Dieser Marvel-Mittwoch wühlt wieder einige vergangene Geschichten auf. In Doctor Aphra #22 muss sich Chelli Aphra unfreiwillig mit ihrer eigenen Vergangenheit und den Machtfantasien des Geistes des Ewigen Funkens auseinandersetzen. In Obi-Wan #3 grübelt Obi-Wan darüber nach, was die Rolle der Jedi im Krieg war und ist.
Wie immer noch der Hinweis, dass wir im Marvel-Mittwoch und den Kommentaren zum Beitrag die Hefte und deren Handlungen, inklusive Spoilern, detailliert besprechen.
Da die Hefte in keinem inhaltlichen Zusammenhang stehen, gibt es keine empfohlene Lesereihenfolge.
Doctor Aphra #22 – rezensiert von Matthias
Der Inhalt
Der Geist des „Ewigen Funkens“, der von Aphras Bewusstsein Besitz ergriffen hat, versucht nach Jahrhunderten der Untätigkeit nun mittels ihres Körpers seine neue Welt und Möglichkeiten zu erkunden und verstehen. Dazu nutzt er zuerst die Erinnerungen Chellis an ihre vielfältigen und wilden Abenteuer. Dies ist natürlich nicht immer angenehm für sie, aber nicht nur der Geist des Ewigen Funkens entdeckt so allerlei Neues, auch wir Leser können so einige noch unbekannte Momente aus ihrem Leben miterleben.
Der Geist hinter dem Ewigen Funken springt aber nicht wahllos durch ihre Erinnerungen, sondern versucht durch den Wechsel zwischen ähnlichen Szenen auch zu ergründen, woher er Aphra zu kennen glaubt bzw. warum sich in ihren Erinnerungen das ihm sehr vertraute Muster der Energie der Aszendenten findet. Bis er schließlich bei jenem Moment fündig wird, an dem sie die Gedankenrute auf der Vermillion eingesetzt hatte. Nachdem er noch einige weitere Recherchen mittels Aphras Wissen über Crimson Dawn und der Sammlung von Artefakten an Bord der Vermillion angestellt hat, lässt er seinen neuen Wirtskörper Kurs auf die Vermillion setzen, da er diese Artefakte für den Ausbau seiner Macht und seine Wiederauferstehung nutzen will.
Aber gerade als sie dort eintreffen, findet Aphra einen Weg, auch die Erinnerungen des Geistes des Ewigen Funken anzuzapfen und erlebt nun ihrerseits mit, was sich in den letzten Minuten des Untergangs der Aszendenten zutrug, als der Orden von Sith-Kriegern angegriffen wurde. Der Geist gehört zu einer jungen Anhängerin des Ordens, der nicht die Sith bewunderte, sondern bekämpfte. Am Ende löschte die Schaffung des Ewigen Funkens beide Gruppen im Tempel aus. Und erst jetzt wurde der Geist wieder freigelassen und kann ihre Geschichte erzählen. Aber sie trachtet immer noch danach, mehr Macht zu erlangen und will dafür jedes Artefakt nutzen, welches ihr dabei helfen kann. Und wie das Leben so spielt, scheint Aphra einen Gutteil ihres geheimen Wissens über eben jene ausgerechnet in den Speicherbänken ihrer beiden stets mordlustigen Killerroboter Triple-Zero und BT-1 verborgen zu haben. Ob dies nur ein Trick von Aphra ist, mit dem sie den Geist auf eine falsche Fährte locken will oder die Wahrheit ist, werden wir erst in den nächsten Heften erfahren.
Die Umsetzung
Alyssa Wong verwebt erneut sehr geschickt Altes und Neues in diesem Plot. Die Entwicklung ist flüssig und stringent, aber nicht wirklich spannend. Wie wichtig diese Szenen und damit das Heft für das Schicksal von Dr. Aphra sein werden, muss sich erst noch zeigen, aber der Umstand, dass immer mehr von ihrer Vergangenheit hier mit eingebracht wird, verstärkt das Gefühl bei mir, dass wir hier über Kurz oder Lang auf ein großes Finale der Reihe hinsteuern. Trotzdem oder gerade deshalb freue ich mich auf das Wiedersehen mit den beiden sympathischen Killer-Droiden.
Leider sehen wir in diesem Heft erneut einen Wechsel im Künstlerteam, der meiner Meinung nach dem Comic nicht guttut. Die Kombination von Minkyu Jung und Natacha Bustos hat zwar Schlimmeres (vgl. Bounty Hunters-Reihe) verhindert, aber trotzdem ein Absacken der zeichnerischen Qualität des Comics nicht vermeiden können. Rachelle Rosenberg versucht mit ihren Mitteln zumindest im farblichen Bereich den gewohnt hohen Standard zu erhalten. Der Hintergrund für diese Rochaden ist mir unbekannt, ich hoffe nur, dass es sich um eine vorübergehende Überbrückungsmaßnahme handelt.
