Heute veröffentlicht Disney-Lucasfilm Press mit dem Young-Adult-Roman Star Wars: Force Collector von Autor Kevin Shinick (Star Wars Detours, Chewie and the Porgs) den letzten Roman der Journey to Star Wars: The Rise of Skywalker. In Großbritannien ist er indes bereits am 4. Oktober bei Egmont UK erschienen; die deutsche Ausgabe folgt pünktlich zum Kinostart bei Panini. Mit freundlicher Unterstützung von Disney konnte ich das Buch bereits vorab lesen und möchte euch heute meine Eindrücke dazu schildern.
Zur Handlung: Wir schreiben das Jahr 34 nach der Schlacht von Yavin, kurz vor den Ereignissen aus Das Erwachen der Macht. Karr Nuq Sin ist ein Jugendlicher wie jeder andere – mal auf dem Kriegsfuß mit der Familie und der Schule, mal vertieft in seine Hobbys (Jedi-Artefakte und Droiden), mal ganz umgänglich. Doch er leidet unter einem Problem: Wenn er bestimmte Gegenstände anfasst, bekommt er – ähnlich wie der Jedi-Meister Quinlan Vos – Visionen vergangener Ereignisse, bei denen jenes Objekt zugegen war. Diese sind so überwältigend, dass er regelmäßig in Ohnmacht fällt und sein Umfeld ihm einen Hirntumor oder eine Geisteskrankheit zurschreiben möchte. Er selbst glaubt, die Macht zu besitzen, wie dereinst die Jedi – doch an deren Existenz glaubt längst keiner mehr. Den Weisungen seiner toten Großmutter folgend, begibt er sich gemeinsam mit seiner rebellischen Schulfreundin Maize Raynshi auf eine Reise durch die Galaxis, um mithilfe seiner Fähigkeiten mehr über die Jedi herauszufinden…
Wenn ich dieses Buch mit einem Wort beschreiben sollte, dann wäre dies ein nicht sonderlich rühmliches Adjektiv – unbeholfen. Dabei standen Shinick die besten Star Wars-Zutaten zur Verfügung: Machtbegabung, Teenie-Probleme, das Motiv der Selbstfindung und – dank der Macht-Rückblenden in Karrs Kopf – einige der bedeutendsten oder interessantesten Momente der bisherigen Film- und Fernsehsaga. Von Lukes Training an Bord des Falken in Episode IV über die Order 66 und den Kampf zwischen Obi-Wan und Grievous in Episode III bis hin zu Sifo-Dyas‘ Absturz auf einem Mond von Oba Diah aus The Clone Wars deckt Shinick hier eine Bandbreite an spannenden Momenten ab. Leider scheitert er in meinen Augen aber nicht an den Zutaten, sondern an der Dosierung. Man kann jedem die Zutaten für ein Meisterwerk geben, aber ohne ein gewisses Know-How oder ein gutes Rezept ist der Erfolg bei der Umsetzung noch lange nicht garantiert.
Holprig ist beispielsweise der Beginn – Karr hat ein kleines Problem mit einem Schulschläger und der Schulleitung und ist verständlicherweise wütend, doch der Autor, der ihn ja irgendwie auf seine Reise schicken muss, lässt ihn direkt überreagieren. Zusammen mit Maize sowie seinem Droiden RZ-7 stielt er kurzerhand das Raumschiff ihres Vaters – welcher für die Erste Ordnung arbeitet – und begibt sich mit ihr auf die Suche nach den Jedi. Eine im Kontext des Romans absolut unglaubwürdige Überreaktion. Gemeinsam springen sie von Planet zu Planet, finden dort einen Hinweis auf die Jedi und fliegen weiter zum nächsten. Utapau, Oba Diah, Jakku, Takodana sogar Batuu – alle werden sie angeflogen und kurz danach, nach einer ominösen Vision, wieder verlassen. In den Visionen erfährt Karr selten etwas über sich und die Vergangenheit seiner Familie – meist bekommt man nur einen kurzen Einblick in ohnehin bekannte Filmszenen. Das Buch soll sich wohl an Leute richten, die die Geschichte der Jedi noch nicht so verinnerlicht haben wie die eingefleischten Fans, doch solchen würde ich eher raten, die Filme und Serien zu schauen und nicht, dieses eher mittelmäßige Buch zu lesen.
Ab hier kommen leichte Spoiler vor! Das Ende des Buches wird nicht verraten.
