Rezension: William Shakespeare’s Jedi the Last von Ian Doescher

William Shakespeare's Jedi the Last (10.07.2018)
William Shakespeare’s Jedi the Last (10.07.2018)

Mit William Shakespeare’s Jedi the Last erschien am 10. Juli bei Quirk Books Ian Doeschers achter Beitrag zum Star Wars-Universum – sein neunter, wenn man seine FACPOV-Geschichte zählt. Auch dieses Mal erwartet uns wieder der mittlerweile bewährte und doch immer wieder erfrischend ungewöhnliche Mix aus Handlung und Figuren aus einer weit entfernten Galaxie und einer Sprache von vor langer Zeit, nämlich dem Frühneuenglischen William Shakespeares.

Die Szenen und die Dialoge von The Last Jedi wurden, wie auch in den Vorgängerbänden, in der Adaption 1:1 in die Sprache des elisabethanischen Zeitalters übertragen, gelegentlich ergänzt durch Asides (Beiseite-Sprechen), die die Gedanken und Absichten von Figuren enthüllen. Ian Doescher imitiert die im Blankvers gehaltene Sprache des Barden auch im achten Band beeindruckend gut. Besonders gut gefallen hat mir aber dieses Mal eine Stelle, an der Doescher die gereimte Form wählt – wohl um die Harmonie und das Gleichgewicht der Macht auszudrücken. Reys Meditation auf Ahch-To zeigt im Film die Schönheit der Natur und der Macht auf visuelle Weise, im Shakespeare-Drama ist diese Schönheit ebenso passend in wunderbaren lyrischen Versen eingefangen:

LUKE
[…]
What dost thou see within the eyes of th’mind?

REY
The island all around us – hither, yon,
The air and ocean, sun that brings the dawn.
The life surrounding us with pure potential,
Which to we human beings is essential.
The death that, too, is there – of life the pair,
Decay, that shall each living thing ensnare.
New life that’s being nourish’d e’en by death
As old doth turn to new – new growth, new breath.
The warmth of sun, of heart, of pulsing blood,
Without which never flower knew its bud.
The cold that cometh from the deep, the tide,
The chilling mystery of ocean wide.
Peace ‚midst it all, the pure and perfect calm,
Unto a troubl’d soul a needed balm.
And violence, twin of peace, which bringeth strife
And worketh ‚gainst the qualities of life.

LUKE
Betwixt it all, what dost perceive therein?

REY
A balance, simple, flawless and serene,
Completed by an energy unseen.
A force.

LUKE
– Inside of thee, what find’st thou then?

REY
Inside of me, the selfsame force again.

Aber auch an anderen Stellen hat mich Ian Doeschers kunstvoller Umgang mit Sprache wieder beeindruckt und unterhalten. So überträgt er DJs stottern perfekt in den Blankvers, indem er ihn einfach manchmal drei Wörter hintereinander sagen lässt, die eine ähnliche Bedeutung haben und eine Alliteration bilden (also mit demselben Buchstaben beginnen). Das klingt dann beispielsweise so, wenn DJ zu BB-8 spricht: „What is thy story, rounded round rotund one?“ Auch bei Kylo Rens kontroverser Aussage „Let the past die“ zeigt Doescher sein ganzes Formulierungsgeschick. Er macht daraus, ganz in Shakespeare-Manier, ein verräterisches Wortspiel um die Doppelbedeutung von „lie“ (= liegen / lügen), über das es sich lohnt nachzudenken und das man sicher auch gut als Stützung für diverse Fan-Theorien verwenden könnte:

REY
Thou art a liar.

KYLO
– Let the past lie dead.
Yes, kill it, if thou must. […]

Allerdings muss ich, was die Wortspiele angeht, auch eine kleine Kritik loswerden: In den Vorgängerbänden hatte ich oft die Shakespeare-typischen Spiele mit Wortfeldern entdeckt, die sich häufig über Seiten hinweg ziehen. In meiner Kritik zu The Force Doth Awaken hatte ich zum Beispiel erwähnt, dass Kylo und Rey in der Gedankenlese-Szene gehäuft Metaphern aus dem Wortfeld „lesen / Buch / Text“ benutzen. Ein solches ausführlicheres Spiel mit Wortfeldern ist mir nun in Jedi the Last kaum aufgefallen, was mich schon ein wenig enttäuscht hat.

