einem interessanten Motiv: Aryssha, die auch für die Instandhaltung der Verteidigungsanlagen und -droiden zuständig ist, hegt die Hoffnung, Cerasus „reparieren“ zu können. Ein geläufiges Phänomen, von dem ich mich gefreut habe, dass Ireland es aufgreift. Der durchweg unsympathische, skrupellose und besitzergreifende Cerasus lässt seine Sturmtruppen Thea und Mevera im Esszimmer umstellen und diktiert seine Ehefrau hinzu. Er erzwingt ihre Anwesenheit auf seinem Raumschiff, lässt sie umgehend dorthin eskortieren und ordnet die Exekution der Anwesenden an. Doch Sana kann ihre Großmutter und Tante aus dieser misslichen Lage retten und folgt mit ihnen dem Ehepaar in Richtung von Cerasus’ Schiff. Im Anflug erfährt Sana die wahren Motive hinter der Hochzeit, womit ein weiteres Geheimnis gelüftet wird.
Die Gestaltung
Sana Starros könnte man als Pérez’ Einstieg in die Star-Wars-Comicwelt bezeichnen und auch Jay David Ramos ist als Kolorist bisher kaum im Franchise vertreten. In meinen Augen liegt Pérez’ Stärke in der Gestaltung der Szenerie, mit einem besonderen Auge für Pflanzen und Tiere. Die Farbwahl, die Ramos mit den kühlen, trüben Blau-, Grau- und Brauntönen getroffen hat, spiegeln für mich gut die bedrückende Stimmung.
Ein optisches Highlight war das Spiel mit den Bildebenen gleich auf der ersten Seite, deren Panels – ebenso wie die der letzten Seite – auf einem Nachthimmel angeordnet sind. Der Himmel der einzelnen Panels verschmilzt dabei mit dem Seitenhintergrund. Außerdem gefällt mir, dass die vier „Starroses“ Kleidungsstücke und Accessoires aus demselben grünen Stoff tragen. Das ist ein schönes Symbol ihrer Verbundenheit, ihrer Familienbande. Mein zweites Highlight ist ein Portrait der niedergeschlagenen Sana vor weißem Grund. Ein solcher Charakterfokus hat mir in der übrigen Ausgabe schmerzlich gefehlt. Darin liegt auch mein Hauptkritikpunkt: Die „glatten“, generischen Gesichter der Protagonistinnen. Dafür verantwortlich ist neben den fehlenden zeichnerischen Charakteristika die Koloration. Während ich die Beleuchtung der Szenen generell als eine Stärke Ramos’ erachte, werden die Gesichter dadurch „weichgezeichnet“. Das erschwert auch die Einschätzung des Alters. Positiv aufgefallen ist mir noch, wie einzelne Soundwörter trotz ihrer Größe unaufdringlich ins Bild eingearbeitet wurden.
Fazit
Die Miniserie war durchaus die Veröffentlichung, auf die ich mich in der ersten Jahreshälfte am meisten gefreut habe. Meine Neugier ist zwar leichter Ernüchterung gewichen, aber ich bleibe gespannt, was Sana Starros noch für uns bereithält. Die fünf Wochen bis zur zweiten Ausgabe kann ich entspannt abwarten, da weder Figuren noch Story mich derart mitreißen, dass mich die offenen Fragen ungeduldig eine Fortsetzung herbeisehnen lassen.
Wenn man Sana wie ich zum ersten Mal trifft, gibt Ireland einem ein Gefühl für sie und eine solide Grundlage, um Anteil zu nehmen und Interesse aufzubringen. Dennoch habe ich latent den Eindruck, die Reihe hätte mir deutlich mehr zu bieten, wäre ich bereits in den dazugehörigen Comic-Kosmos abgetaucht. Das werde ich über die Dauer der Serie nachholen und mir eine Meinung bilden, wie gut es Ireland gelungen ist, die Figur aufzugreifen und weiterzuentwickeln.
