Alle Kriege verändern jene, die in ihnen kämpfen – auf eine Art und Weise, die niemand vorhersehen kann.
Shaak Ti
Der 116. Band der Comic-Kollektion Klonkriege: Licht und Schatten enthält fünf Einzelgeschichten, die hauptsächlich in der Anfangsphase des titelgebenden Krieges stattfinden. Inhaltlich verknüpft sind sie dabei durch den Jedi, Doppelagenten und gefährlich nahe auf dem Weg zur Dunklen Seite wandelnden Quinlan Vos. Auch das Kreativteam bleibt stets gleich, die Storys stammen vom später auch bei den Legacy-Comics hervorragend zusammenarbeitenden Dreamteam: von Szene-Altmeister John Ostrander als Autoren (der in den 80ern für DC Comics die inzwischen sehr bekannte Suicide Squad geschaffen hat) und Zeichnerin Jan Duursema. Unterstützung erhalten sie dabei von Dan Parsons an der Tusche, wobei die Farben von Brad Anderson stammen.
Die einzelnen Kapitel sind sowohl von der Zeitabfolge, als auch dem Erscheinungsdatum der Erstveröffentlichung chronologisch im Band angeordnet, sodass man dem übergeordneten Handlungsstrang folgen und sich auch über Querverweise freuen kann. Bei dreien der Geschichten handelte es sich zudem ursprünglich um Spezialhefte im Überformat mit 40 statt den gängigen 20 bedruckten Comicseiten. Bei den übrigen beiden handelt es sich um die Einzelhefte #54 und #63 der Serie Republic. Summa Summarum erreicht der Band damit eine im Vergleich zu anderen Bänden der Kollektion stattliche Dicke von 184 Seiten, wovon 160 allein die regulären Comicseiten ausmachen. Für den wie immer üblichen Coverpreis von 14,99€ bekommt man hier also vor allem im Vergleich zu dünneren Ausgaben einiges geboten. Inhaltlich ist der Band übrigens beinahe deckungsgleich mit dem Star Wars Sonderband #22 Klonkriege IV: Licht und Schatten von 2004, in dem Panini 4 der abgedruckten US-Hefte erstmals in deutscher Sprache veröffentlicht hat. Lediglich Jedi: Shaak Ti wurde in Sonderband #19 Klonkriege II erstveröffentlicht. Nach einem Nachdruck in den übergroßen Klonkriege Premium Bänden wurde Sonderband #22 abermals 2009 im Zuge der The Clone Wars-Serie neu aufgelegt als Clone Wars #4: Licht und Schatten und Sonderband #19 als Clone Wars #2: Im Visier des Bösen. Die vorliegende Ausgabe bietet nun also die erste Möglichkeit seit über 10 Jahren, die entsprechenden Comics in deutscher Sprache zu lesen. Und zu diesen kommen wir nun jeweils im Detail.
Shaak Ti
In der ersten Geschichte begleiten wir Jedi-Meisterin Shaak Ti fünf Monate nach der Schlacht von Geonosis in eine weitere Schlacht auf dem Planeten Brentaal IV, mit dem militärischen Ziel, die von Count Dooku unterstützte Regierung zu stürzen und den Planeten wieder unter republikanische Kontrolle zu bringen. Dabei tut sie sich mit zwielichtigen Gestalten zusammen, von denen jedoch eine eine gemeinsame und unschöne Vergangenheit mit Shaak Ti hat und es sich bei einem weiteren um niemand geringeren als den verdeckt ermittelnden Quinlan Vos handelt, der den roten Faden zu allen fünf Geschichten bildet.
Beim ersten Kapitel handelt es sich gleich um das actionreichste des Bandes, und auch um die Geschichte, die am meisten von dem bietet, was man von einem Klonkriegs-Comic erwartet. Auf den ersten Seiten liefert Zeichnerin Jan Duursema ein fabelhaftes, dynamisches Schlachtfeuerwerk ab, in dem wir Kanonenboote, Klonsoldaten und Kampfdroiden sehen, und der Aufbau der Geschichte erinnert mit seinem Missionsziel des feindlichen Hauptquartiers, das es zu infiltrieren gibt, an ähnliche Clone Wars-Geschichten. Mit der Einführung der Truppe aus Schurken, die sich Shaak Ti anschließen, von der manche aber ihre ganz eigenen Pläne verfolgen, beweist Autor John Ostrander wieder, dass es ihm auch in einem einzigen Heft gelingt, zwielichtige und doppelmoralische Figuren darzustellen und spannend zu schreiben. So erleben wir auch ein paar Wendepunkte, welche die Story durchaus rund machen.
