Am 22. November erscheint der erste Erwachsenenroman der zweiten Phase der Hohen Republik. Im Vergleich zu Phase I schließt der Roman die Welle somit ab, anstatt sie zu eröffnen, wobei die Wellenunterteilung in Phase II nicht so strenggenommen werden sollte. Wie sich Convergence von Zoraida Córdova einordnen lässt und ob er ein genauso großes Feuerwerk wie die Erwachsenenromane der ersten Phase verspricht, erfahrt ihr in dieser Rezension.
150 Jahre in der Vergangenheit lassen wir nun also auch bei Random House Worlds die Charaktere der ersten Phase zurück und müssen uns mit neuen Jedi, Politikern, Piloten und Droiden anfreunden. In Convergence folgen wir dabei vor allem einem politischen Konflikt und begleiten die Jedi Gella Nattai sowie zwei Jedi-Meister und eine Padawan nach Eiram und E’ronoh: zwei zerstrittene Welten, die sich jedoch einen Mond teilen und verschiedener nicht sein könnten. Verschiedener sein könnten auch unsere Protagonisten Gella und Axel Greylark nicht, denn der Kanzlersohn und begehrteste Junggeselle der Galaxis hat eigentlich ganz andere Dinge im Kopf als diplomatische Missionen. Ebenfalls folgen wir den beiden Thronerben der kriegerischen Planeten, deren Wege sich in einer schicksalhaften Begegnung kreuzen. Konfliktpotential gibt es also zu genüge, doch wie nutzt Córdova dieses aus?
Ein holpriger Start
Der Start in den Roman gestaltete sich für mich nicht unbedingt leicht, da das Buch einiges an Zeit braucht, um so richtig in Fahrt zu kommen. Die vorhandene Action zu Beginn der Geschichte steht der Handlung nämlich zunächst etwas im Weg, denn aufgrund der ähnlichen Planeten- und intergalaktischen Charakternamen kommt man schnell einmal durcheinander. Die Ortsangaben zu Beginn eines jeden Kapitels helfen zwar dabei, sich zu orientieren, dennoch brauchte ich ein paar Kapitel, um auseinanderzuhalten, wer von wo stammt, wohin möchte und welche Verbindungen hat. Gerade am Anfang störte das den Lesefluss leider, und besonders im ersten der vier Teile des Buches sind mir einige Passagen aufgefallen, die entweder unsauber verfasst oder lektoriert wurden. Einige Sätze waren holprig formuliert, sodass ich sie mehrmals lesen musste, teils wurde die exakt gleiche Formulierung nur wenige Sätze später noch einmal verwendet. Dies trat zum Beispiel bei der Beschreibung der Stimmen zweier Charaktere auf. Durch das Verwenden derselben Worte wirkte es nämlich so, als hätte die gleiche Person noch einmal gesprochen. An einer weiteren Stelle verlässt ein Charakter vermeintlich eine Gruppe, spricht im nächsten Absatz aber dennoch mit dieser. Solche Kleinigkeiten kratzen zwar nicht an der Handlung an sich, haben mich beim Lesen aber zwischenzeitlich gestört. Glücklicherweise konzentrierte sich dies hauptsächlich auf den Beginn und wurde mit steigender Spannung weniger zum Problem.
Das Setting an sich punktet dafür aber sehr. Eiram und E’ronoh sind wie Tag und Nacht – oder eher wie Feuer und Wasser – und teilen sich dennoch einen Raumkorridor und einen Mond. Die Mythen, welche um diesen gesponnen wurden, sowie die Kultur der Planeten werden von Córdova nachvollziehbar durch die Charaktere erzählt, sodass sie real und wie tatsächliche Galaxisgeschichte wirken. Aber bleiben wir doch einen Moment bei den Charakteren, die wir durch den Roman begleiten. Positiv hervorheben möchte ich besonders die Handlung rund um Xiri A’lbaran und Phan-tu Zenn, die Thronerbenden der beiden Planeten. Die beiden und ihre Annäherung aneinander – im Namen der Planeten, aber auch aus eigenem Interesse – hat mich besonders begeistert, da sie ineinander nicht nur Feinde, sondern auch große Hoffnung sehen. Fans von romantischen Tropes werden hier voll auf ihre Kosten kommen, und auch ich habe bei diesen beiden voll und ganz mitgefiebert!
Auf der anderen Seite gibt es da auch noch die oben genannten Mitglieder der Republik, die sich von außen in den Konflikt einmischen – was übrigens ein spannendes Thema ist, das meiner Meinung nach noch mehr in den Fokus gerückt hätte werden können. Gella Nattai hat sich als mein Lieblingscharakter des Romans herauskristallisiert, da ich mich mit der Jedi sehr identifizieren konnte. Ihre Sichtweise auf ihre Zukunft und wie sie die Emotionen anderer Personen wahrnimmt und genaustens beobachtet, aber gleichzeitig auch durch Intuition angetrieben wird, haben sie zu einem vielschichtigen Charakter gemacht. Lediglich ihr Alter hat mich etwas verwirrt (an dieser Stelle übrigens ein Dankeschön an Zoraida Córdova dafür, dass sie uns wissen lässt, wie alt die Protagonisten sind), denn sie hat sich meiner Meinung nach eher wie eine Anfang-Mitte-Zwanzigjährige gelesen als jemand, die schon 30 ist. Nicht, dass man mit 30 komplett gefestigt sein muss, aber auf mich wirkte sie einfach jünger.
