Es ist Dezember und Star Wars: The Old Republic feiert diesen Monat seinen zehnjährigen Geburtstag! Das MMORPG startete am 20. Dezember 2011 offiziell und gibt uns seitdem die Möglichkeit uns als eine von acht Klassen auf zwei verschiedenen Seiten in Abenteuer zu stürzen und wird seither kontinuierlich – mal schneller, mal langsamer – mit neuen Inhalten versorgt. Wir wollen in den kommenden Wochen zu diesem Anlass ein paar Rezensionen und JediCasts veröffentlichen, um den Geburtstagsmonat Dezember ganz im Licht von SWTOR erstrahlen zu lassen.
Den Anfang macht heute der erste Comic-Sammelband Bedrohung des Friedens. Dieser entstand ursprünglich nicht als Comic, wie wir es heute von den Marvel-Veröffentlichungen kennen, sondern als kleinteilige Reihe auf der Website des Spiels. Später wurde die Handlung dann in einer klassischen Print-Version von Dark Horse veröffentlicht und in Deutschland am 13. Dezember 2010 – also ein Jahr vor offiziellem Spielstart – bei Panini als Sonderband umgesetzt.
Inhaltlich bewegen wir uns hier sehr nah am sogenannten Vertrag von Coruscant, der auch im Spiel eine zentrale Rolle einnimmt und Ausgangspunkt für einige Spannungen im Verlauf der Story darstellt. Während eine Jedi-Delegation versucht auf Alderaan einen Frieden auszuhandeln, greift das Imperium unter Darth Angral Coruscant an und erpresst die Delegation die Bedingungen des Vertrages anzuerkennen. Einige Jedi sind damit nicht zufrieden und jeder Fehltritt einer der Seiten hat das Potenzial das Pulverfass erneut entzünden zu lassen.
Eine Vorgeschichte für (fast) jede Figur
Aus den acht verschiedenen Klassenstories des Spiels trifft man viele verschiedene NPCs, die einem entweder als Meister, Mentor, Antagonist oder nur als Auftraggeber begegnen. Manche sind zur Zeit des Spiels sogar schon Legenden oder stehen auf der anderen Seite des Krieges. Dieser Comic schafft es beinahe hervorragend fast alle Auftraggeber und wichtigen Figuren einer jeden Klassenstory einzubauen. Ob Orgus Din oder Darth Angral im Falle des Jedi-Ritters über Brendan als Mentor des Kopfgeldjägers bis hin zu Darth Baras als Meister des Sith-Kriegers oder Nok Drayen als Legende der Unterwelt und Bezugspunkt des Schmugglers. Trotzdem werden nicht alle Klassenstories zwanghaft eingebaut, was verhindert die Story komplett dem Auftritt bestimmter Figuren zu opfern.
Das alles hat aber auch einen Preis: Die Handlung springt gerade in den ersten beiden Teilen der dreiteiligen Handlung sehr oft hin und her und das mag natürlich auch an der ursprünglichen Veröffentlichung liegen. Dabei wurde die Handlung wöchentlich über ein Jahr lang in dreiseitigen Kapiteln auf der Website des Spiels erzählt und das merkt man dem Sammelband selbstverständlich an. Wenn man das Spiel gespielt hat, hilft das natürlich ungemein dabei die Figuren und Schauplätze zuzuordnen. Trotzdem erfüllt es in meinen Augen auch aufgrund des ersten Punktes sehr gut die Aufgabe einer Origin-Story für die wichtigsten NPCs, woraufhin man im Spiel selbst einen Aha-Moment haben könnte und feststellen kann: Diese Figur kenne ich und ich war dabei, als der Jedi-Tempel zusammen mit dessen Schüler darin einstürzte. Die Geschichte macht einfach Lust auf das Spiel und genau das war letztlich das Hauptziel, aber kann die Handlung auch an sich überzeugen oder leidet sie zugunsten der möglichst umfangreichen Charaktervorstellung?