Fazit
Inhaltlich und zeichnerisch diesmal nicht ganz auf dem üblichen Niveau, aber ganz sicher auch kein schlechtes Heft. Immerhin hat es die Geschichte gut vorangetrieben und bereitet ein größeres Finale vor.
Obi-Wan #3 – rezensiert von Lukas
Unglücklicherweise der Krieg.
Obi-Wan, Star Wars: Episode III Die Rache der Sith
Mit einem erneuten Zeichnerwechsel steht bei der dritten Ausgabe der Miniserie rund um den legendären Jedi-Meister, der diesen Sommer nicht über zu wenig Werke mit sich im Mittelpunkt klagen kann, auch eine kleine Änderung im Marvel-Mittwoch an. Statt Patricia übernehme ausnahmsweise ich die Besprechung dieser Ausgabe #3 „Darkest Before the Dawn„, der Rest der Reihe wird aber wie gewohnt wieder von ihr rezensiert werden. Als Fan von The Clone Wars war dies auch eine Ausgabe, auf die ich mich besonders gefreut hatte und gespannt war, ob das Flair der Klonkriege, die in Comicform seit dem Kanon-Cut noch etwas kurz kamen, eingefangen werden konnte.
Inhalt
Der Sandsturm, dessen sich nähernde Ankunft Obi-Wan in seiner Hütte und an sein Tagebuch festsetzt, erreicht bereits die Gegend um die Farm der Familie Lars, was Obi-Wan zum Nachdenken über die Bürde des Jungen und den langsam die Galaxis einhüllenden Mantel des Bürgerkriegs bringt. Wie wir den alten Obi-Wan seit Episode IV charakterisiert kennen, verknüpft er diese Vorahnungen auch mit dem Fortgang seines eigenen Schicksals und weiß, dass sich seine lange Zeit auf Tatooine langsam ihrem Ende nähert. Dieser Gedankengang, der – wie wir es von den ersten Ausgaben von den Tagebucheinträgen schon gewohnt sind – in äußerst blumiger und dramatischer Sprache stattfindet, führt ihn zu der Frage, was die Bestimmung eines Jedi-Ritter im Krieg sein möge. Die Klonkriege haben die wichtigste und verlustreichste Zeit seines Lebens geprägt, weswegen es auch interessant ist, dass sich in Obi-Wans überschaubaren Besitztümern noch Elemente seiner alten Rüstung befinden, wie er sie in den ersten Staffeln der Animationsserie The Clone Wars getragen hat. Er erinnert sich an die frühen Tage des Krieges und insbesondere an seinen alten Freund Commander Cody, wo er sich einen ironischen Kommentar, dass all seine alten Freunde ihn früher oder später töten wollen, nicht verkneifen kann.
Als die eigentliche Handlung der diesmal erzählten Geschichte einsetzt, nehmen die Tagebucheinträge, die als Art „Voice Over“ fungieren, einen deutlich geringeren Part ein, als es noch in Ausgabe #2 der Fall gewesen war. Stattdessen bestimmen Kriegseinsatzbesprechungen, Befehle und Kampfansagen den Großteil der Dialoge, genau wie wir es aus der Serie gewohnt sind. Wir lernen neue Soldaten wie AR-9771, genannt „Airo“, kennen, damit wir mit seinem späteren Verlust ein Beispielschicksal haben, dass die Botschaft des Hefts transportieren soll. Der Kampfeinsatz selbst, bei dem es um die Eroberung einer Brücke zur Erbeutung der Pläne einer neuartigen Ionenwaffe geht – eine typische TCW-Ausgangslage also – folgt dem bekannten Schema aus der Ära. Es werden mit LAAT-Kanonenbotten, von denen einige im Landeanflug abgeschossen werden, Truppen ins Kampfgebiet gebracht und Obi-Wan befindet sich im für ihn bereits vertrauten Getümmel der Schlacht, als plötzlich die Sonne aufgeht und ihn daran erinnert, dass er überhaupt nicht dort sein will, wo er jetzt ist. Er will keine Schlacht schlagen, keinen Krieg führen. Es erinnert ihn an seine Essenz als Jedi und seinen Schwur, Leben zu schützen und zu bewahren, woraufhin sich sein Kampf wieder weniger auf die Mission, als auf das Beschützen seiner Soldaten konzentriert. Erst als sich das Blatt wieder wendet und nur noch Tod und Zerstörung um ihn herum herrschen, verfliegt dieses Gefühl wieder. Schließlich kommt der Befehl, die Brücke zu zerstören, obwohl sich noch zahlreiche Truppen der Republik, viele verwundet, auf dieser befinden.