Vielschichtig ist auch Gellas Gegenpol Axel Greylark, über den im Verlaufe des Buches immer mehr offenbart wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass einige Leser ihn hassen werden, und in der Realität fände ich ihn vermutlich auch grauenhaft, doch in diesem Roman hatte ich große Freude an den Szenen des Kanzlersohns. Er mischt die ernste Truppe auf und hat immer einen aufmüpfigen, manchmal sogar unverschämten Kommentar auf Lager, wodurch er Humor und Komik in die Geschichte bringt, aber natürlich auch mehr zu bieten hat als nur das.
Auch interessant sind die Kanzler der Republik, über deren Zusammenarbeit ich gerne mehr erfahren hätte. Mich hat es sehr gefreut, dass sie auch ab und an Point of View-Kapitel (oder zumindest Teile dessen) bekommen haben und Teil der Handlung waren, da mich die Politik natürlich auch in dieser Ära brennend interessiert. Am Ende blieb es jedoch leider oft bei Hinweisen und Bemerkungen über das Kanzleramt und die Kollaboration – hier sehe ich noch Potential für Mehr in zukünftigen Romanen.
Boxenstop auf dem Timekeeper Moon
Mein Lieblingsteil des Buches ist jedoch der zweite Abschnitt, in dem die Charaktere zusammenfinden und tolle Schlagabtausche haben. Das besondere an diesem Teil ist, dass er wie ein Kammerspiel sehr zentriert stattfindet, was eine ähnliche Stimmung wie Agatha Christies Romane erzeugt. Stellenweise habe ich mich auch sehr an das Spiel Among Us erinnert gefühlt, und das Misstrauen und Chaos an Bord der Paxion bleibt für mich eines der Highlights der Geschichte.
In diesem Abschnitt lernen wir die Protagonisten noch besser kennen und werden direkt in eine politische Verhandlung mitgenommen, die mir große Freude beim Lesen bereitet hat. Aber auch schriftstellerisch konnte Córdova mich in dieser Sequenz überzeugen. In einer Art Montage werden wir durch die Tage geführt, wobei immer wieder betont wird, wie die Geschehnisse mit Frieden in Zusammenhang stehen. Diese Passage hat eine unglaubliche Kraft und ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Auch mochte ich die Intrigen und Verstrickungen der einzelnen Personen, die zwar alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten, aber hintergründig selbst gewinnen wollen. Im Grunde arbeitet bis auf wenige Charaktere jeder gegen jeden, was zu mehreren Überraschungen führt, die durch die vielen Einzelmotivationen aber auch meist von kleiner Tragweite sind. Geschehnisse mit galaxisweiten Auswirkungen hat man in dieser Phase wohl eher den Young Adult-Romanen überlassen, was im Hinblick auf die Stellung des Buches innerhalb der Phase völlig okay ist. An Stellen, wo der Roman dann Verbindungen zu anderen Werken der Phase hat, warten dafür aber spannende Wendungen auf einen, die bestimmt auch für die Zukunft noch wichtig sein werden.
Mit Höchstgeschwindigkeit über die Ziellinie
In den folgenden Teilen des Romans wird dann abwechselnd auf Gas und Bremse getreten, und das manchmal ganz schön abrupt. Positiv anmerken möchte ich noch einmal die angesprochenen Themen, die einen auch im Hinblick (Rückblick? Vorblick? Vermutlich alles davon!) auf Phase II noch hellhörig werden lassen. Zumindest fand ich Eiram als Schauplatz für abstürzende Schiffe, fast ertrinkende Protagonisten und die Ozean-Analogien sehr offensichtlich an The Fallen Star angeknüpft, doch vielleicht interpretiere ich dort auch mehr rein als von der Autorin intendiert. Ein kleines Detail in diesem Buch hat The Fallen Star für mich jedoch ein Stück weit sinnvoller erscheinen lassen, denn zumindest wird einem nun klar, warum die Entsalzungsanlage auf Eiram wichtig für die Einwohner ist. Hier zeigt sich, dass Vorgeschichten eben auch auf bereits erzählte Werke noch einen Einfluss haben können.
Auch gefallen hat mir, dass Convergence die Botschaft sendet, dass Gegensätze sich auch komplementieren können und hinter ihnen vielleicht gar nicht so eine große Kluft steckt. Und auch in den letzten beiden Teilen des Buches bleibt es unterschwellig romantisch, so wie ich es in Geschichten am liebsten mag. Selten habe ich in einem Buch so viele Passagen markiert, die großartige Zitate enthielten oder Momente beschrieben haben, zu denen ich zukünftig öfter zurückblättern werde.