Licht und Schatten
Bei der Titel- und Cover-liefernden Geschichte des Bandes, bei der es sich um eine reguläre 20 Seiten betragende Geschichte handelt, verfolgen wir Quinlan Vos sechs Monate nach der Schlacht von Geonosis, während er sich voll und ganz in seinem Element befindet, nämlich in der Unterwelt. Er ist gerade dabei, über seine Kontakte den Separatisten gefälschte Informationen zuzuspielen, als Jedi-Meister Agen Kolar auftaucht und ihn im Auftrag des Hohen Rats der Jedi nach Coruscant zurückbringen soll.
In dieser Geschichte beginnt das allgemeine Misstrauen deutlich zu werden, welches die Jedi Quinlan Vos und seinen unorthodoxen Methoden gegenüber bringen. Weder der Leser, noch Vos‘ Jedi-Kollegen können sich sicher sein, wie sehr er sich bereits vom Orden abgewandt hat und inwiefern alles nur zur Erfüllung des Plans von Meister Tholme gespielt ist. Diese Ungewissheit macht einen großen Teil der Spannung in diesem und den folgenden Kapiteln aus. Vos muss moralisch fragwürdige Dinge tun, zum Beispiel andere Jedi bekämpfen, alles nur, damit seine Tarnung nicht auffliegt – oder weil er sich selbst schon an die Dunkelheit verloren hat? Insofern ist auch der Name des Kapitels als Titel für den gesamten Kollektionsband geeignet, da Vos‘ Wandeln zwischen Licht und Schatten das durchgehende Thema ist. Wer Episode III – Die Rache der Sith im Wortlaut auswendig kennt, hat zwar einen Hinweis darauf, wie Quinlan Vos‘ Klonkriegsabenteuer letzten Endes ausgehen müssen, jedoch erschienen die Comics ursprünglich vor dem Film und falls man diese Zeilen doch noch präsent hat, tut dies der Spannung trotzdem keinen Abbruch.
Aayla Secura
In diesem Kapitel, das kurz nach Licht und Schatten angesiedelt ist, spielt Quinlan Vos nur am Rand eine Rolle. Der Hauptfokus liegt hier auf seiner ehemaligen Padawan-Schülerin Aayla Secura, die sich mit anderen Jedi auf einer Mission befindet, bei der sie nicht nur auf die bekannte Attentäterin Aurra Sing trifft, sondern darüber nachdenkt, dass ihr alter Meister scheinbar der dunklen Seite verfallen und zu den Separatisten übergelaufen ist.
Dieses Kapitel bietet einen sehr schönen Blickwechsel, da wir Quinlans Entwicklung durch die Augen einer der ihm am nächsten stehenden Personen sehen. Wie schon in den anderen Kapiteln zeichnen sich auch hier die einzelnen Szenen durch sehr viel Dialog aus, wodurch Ostrander weiterhin sehr spannende Charakterzeichnung betreibt und zwischen den Einsatzbesprechungen und von Duursema toll in Szene gesetzten Actionszenen immer ein interessantes Gespräch der Hauptfiguren und ihrer Widersachern bringt. Besonders mit dieser Ausgabe wird deutlich, wie das Kreativ-Duo das Überformat der Jedi-Sonderhefte geschickt nutzt, um zusätzlich noch viele Panels pro Seite unterzubringen und aus dem Format noch mehr für die Story und seine Charaktere rauszuholen, ohne dabei auf die nötige Action zu verzichten.
Count Dooku
Zu Beginn dieser inzwischen 7 ½ Monate nach Geonosis angelegten Geschichte setzt Vos alles auf eine Karte, um endlich an sein Ziel, den Separatisten-Anführer Count Dooku, heranzukommen. Er traut ihm mit seinem (vermeintlichen?) Verrat an der Republik jedoch noch nicht, weswegen Vos auf gemeinsame Missionen mit den anderen von Dookus Dunklen Jedi geschickt wird. Dabei findet er sich spätestens in seinem Heimatsystem in mehreren moralischen Zwickmühlen wieder, die es schwer machen, gegen seine Natur als Jedi zu verstoßen.