Ich hoffe inständig, dass die Rahmenhandlung noch weit darüber hinausgehen wird, einen schlicht gestrickten Imperialen übers Ohr zu hauen. Auch Familienkonflikte allein oder noch so wilde Actionsequenzen können den Gehalt dieser Reihe nicht ausmachen, deren Fokus deutlich auf Sana liegen sollte.
Sana Starros #2 folgt in einem Monat, am 8. März. In der nächsten Woche erscheinen dann wieder drei Hefte: Darth Vader #31, Hidden Empire #3 und The High Republic #5: Balance of the Force, Part 5.
Wir bedanken uns bei Marvel für die Bereitstellung des digitalen Vorab-Exemplars, ohne welches unser Marvel-Mittwoch nicht zeitnah hätte erscheinen können.
Meiner Meinung nach eine enttäuschende #1. Hat mich leider an keiner Stelle wirklich gepackt und die Story ist so weit absolut unspektakulär. Wobei ich aber sagen muss, dass der Charakter für mich sowieso keine eigene (Mini-)Reihe rechtfertigt.
Zumindest auf mich bezogen, kann ich sagen, dass es auch nicht so viel bringt, wenn man Sana Starros‘ andere Comicabenteuer schon kennt. Wie so oft wird das natürlich Geschmackssache sein aber ich befürchte, dass der Rest der Reihe ähnlich wie #1 vor sich hin dümpeln wird.
Ich fand das Heft ziemlich erfrischend, v.a. da Marvel sich hier die Zeit nimmt, abseits des sonstigen (teilweise abstrusen und irren) Comicgeschehens eine bestehende und von mir auch sehr geschätzte Figur weiter auszubauen, und dabei auch gleich die Gelegenheit nutzt, weitere Figuren aus dem Starros-Clan sehr plastisch einzuführen. Mal schauen, wohin das letztlich alles führen wird, aber ich bin gespannt.
Ein völlig neues Setting ist es so ja erstmal nicht, schließlich war Sana ja auch zuvor in überwiegend weiblichen Teams mit starken Charakteren unterwegs, aber ich mag die Figuren und hoffe sehr, dass wir mehr über Sanas Familie und Jugend erfahren. Und vielleicht kann die familiäre Starros-Gang ja ein paar interessante Interaktionen und Entwicklungen erzeugen, die in Sanas bisherigen Teamzusammensetzungen noch nicht zu sehen waren.
Ich muss zugeben, dass mich Sana Starros als Figur nicht besonders interessiert, andererseits freue ich mich inzwischen über jede (Mini-)Reihe, die nicht die üblichen Verdächtigen beinhaltet. Von daher bin ich mal gespannt, wie sich das hier entwickelt.
Außerdem schön, mal wieder ein neues Gesicht im Team zu sehen. Und wenn du, Carola, die bist, für die ich dich anhand deiner Beschreibung halte, dann darf ich mich wohl auf viele weitere ausgefeilte und reflektierte Rezensionen freuen.
Ich lese mich nun nach und nach durch die entsprechenden Comics und lerne Sanas Figur dabei zwar schon zu schätzen, aber so als Sidekick kommt sie (bisher) nicht in dem Maße zum Zuge, dass ich mich wirklich in sie hineinversetzen und ein tiefgreifendes Interesse an ihrer Figur entwickeln kann. Von daher kann ich dich da Stand jetzt durchaus verstehen, zumal das natürlich eh super individuell ist, mit wem man nun gerade mitfiebert und wer einem dann doch eher egal ist. Die Freude, dass die Reihe sich keiner omnipräsenten Figur widmet, teile ich auf jeden Fall.
Lieben Dank für dein Vertrauen in meine Fähigkeiten und das Lob meiner Arbeit hier & in der Jedipedia.net! Das Rezensieren verlangt natürlich einen ganz anderen Blick auf die Werke als das Verfassen von Artikeln, aber ich hoffe, mich da nach und nach hineinfuchsen zu können!