Am Ende des Hefts betrachtet der von der Schlacht gezeichnete Obi-Wan wiederum den Sonnenaufgang und holt sich die Erinnerung zurück, dass das Licht immer noch siegen kann, obwohl dieser Kampf nicht der letzte des Krieges war. Damit verfolgt Autor Christopher Cantwell weiterhin seine Linie, Heft für Heft den alten Ben Kenobi wichtige Lektionen über das Licht und das Wesen eines Jedi in Erinnerung rufen zu lassen, die über die Hefte aufeinander aufbauen und langsam ein spirituelles Gesamtbild ergeben, auch wenn die einzelnen Geschichten selbst außer der Beteiligung der Hauptfigur nichts miteinander zu tun haben. Leider fand ich die Story jedoch etwas mit Charakteren überladen, auch wenn viele nur kurz auftretende wie Admiral Yularen bereits bekannt sind. So konnten wiederum auch neue Figuren wie Mekedrix, Oron und Airo keinen Raum gewinnen, ähnlich wie es auch mit Kenobis Jünglingfreundin Gehren in Ausgabe #1 der Fall war. Es ist und bleibt eine Serie über die Titelfigur und der Fokus bleibt bei ihm und seinem episch ausformulierten Innenleben, alle anderen Figuren verkommen lediglich zu Randerscheinungen.
Zeichnungen
Es bleibt bei der Struktur, dass jede Ausgabe von jeweils anderen Personen gezeichnet und koloriert wird. Möglicherweise soll dies die Geschichten, die schließlich unterschiedliche Stationen seines Lebens abdecken, noch deutlicher voneinander abgrenzen, dann hätte es mir jedoch besser gefallen, wenn die Rahmenhandlung einheitlich gezeichnet worden wäre und die jeweiligen Geschichten unterschiedliche Stile aufwiesen. Leider ist dies nicht der Fall, sodass wir nun drei sehr unterschiedliche Looks auf den alten Ben in seiner Hütte präsentiert bekommen haben und in den abschließenden beiden Ausgaben auch zwei weitere erhalten. Darüber hinaus empfinde ich diese Ausgabe von Zeichner Allesandro Miracolo und Kolorist Frank William als die optisch bisher schwächste der Reihe. Miracolos sehr stilisierte Gesichter, die vor allem in undetaillierten Aspekten wie Bärten deutlich werden, sollen wohl an den Look der Animationsserie, in dessen Fahrwasser wir uns ja chronologisch betrachtet befinden, erinnern, leider steht dieser Stil jedoch in Kombination mit Williams grellen Farben eher im Gegensatz zu der von den Schrecken des Krieges erzählenden Geschichte. Ein düsterer, realistischerer Stil wie die von Ario Anindito oder Luke Ross aus den ersten Heften mit passender Kolorierung hätte die Atmosphäre besser eingefangen und auch auf die Leser*innen transportiert. Nichtsdestotrotz freut es mich jedoch, dass Obi-Wans Outfit und die Phase-I-Rüstungen der Klone zu dieser frühen Zeit des Krieges passend dargestellt wurden, da auf Phil Notos Standard-Cover fälschlicherweise Rüstungen der Phase II zu sehen sind.
Fazit
Insgesamt nimmt diese Ausgabe nach den ersten beiden etwas ab, zieht jedoch zumindest inhaltlich weiter die klare Struktur der Miniserie durch. Auf die begrenzte Seitenzahl bezogen findet die in diesem Heft erzählte Geschichte in angemessenem Erzähltempo statt und schafft es auch, Obi-Wans sprachlich stark ausformulierte Gedanken in den Hintergrund zu stellen und den Fokus auf die Geschichte zu legen, auch wenn diese sehr actionlastig ausfällt. Der durch Zeichnungen und Farben erzeugte Look erscheint jedoch unpassend, wobei ich aber auch ein durchgängiges Kreativteam innerhalb der Miniserie klar bevorzugt hätte.
Mit Doctor Aphra #23 soll am 24. August weitergehen, Obi-Wan #4 folgt dann voraussichtlich am 31. August. Für nächste Woche steht dann nur Galactic Starcruiser: Halcyon Legacy #5 auf dem Programm, welches diese Mini-Reihe dann auch abschließen wird.
Wir danken Marvel für die Bereitstellung der digitalen Vorab-Exemplare, ohne die unser Marvel Mittwoch nicht möglich wäre.