Ein Frieden, der keiner ist
Lange bevor ich die Comics nachgeholt und die Romane gelesen hatte fand ich die Konzeption des Vertrags von Coruscant genial. Es zwingt die Parteien zu einem Übereinkommen, was aber noch lange kein Frieden ist. Eine Seite stellt die Bedingungen und das nur, weil das Imperium klug genug war strategisch aufs Ganze zu gehen. Sowohl im Roman Betrogen, als auch natürlich im Spiel selbst ist der „Vertrag“ daher immer wieder ein Streitthema und letztlich bricht der Frieden auch im Laufe der Spielhandlung und der Krieg entflammt von neuem. Das witzige daran ist, dass er nie aufgehört hat; man hat ihn nur nicht so genannt und die Augen verschlossen. Das kommt auch in diesem Comic zur Geltung. Das Imperium beschuldigt sich gegenseitig fahrlässig zu handeln und die Erfolge zu gefährden (Baras gegen Angral), während auf Seiten der Republik beziehungsweise der Jedi aktiv daran gearbeitet wird diesen Frieden wieder zu torpedieren. Was erwartet man auch von einem Frieden, der eigentlich keiner ist. Diese Beobachtung zieht sich bis ins Spiel durch, wo Imperiale plötzlich in der Unterwelt Coruscants die Strippen ziehen, oder die Republik heimlich den balmorranischen Widerstand unterstützt und nimmt hier eben seinen glaubhaften Anfang.
Abgesehen von einer guten Darstellung des eher problematischen „Friedens“ zeichnet auch die restliche Handlung ein breites Bild einer dynamischen Galaxis. Überall agieren Figuren, schmieden Ränke und arbeiten auf ihre Ziele zu und mittendrin befindet sich die spätere Großmeisterin Satele Shan. Auch – und das ist positiv hervorzuheben – schaffen es einige spannende, rein für den Comic erschaffene Figuren ins Rampenlicht, allen voran die konspirative Dar’Nala (ehemalige Meisterin von Satele) oder der für Balmorra kämpfende Fortris Gall.
Die Handlung webt sich also um den Vertrag von Coruscant herum und nutzt diesen als Ankerpunkt für viele kleine Episoden, die doch am Ende immer ihr Ziel und ihren Sinn finden. Nebenbei werden die Figuren noch in Stellung und spätere Konfliktkonstellationen gebracht (beispielsweise Orgus Dins Fehde mit Darth Angral), die auch im Videospiel wieder aufgegriffen werden. Sogar Sateles Schwäche für Soldaten der Republik spielt auf ihre Beziehung mit Jace Malcom und ihren heimlichen Sohn an. Was ich damit sagen will ist, dass man den Sammelband durchaus auch genießen kann, wenn man das Spiel noch nie gespielt hat beziehungsweise es auch in naher Zukunft nicht vorhat (schließlich hatte man ursprünglich ja auch nicht die Möglichkeit dazu). Einem muss nur klar sein, dass die Handlungen der im Spiel wichtigen Figuren keinesfalls abgeschlossen werden, da es sich hier um eine Vorgeschichte zentraler Figuren und eines zentralen Ereignisses handelt. Aber da zwischen dem Comic und dem Beginn der Spielhandlung zehn Jahre liegen, muss man auch nicht davon ausgehen, dass die Rollen der Figuren 1:1 ins Spiel übergehen werden und so setzt der Comic keine Spielkenntnis voraus (was gegeben seiner ursprünglichen Veröffentlichung ja auch logisch ist), um die Figuren wirklich zu verstehen, sie hilft eben lediglich in manchen Situationen die Figuren besser zu verstehen beziehungsweise besser zu verorten.
Die Zeichnungen
Dieser Sammelband bewegt sich auf einem recht durchschnittlichen Niveau. Die Figuren sind meistens sehr gut zu erkennen und zuzuordnen, auch wenn sie nicht immer ihrem tatsächlichen Aussehen im Spiel entsprechen. So hat Orgus Din sich in den zehn Jahren wohl einer Haarwachskur unterzogen und Nok Drayen einige Pfunde verloren. Doch wie gesagt, da das Ende des Comics nicht direkt ins Spiel mündet, sind das verschmerzbare ja sogar realistische Abweichungen. Nur Baras Modeberatung hat sich seit den Vertragsverhandlungen drastisch verschlechtert.
