Rezension: Out of the Shadows von Justina Ireland

Die zweite Romanwelle zu Star Wars: The High Republic, die letzten Monat mit dem Del-Rey-Roman The Rising Storm und dem Jugendroman Race to Crashpoint Tower begann, findet nun mit dem Young-Adult-Roman Out of the Shadows von Justina Ireland ihren Abschluss (wobei natürlich nach wie vor viele Comics, ein Manga und ein Hörspiel ausstehen). Out of the Shadows erscheint in den USA am 27. Juli bei Disney-Lucasfilm Press und bereits am 26. Oktober hierzulande als Aus den Schatten bei Panini. Die versetzte US-Erscheinung im Bezug zur restlichen zweiten Welle begründet sich unter anderem darin, dass Out of the Shadows einige Monate nach den Ereignissen auf Valo in The Rising Storm spielt, also empfiehlt es sich hier, die in meinem „Ersten Eindruck“ vom 26. Mai vorgeschlagene Lesereihenfolge einzuhalten.

Inhaltlich hat Out of the Shadows drei jugendliche Protagonisten. Einerseits eine neue Figur, die Frachterpilotin Sylvestri Yarrow, die ihre Mutter an die marodierenden Nihil verloren hat und nun bei einem weiteren Überfall auch ihr Schiff – und das in einem angeblich leeren Sektor der Galaxis. Frustriert geht sie nach Coruscant, um sich bei der Republik Hilfe zu suchen, doch will sie dort niemand recht anhören – bis auf den reichen Industriellen Xylan Graf… Aber es wäre kein Buch aus der Ära der Hohen Republik ohne Jedi-Präsenz, und die wird hier durch inzwischen altbekannte Gesichter gesichert, nämlich Vernestra Rwoh (mit Padawan Imri im Schlepptau) und Reath Silas (selbst im Schlepptau seines neuen Meisters Cohmac Vitus). Neben Syl, Reath und Vernestra (die niemals Vern genannt werden sollte) als Protagonisten gibt es aber auch wieder eine Reihe von Antagonisten, aus denen die Nihil Nan aus Into the Dark nennenswert hervorsticht. Weitgehend bleibt es auch bei den Perspektiven der genannten Figuren, die immer wieder durchwechseln, weswegen es leicht ist, der Handlung zu folgen, obwohl sich in den Szenen auch viele Nebenakteure tummeln.

Der aufmerksame Leser merkt bereits – Justina Ireland führt ihren Cast aus A Test of Courage zumindest teilweise mit Claudia Grays Figurenraster aus Into the Dark zusammen, was dadurch, dass die Charaktere allesamt inzwischen weit über ein Jahr gealtert sind, auch gut funktioniert. Ireland gibt jeder Figur (mindestens) einen definierenden Konflikt: Vernestra ringt mit den Eingebungen der Macht, die sie immer wieder erhält, und ihrem Status als jüngste Jedi-Ritterin seit Generationen; Reath ringt nach wie vor mit seiner mangelnden Abenteuerlust, entdeckt aber auch neue, hilfreiche Seiten seiner selbst, während er damit klarkommen muss, wie weit seine Altersgenossin Vernestra ihm voraus ist; Sylvestri muss indes genau abwägen, wem sie vertrauen kann, und sich mit dem Ballast ihrer Familiengeschichte auseinandersetzen – und mit einer Verflossenen, die wieder auf die Bildfläche tritt. Nan hingegen möchte sich in den Augen, Pardon, dem Auge der Nihil beweisen und bekommt eine persönliche Mission von Marchion Ro und Lourna Dee, bei der für die Nihil viel auf dem Spiel steht. Auch sekundäre Charaktere – wie Imri, Xylan Graf oder Jordanna – werden von Ireland mit viel Liebe ausgearbeitet. Imri, den ich in A Test of Courage anfangs noch störend empfand, bekommt durch seine Empathiefähigkeit und die Folgen seines Ausflugs auf die dunkle Seite hier auch mehr Tiefe und sorgt zugleich für weitere Probleme für Vernestra, die inzwischen ziemlich viel Last auf den Schultern trägt.

Ich möchte aus meiner Verehrung für dieses Buch keinen Hehl machen. In den letzten Jahren – zwischen Padmé, Poe und diversen Belanglosigkeiten sowie dem für mich nicht ganz so gelungenen Into the Dark – hatte das YA-Medium bei Star Wars ein bisschen von dem Reiz verloren, den Claudia Gray ihm dereinst mit Lost Stars oder Leia, Princess of Alderaan eingehaucht hatte. Dankenswerterweise lässt man Justina Ireland – eigentlich renommierte YA-Autorin, bei Star Wars vormals aber nur auf Jugendromane beschränkt – nun auf diese Altersgruppe los und sie bringt endlich den frischen Wind hinein, den ich so lange vermisst habe. Insgesamt nachvollziehbare Charaktere, durchweg spannende Figuren- und Plotentwicklungen, interessnate Enthüllungen zu den Kernmysterien der ersten Phase von Star Wars: The High Republic – all das und mehr erwartet die Leserschaft in Out of the Shadows und fesselte mich von der ersten bis zur letzten Seite.