Quinlans Handeln in diesem Kapitel dürfte auch den überzeugtesten Leser sich fragen lassen, wie weit er noch gehen wird, und ob er einfach bravourös seine Rolle spielt und dabei die Grenzen der Jedi nun einmal überschreiten muss, oder ob er nicht mehr zu retten ist und zu dem wurde, was er vorgab, zu sein. So wird es von Yoda einmal treffend formuliert. Außerdem gibt es in diesem Kapitel zwei kurze Lichtschwertduelle mit Count Dooku zu bestaunen, und auch hier bin ich, wie schon in meiner Rezension zu Darth Maul, überrascht, wie sehr Zeichnerin Duursema die auf der Leinwand vorgestellten einzigartigen Kampfstile eines Charakters perfekt in das Medium Comic zu transportieren versteht.
Angriff aus den Schatten
In der abschließenden Geschichte, die mit nun 16 Monaten nach der Schlacht von Geonosis einen großen Zeitsprung macht und wieder übliche 20 Seiten lang ist, hat sich Vos innerhalb von Dookus bereits erwähnten Dunklen Jedi als der effektivste erwiesen. Deshalb wird er nun nach Coruscant geschickt, um ein für Dookus Pläne immens wichtiges Ziel auszuschalten.
In diesem Kapitel sehen wir abschließend für den Band noch einmal Quinlan Vos als nun vollwertigen Handlanger für Count Dooku, ansonsten stellt sie aber mit die schwächste der 5 Geschichten dar. Wir bekommen zwar einen Einblick in Coruscants alltägliches politisches Treiben und wieder einen kurzen Kampf gegen einen anderen Jedi, trotzdem bietet die Geschichte keinen wirklichen Mehrwert. Dass Vos sehr nah an sein Ziel ran kommt, jedoch die falschen Schlüsse daraus zieht, wirkt auch eher konstruiert, um den nötigen Ablauf der Handlung für die Filme sicherzustellen.
Bonusmaterial
Wie immer gehen dem Band zwei einleitende Seiten voraus, die die Geschichte und ihren Hintergrund einordnet. Auf der Seite „Die Personen“ ist jedoch Panini etwas kurioses passiert. Bei der Auflistung der am Band beteiligten Kreativen sind nämlich 2 verschiedene Personen für die Farben genannt, Joe Wayne und Brad Anderson, allerdings handelt es sich hierbei um ein und dieselbe Person. Joe Wayne war lediglich bei manchen Kolorierungsarbeiten der frühen 2000er ein Pseudonym für Anderson. Auf den letzten Seiten findet sich auch wieder eine Cover-Galerie, in der jedoch nur das Artwork für die drei Jedi-Sonderhefte zu sehen ist, was insofern merkwürdig ist, dass jedes Kapitel den Band hindurch ohnehin mit seinem entsprechenden Cover-Artwork eingeleitet wird. Die 3 Jedi-Hefte sind somit also zweimal im Band abgebildet.
Fazit
Alles in allem hat mich der Band als großer Fan der Klonkriege fantastisch unterhalten. Dass er trotz der eigentlich unabhängig veröffentlichten Hefte von einem Zeichner- und Autorenduo stammt, tut den Geschichten wahnsinnig gut, da trotz dem Aufbau aus drei kleineren, abgeschlossenen Kurzgeschichten eine übergeordnete und kohärente Handlung erzählt wird. So treten Nebenfiguren wieder auf und Ereignisse aus den anderen Ausgaben finden Erwähnung, bzw. werden wieder direkt aufgegriffen und fortgesetzt. Ostranders Dialoge sind zahlreich und stark. Er setzt mehr auf kleinere Panels pro Seite und seltener auf dafür umso eindrucksvoller eingesetzte Splashpages, die Kämpfe sind kurz und dynamisch, die Motivation der Figuren und ihre Entscheidungen spannend zu verfolgen, was vor allem am ungewohnten Setting des Spionage-Aspektes des Krieges liegt. Ich vergebe dem Band sehr gute 4,5 von 5 Holocrons, die ich abrunde, weil Paninis Veröffentlichungsweise der Republik-Reihe in der Kollektion etwas fragwürdig und durcheinander ausfiel und weil mir die fünfte Geschichte nicht ganz das Niveau der sehr guten ersten vier Storys halten konnte.
Wir bedanken uns bei Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!