Die Panels sind sehr einfach gehalten meist befinden sich klassisch 4 Panels übereinander, die jeweils die ganze Seitenbreite einnehmen und selten werden auch mal zwei Panel nebeneinander gezeigt. Wirklich kreative Darstellungsformen oder auch beeindruckende Doppelseiten kommen nie zum Einsatz. Auch das scheint an der Art der Veröffentlichung zu liegen, da in Band II und III die Panel etwas dynamischer auf der Seite verteilt werden (Band II wurde auch als Webcomic veröffentlicht, jedoch mit je sieben Seiten pro Woche). Doch entgegen der Anordnung der Panels ist der Detailgrad in diesen durchaus positiv. Die Umgebungen werden in den richtigen Momenten gut dargestellt und man findet sich in den meisten Fällen gut zurecht. Das ist ja bekanntlich auch notwendig, da die Handlungsorte sehr oft wechseln und so Umgebung und Figuren deutlich erkennbar sein müssen, um sich zurechtzufinden. Alles in allem kann man sich also über die Zeichnungen von Alex Sanchez nicht beschweren, muss aber auch nicht in Begeisterungsstürme ausbrechen. Gleiches gilt für das Lettering von Michael Heisler, das – gegeben der Panel-Struktur – ebenso simpel und orientierungsunterstützend gehalten ist.
Der nötige Kontext
Besonders hervorheben möchte ich noch die Anmerkungen zu The Old Republic von Rob Chestney, welche am Ende des Bandes enthalten sind und neben wichtigen Planeten auch mehr zu den auftretenden Figuren verraten. Dabei erhalten wir auch Einblicke in die Gedanken der Figuren bei ihrem Handeln im Comic und kleine Ausblicke auf ihren späteren Lebensweg. Wie gesagt erschien der Sammelband damals ein Jahr vor dem Spiel und damit sind darin natürlich keine genauen Angaben zum weiteren Verbleib der Figuren zu finden, aber es werden Anspielungen versteckt, die man sofort versteht wenn man das Spiel gespielt hat und auf alle anderen nur generisch wirken und nicht wirklich essentielles verraten. Dieser Abschnitt ist also gerade für Nicht-Spieler des Videospiels ein guter Anlaufpunkt, um die Figuren noch besser ein- und zuordnen zu können.
Obwohl es ihm nicht gelingt, Satele Shan zu korrumpieren, ist Baras‘ Einfluss an verschiedenen Fronten am Werk, und am Schluss des Comics durchziehen seine Fäden nur noch mehr die politische Struktur der Sith. Eines steht fest: Eines Tages wird Baras seinen Schachzug wagen. Erst dann wird sich das wahre Ausmaß seiner ehrgeizigen Absichten zeigen.
Ende des Eintrags zu Darth Baras
Fazit
Mit Bedrohung des Friedens hat man sich genau die richtige Story für einen Webcomic ausgesucht und diese auch passend aufgebaut. Dadurch erfährt jeder – nicht nur die Leser des Romans Betrogen – vom zentral wichtigen Vertrag von Coruscant und lernt gleichzeitig noch sehr viele wichtige Figuren für die jeweiligen Klassenstories kennen. Dass man jedoch nicht alle Klassenstories abgedeckt hat (wie beispielsweise Jedi-Botschafter oder Agent) zeigt, dass es schlussendlich doch auch Sinn ergeben muss und man nicht einfach eine Handlung opfern will, um alle Questgeber vorher ins Rampenlicht zu stellen obwohl sie gar nichts sinnvolles beizutragen hätten. Ich kann diesen Comic also vor allem Spielern oder angehenden/ehemaligen Spielern des MMORPGs empfehlen, aber auch ohne Verbindungen zum Videospiel erhält man eine spannende Geschichte vom Kampf zwischen Sith und Jedi sowie von spannenden Intrigen rund um einen vermeintlichen Frieden, der seinen Schatten auf das Videospiel voraus wirft.