Dafür dürfen wir Leser auch in Jedi the Last wieder auf Easter-Egg-Suche gehen. Die bereits etablierten bestimmten Merkmale, die den Dialog einzelner Figuren kennzeichnen (z.B. das Auftreten der Buchstaben „F“ und „N“ in jedem Vers von Finn, Referenzen auf Edgar Allen Poe in Poes Dialogbeiträgen, Yodas Sprechen im Haiku, etc.), werden auch in diesem Band fortgeführt. Überdies hat Doescher dieses Mal auch ein besonderes Schmankerl für James Bond-Fans eingebaut (welches sich genau in der Szene befindet, in die James Bond am besten passt). Und Fans des Musicals Hamilton werden ebenfalls einige abgewandelte Lyrics wiederfinden. Besonders schön ist auch, dass Doescher eine mit einem Wortspiel ebenfalls geschickt versteckte Hommage an Carrie Fisher eingebaut hat.

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Auch in diesem Band gibt es wieder eine sehr amüsante ergänzende Szene mit zwei Nebenfiguren, die eine Art Meta-Gespräch führen. Dieses Mal sind dies die beiden Sturmtruppen des Exekutionskommandos der ersten Ordnung, die sich darüber unterhalten, dass einer der beiden gelesen hat, dass Jedi eine Illusion von sich selbst erschaffen können. Nun fragen sie sich, ob sie das nicht ihren Vorgesetzten mitteilen sollen. Tragischerweise sterben die beiden jedoch, bevor sie jemandem von ihrer Erkenntnis erzählen können. In diesem Gespräch klingt auch, wie schon in The Force Doth Awaken, humorvoll an, welche Diskussionen im Fandom aufkamen. So spekulieren die beiden Henker darüber, ob Qui-Gon oder Obi-Wan zu ihren tödlich endenden Duellen vielleicht nur Illusionen ihrer selbst geschickt haben und eigentlich noch am Leben sind.

Als Ergänzung zum Text sind Nicolas Delorts Illustrationen im Holzschnitt-Stil auch in diesem Band wieder ein Genuss und lassen beim Lesen die passende Stimmung aufkommen. Vor allem die altertümlich gekleideten Porgs sind absurd-lustig anzusehen.

Obwohl vieles an Jedi the Last wieder sehr lobenswert ist, muss ich auch hier wieder denselben Kritikpunkt anbringen, wie bei The Force Doth Awaken: Der Film The Last Jedi eignet sich, was den Schnitt angeht, leider nicht so recht für die Umsetzung in Form eines Shakespeare-Dramas. Schon bei Episode VII war dies schwierig, da zu viel und zu schnell zwischen Szenen hin- und hergeschnitten wurde. In Jedi the Last geht die Einteilung in abgeschlossene Szenen nun vollkommen zu Bruch. Teilweise sind innerhalb einer Szene gleichzeitig Leute auf der Bühne, die sich in verschiedenen Schiffen befinden, was als Bühnenillusion, zumindest im traditionellen Verständnis, nur schwer funktioniert. Im fünften Akt, der die komplette Schlacht auf Crait umfasst, wird die Szenenstruktur dann komplett aufgegeben, sodass dieser Akt nur noch aus einer einzigen langen Szene besteht. Auf der Bühne wimmelt es von Figuren, die mit den verschiedensten Tätigkeiten beschäftigt sind. Mal sprechen Luke und Kylo miteinander, dann wieder Finn und die Rebellen, ohne dass eine Regieanweisung gegeben wird, was die Darsteller von Luke und Kylo in der Zwischenzeit tun sollen, in der andere sprechen. Sollen sie einfrieren? Stumm weiterkämpfen? Das Geschehen auf Crait ist in der Form auf der Bühne schlicht sehr schwer vorstellbar. Spätestens an dieser Stelle kann mich Ian Doescher nicht überzeugen, dass das ein elisabethanisches Drama sein soll, was ich da lese und mir als Theaterstück vorstelle.

Insgesamt ist Jedi the Last wieder eine unterhaltsame, humorvolle und gelungene Shakespeare-Adaption, die allerdings in puncto Wortspiele und Szenenaufteilung nicht ganz so sehr überzeugen kann wie seine Vorgänger. Der immer noch gute, aber schwächste Teil der Reihe bekommt von mir daher knappe vier Holocrons.

Der Rezensent vergibt 4 von 5 Holocrons!
Die Rezensentin vergibt 4 von 5 Holocrons!

Wir danken dem Verlag Quirk Books recht herzlich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Wie hat euch William Shakespeare’s Jedi the Last gefallen?

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