Etwas schade ist, dass wir nie lange bei einem Protagonisten bleiben, sondern nach nur wenigen Seiten die Perspektive gewechselt wird. Dadurch wird eine Hektik in den Roman gebracht, die handlungstechnisch Sinn ergibt, mich aber nach mehr wünschen lassen und zu schnell aus den Szenen gerissen hat. Einige Momente werden sogar vollständig übersprungen. Somit spart man sich natürlich das schnell lästig werdende Von-A-nach-B-Kommen und gibt der Geschichte ein höheres Erzähltempo, jedoch hätte ich gerne auch die Übergangsszenen gelesen, was der Handlung mehr Raum zur Entfaltung gegeben hätte. Hier stellen Teil drei und vier des Buches nämlich einen ziemlichen Kontrast dar. Während wir zunächst einen Roadtrip durch gefühlt ganz E’ronoh machen, geht es danach in einem Sprint in den Hyperraum und wieder zurück auf den Planetenboden, und zwar so schnell, dass man vor lauter Fahrtwind fast die Wörter nicht mehr sieht… und am Ende mit etwas Schwindel aus dem Gefährt aussteigt. Der Abschluss des Romans ist dabei ein zweischneidiges Schwert für mich. Auf der einen Seite ging es mir zu schnell und gerade bei einem Charakter konnte ich die interne Motivation nicht durchschauen, weshalb die Handlungen der Person für mich verwirrend waren. Andererseits mag ich es auch, nicht gleich alles zu verstehen und mit ein paar Mysterien zurückgelassen zu werden. Immerhin ist Convergence kein Abschluss einer Reihe, sondern eher ein Einstieg einer Dilogie, wenn man dem Cover von Cataclysm trauen darf. Wenngleich ich also etwas vom Ende überrumpelt wurde, hat es mich auch neugierig auf mehr gemacht. Gerade was die Jedi betrifft, fand ich den Abschluss ziemlich gelungen und zufriedenstellend, wobei Convergence auch die Aufgabe zuteilwurde, die Erwachsenencharaktere für das Folgewerk The Battle of Jedha aufzustellen. Dies hat hier voll und ganz funktioniert, und nach und nach fügen sich die einzelnen Teile zu einem großen Puzzle zusammen, dessen Vervollständigung nach wie vor Spaß macht.
Fazit
Insgesamt lässt sich Convergence ganz gut mit einem Autorennen vergleichen. Es geht rasant los, doch in der ersten Runde herrscht noch zu viel Chaos auf der Strecke. Zwar gab es keinen Fehlstart, doch wir begleiten einen etwas holprigen Ritt, bis sich die Charaktere und Orte einordnen lassen und wir mit Spannung die Wendungen verfolgen, von denen es viele kleine und wenig große gibt. Schnell geht es von einer Runde – einem Handlungsort, einem Perspektivwechsel – zur nächsten, sodass wir auch einfach nicht wegschauen können. Durch den Boxenstopp im zweiten und dritten Teil des Buches sortiert sich die Formation wieder und wir werden mit einigen großartigen Gesprächen und Thematiken begeistert, bevor es in den chaotischen Endspurt geht … und die Platzierung am Ende verrät uns vielleicht schon, wie die Figuren für das nächste Rennen aufgestellt sind.
Alles in allem ist Convergence ein wundervoll Trope-durchzogener Roman, der mit vielen kleinen Makeln daherkommt, über die man entweder hinwegsehen kann oder von denen man sich gestört fühlen wird. Für mich überwiegen am Ende die positiven Aspekte des Buches und ich bin mehr als gespannt auf die Fortsetzung und wie es für die Charaktere weitergehen wird, dennoch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass wir es bei dem Erwachsenenroman der zweiten Phase nicht wie bei Phase I mit der Hauptgeschichte zu tun haben, sondern eher eine Nebenhandlung verfolgen, deren Charaktere zukünftig noch eine Rolle spielen könnten. Insgesamt hätte ich mir vom Roman ein etwas ausgeglicheneres Tempo und mehr Tiefe gewünscht, behalte aber besonders die spannungsvollen, romantischen und überraschenden Momente in Erinnerung, die Zoraida Córdova uns in dieser Geschichte geliefert hat.
Vielen Dank an Random House Worlds und Random House Audio für die Bereitstellung des Rezensionsmaterials.
Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.
Endlich hatte auch ich die Zeit das Hörbuch abzuschließen. Die Geschichte wirkt auf mich, als ob man „Dallas“ mit „Denver Clan“ verschnitten hätte. Mord und Todschlag auf allen Ebenen. Ich will nicht sagen, dass ich das Buch schlecht fand, aber ständig brauche ich so etwas auch nicht.
Und da der Sprecher dieses Hörbuch, Marc Thompson, auch die Hörbücher der Thrawn Ascendancy Trilogie spricht, in denen eine Figur mit einem phonetisch wie Xiri klingenden Namen vorkommt, jubilierte eine innere Stimme in mir an den Stellen immer wieder los: „Ja, jetzt kommt gleich Thrawn und räumt hier mal richtig auf, weil er der Einzige ist, der bei all den verschiedenen Kulturen den Durchblick hat!“. 😉