Out of the Shadows verlässt sich sehr auf unerwartete Wendungen, aber anstatt uns einfach nur ein schwer verdauliches Menü aus „Deus Ex Machina“-Momenten vorzusetzen, nimmt Ireland sich danach stets auch Zeit, diese neuen Informationen bei den Lesenden einsacken zu lassen. Folglich bedeutet „unerwartet“ hier keinesfalls „unlogisch“, da kann ich euch beruhigen. Durch die zeitliche Einordnung und auf galaktischer Ebene ist dieser YA-Roman überdies fast schon ein Sequel zu The Rising Storm, doch durch den Fokus auf (weitgehend) andere Charaktere bleiben zumindest einige Charakterentwicklungen aus Cavan Scotts Roman „ungespoilt“, falls dies für eure Lesereihenfolge (hallo, Deutsch-Leser) relevant sein sollte. Dennoch darf man sich über kurze Auftritte wichtiger Roman- und Comic-Jedi freuen, auch welche, die man in The Rising Storm vermisst hat. Weiterhin glaube ich, dass nach Abschluss dieses Buches alle wichtigen zu erwartenden Charakter-Cameos aus der Film-Ära abgehandelt wurden, und das zudem auf (weitgehend) organische Weise. Lediglich eine Erwähnung am Ende des Buches fand ich etwas zu symptomatisch für das „Small Galaxy Syndrome“, bin aber gespannt, (ob) was daraus wird.

Die obligatorischen Querverweise – neben den bereits genannten – dürfen natürlich auch nicht fehlen. Die Forscherfamilie Graf ist uns bereits aus der klassischen Ära bekannt, wenngleich in der Zwischenzeit wohl sehr viel mit dieser passiert ist. Wir werden dazu noch Zeugen einer Szene, die ich auch im Comic Trail of Shadows zu sehen erwarte (quasi ein „backdoor pilot“ für die neue Miniserie von Daniel José Older), und lernen endlich eine gewisse Senatorin kennen, die bereits mehrfach erwähnt wurde. Durch all dies verankert sich Out of the Shadows – genau wie der Rest von The High Republic – trotz der neuen Ära wunderbar in der etablierten Galaxis, wie es sich für eine Star Wars-Geschichte gehört. Wenn nur manch anderes Projekt der letzten Jahre so sehr darauf geachtet hätte…

Zentral für den Hauptkonflikt, aber auch das Worldbuilding in Out of the Shadows ist der Hyperraum, und so werden einige Elemente aus Light of the Jedi – Hyperraumphysik und -Phänomene, Familien wie die San Tekkas und Grafs, aber auch die Interaktion von Macht und Hyperraum – hier gewinnbringend wieder aufgegriffen. Dies verleiht diesem recht intimen Charakterroman dann doch auch die Relevanz für das Gesamtprojekt, die ihn in meinen Augen zur Pflichtlektüre macht. Einige Steine, die in Light of the Jedi und The Rising Storm nämlich noch fest standen, bringt Out of the Shadows ins Wackeln oder wirft sie gleich um, sodass ich gespannt bin, wie die Jedi und Nihil sowie die Republik als Ganzes in kommenden Werken reagieren werden. Ich habe nur eines zu bemängeln, und zwar dass mir am Ende des Buches gerne noch kurz die Perspektive von Marchion Ro gehabt hätte. Warum? Das seht ihr dann selbst.

Insgesamt gesehen zementiert sich Justina Ireland nun mit zwei sehr guten Büchern als absoluter Gewinn für das The High Republic-Team. Out of the Shadows lässt einen mit seinen Protagonisten emotional mitfiebern, erkundet in ruhigeren Momenten auch die politische und ökonomische Arena von Coruscant, was spannende Einblicke in die „High Society“ erlaubt, und treibt die zentralen Mysterien des Projekts voran. Und wenn Vernestra Rwoh nicht spätestens jetzt zumindest in euren „Top 3 Jedi der Hohen Republik“ gelandet ist, kann ich euch auch nicht mehr helfen. Ich werde ihre Karriere jedenfalls mit großem Interesse verfolgen, auch wenn sie wirklich mehr mit den Jedi in ihrem Umfeld kommunizieren sollte. Ich spreche eine ganz klare Leseempfehlung aus!

Weiter geht es in der Hohen Republik nun – neben den monatlichen Comics – am 31. August mit dem Hörspiel Tempest Runner von Cavan Scott, in dem Lourna Dee im Fokus stehen wird. Wer aber nun auch alle drei Romane der zweiten Welle gelesen hat, oder auch nur Out of the Shadows – wie fällt euer Fazit aus? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen!

Wir danken Disney-Lucasfilm Press für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

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Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.

7 Kommentare

  1. Freue mich nach dem großartigen „rising storm“ schon drauf.
    Weiß jemand, wo ich das als ePub Version (nicht Kindle) kaufen kann? Bei den einschlägigen Händlern wird immer nur die physische Version aufgeführt …

    1. Soweit ich weiß liegt das daran, dass für Bücher, die bei Disney-Lucasfilm-Press und nicht Del Rey erscheinen, in Deutschland keine E-Book-Lizenz existiert und nur die deutschen Übersetzungen von Panini als E-Book erscheinen. Daher wird man die bei einem deutschen Händler leider weder in mobi noch epub-Formaten finden.

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