Auf Karrs Reise läuft es mir wiederum oftmals zu glatt – es kommt einfach keine Spannung auf beziehungsweise sie wird sofort wieder abgewürgt, wenn sie doch mal ihren Kopf aus der Versenkung reckt. Ein Beispiel: Die Erste Ordnung konfrontiert Karr zweimal – einmal holen sie Maize zurück nach Hause, lassen ihm aber das Schiff, das offensichtlich nicht ihm gehört, auch wenn Maize dies behauptet, und beim anderen Mal scheint es die Erste Ordnung kaum zu stören, dass der Bengel nach Jedi-Wissen sucht. Solange es nicht so aussieht, als wüsste er, wo Luke Skywalker sich versteckt hält, kann er das gestohlene Schiff ja ruhig weiterfliegen. Auch eine Konfrontation mit seinen Eltern bezüglich der Vergangenheit seiner Familie läuft mir etwas zu glatt, genauso wie das Ende, wo ein ziemlich finsterer und spannender Twist möglich gewesen wäre, aber nicht stattfindet. Die Charaktere bleiben ebenso flach wie die Handlung.
Kleinere Highlights gab es dennoch. Die Szenen mit Maz Kanata, einer Figur, die ich normalerweise überhaupt nicht leiden kann, sind vielschichtig und interessant und lassen kurz Hoffnung aufkommen, dass Karrs Reise noch eine spannende Wendung nehmen wird. (Mitnichten, wie bereits gesagt.) Auch die Einbindung von Szenen außerhalb der Filme rechne ich dem Autor hoch an, wobei ich generell sagen muss, dass es mir unlogisch erscheint, nur Szenen aus der Skywalker-Saga zu zeigen und keine anderen, neuen Ereignisse aus der Jedi-Geschichte. Potenzial dafür hätte es gegeben, gerade was Karrs Weg zur Selbstfindung angeht. Die letzten Szenen des Buches lassen hoffen, dass man Karr in einem spannenderen Setting wiederfindet, das die Lektüre dieser „Vorgeschichte“ validiert, aber ich habe da nur wenig Hoffnung.
Kommen wir nun zu den Journey-Aspekten – ohne Der Aufstieg Skywalkers gesehen zu haben kann man hier nur spekulieren, aber immerhin ein Planet aus Episode IX taucht auf. Dieser wird aber nur zwei Seiten lang besucht und bietet keinerlei Jedi-Einsichten, sondern dient nur einer „Nebenquest“ als Gefallen seitens Karr für Maize. Kevin Shinick sagte einst in einem NYCC-Panel, er habe einen Teil von Force Collector umschreiben müssen, weil er zu nahe an einem Plot aus Episode IX war – wer die Leaks zum Film gelesen hat, kann sich nach der Lektüre des Romans auch denken, welcher das gewesen sein könnte, denn an einer Stelle gibt es einen in meinen Augen recht abrupten Richtungswechsel auf Karrs Reise, weil er einen gewissen Ort nicht besuchen möchte. Da der Roman vor Das Erwachen der Macht spielt, gibt es meines Erachtens ohnehin kaum Potenzial für Verknüpfungen dieser Handlung mit Episode IX, sodass das Journey-Label hier getrost ignoriert werden kann…
Ich weiß, dass Force Collector andernorts im Internet gerade hochgelobt wird. Auch hier im Team haben wir große Fans des Buches. Mein persönliches Fazit lautet aber, dass Force Collector bestenfalls ganz in Ordnung, aber nichts Besonderes und schlechtestenfalls eine missglückte „Fanfiction“ ist. Man bereut die Lektüre keinesfalls, das Buch bietet aber auch keinerlei Mehrwert und man wird das meiste daraus bestimmt bald wieder vergessen haben.
Wir danken Disney-Lucasfilm Press für die Bereitstellung des Vorabexemplars und die Flexibilität und prompte Hilfe, als ein Lieferdienst hierzulande Ärger machte. Wer auch immer meine ursprüngliche Sendung mit diesem Roman bekommen hat, ich hoffe, du hast Spaß daran.
Wenn man ganz gemein wäre, könnte man deinen letzten Satz auf fast jedes Kanon Buch anwenden. Nette Unterhaltung und man bereut es nicht, es gelesen zu haben aber mehr auch nicht.
Und ich bin wahrlich kein Kanon Hater 😉
Da würde ich vehement widersprechen – gerade Claudia Grays Werke oder Resistance Reborn kommen mir da spontan in den Sinn, ebenso wie einige Jugendromane.
Deswegen meine ich ja „fast“.
Es gibt natürlich Ausnahmen.