Mit Die Kanonen von Nar Hekka erschien am 18. Februar 2013 im Panini-Verlag der erste komplett aus Kurzgeschichten bestehende Comic der The Clone Wars-Reihe. Der 100-seitige Sammelband besteht aus insgesamt elf Geschichten, die jeweils einzelnen in den Kapiteln dieser Rezension behandelt werden. Bis auf eine Geschichte (Das einzig gute Klappergestell) aus dem Jahr 21 vor der Schlacht von Yavin spielen alle restlichen Handlungen im Jahr 22 vor der Schlacht von Yavin.
Glauben ist alles! von Tom DeFalco
In Tom DeFalcos erster Geschichte, zu der Tanya Roberts und Digikore die Zeichnungen beitrugen, werden Anakin Skywalker und seine Padawan Ahsoka Tano durch unglückliche Umstände voneinander getrennt. Nun muss sich der Jedi-General entscheiden: Vertraut er darauf, dass seine Schülerin sich selbst aus einer misslichen Lage befreien kann, oder eilt er ihr zur Hilfe und gibt damit eine strategisch wichtige Position der Republik auf?
Glauben ist alles! bietet in kompakter Form einen Einblick in die Beziehung zwischen Anakin und Ahsoka, die mit zunehmender Dauer der Konkriege immer mehr von Vertrauen geprägt ist. Auch den zweiten großen Aspekt ihrer Verbindung fängt der Autor gekonnt ein: Witz. Für neue Leser wird so ein sicherlich interessanter erster Einblick geliefert, Veteranen wird die Geschichte nicht im Gedächtnis bleiben.
Die Zeichnungen wirken farblich stark, jedoch in der Figurendarstellung äußerst schwach. Paint-Männchen lassen grüßen.
In dreifacher Ausführung von Rik Hoskin
Anakin Skywalker ist auf geheimer Mission in der Unterwelt Coruscants unterwegs, um Padmé vor gefährlichen Entführern zu retten. Für Rik Hoskins ersten Comic liefern erneut Tanya Roberts und Digikore die Darstellungen.
Die zweite Geschichte des Sammelbandes hat mir gegenüber der ersten Story besser gefallen. Die Unterwelt Coruscants ist ein vielseitiger und spannender Ort. Schön, dass sie hier genutzt wurde. Hoskin sorgt mit einer gelungenen Pointe für Lacher, die sich erst durch die gesamte Handlung offenbart und weniger häufig verwendeten Figuren eine Bühne bietet.
Die Zeichnungen sind wie in der vorherigen Story farblich gelungen, während die Figuren oftmals lächerlich aussehen. Die Unterwelt Coruscants funktioniert als Kulisse hervorragend.
Terror auf der Twilight von Robin Etherington
Robin Etheringtons Debütgeschichte in diesem Band führt Anakin, Ahsoka und Rex in die Weiten des Alls, wo sie dem Notruf eines Händlerschiffs folgen. Zumindest glauben sie das… Tanya Roberts‘ und Digikores Zeichnungen ergänzen wieder die Handlung.
Dieser Comic ist eine nette kleine Geschichte, in der General Grievous unglaublich vorhersehbare Fallen stellt, in die unsere Hauptfiguren brav hineintappen. Eine versteckte Botschaft oder Tiefgründigkeit sucht der Leser verzweifelt. Die Naivität der sonst taktisch klugen Protagonisten wirkt wie eine Karikatur.
Zu den Zeichnungen sei auf die Bewertung der ersten beiden Geschichten verwiesen.
Zwangsvollstreckung von Rik Hoskin
Der Kreis schließt sich und das Kreativteam des zweiten Abschnittes Hoskin, Roberts und Digikore, übernimmt wieder das Steuer. Obi-Wan Kenobi setzt Kurs auf die Qingarus Deluxe Droiden-Systeme-Fabrik, um seinen angeschlagenen Astromech reparieren zu lassen. Doch hinter der Kulisse einer normalen friedfertigen Industrieeinrichtung steckt mehr, als der Jedi zunächst glaubt…
Wenngleich auch hier der Handlungsbogen sehr klein ausfällt, schafft es Hoskin, eine Umgebung aufzubauen, die gerne hätte öfter verwendet werden dürfen. Mit dem Bankenclan taucht ein vergessener Antagonist wieder auf und geht dieses Mal tatsächlich seinem Kerngeschäft nach: dem Bankenwesen. Hört sich langweilig an, ist aber unterhaltsam.
Dieses Mal wirken auch die Zeichnungen deutlich ansehnlicher, da die Beteiligten von vorneherein grotesken Alienspezies angehören.
Notruf von Hakara von Tom DeFalco
Wie bereits beim allerersten Comic nutzt das selbe Kreativteam erneut Anakin und Ahsoka. Dieses Mal verschlägt es die beiden auf den Planeten Hakara, von dem man eigentlich annahm, er sei unbewohnt. Dennoch empfing der Jedi-Rat eine mysteriöse Nachricht. Zeit für das Meister-Schülerin-Dreamteam, eine Untersuchung anzustellen…
Der Autor scheint Jurassic Park-Fan zu sein. Anders lässt sich schwerlich die Analogie zum berühmten Zitat „Das Leben findet einen Weg.“ erklären. Die vorgestellte Spezies auf Hakara ist mehr als grotesk. Man möchte sagen derart grotesk, dass es schon wieder minimal unterhaltsam ist.
Immerhin passen die Darstellungen des Kreativteams zu dem vom Autor gesetzten Motto der Geschichte.
Die Kanonen von Nar Hekka von Robin Etherington
Man möchte meinen, dass das aus Terror auf der Twilight bekannte Kreativteam in seinem zweiten Versuch eine hervorragende Story abliefert. Immerhin war dieser Beitrag namensgebend für das ganze Heft. Zumindest teilweise wird die Erwartung erfüllt. Obi-Wan Kenobi und Yoda begeben sich nach Nar Hekka, um mit dem Verbrecherlord Tagta dem Hutten eine Vereinbarung über seine Repulsorkanonen, die eine wichtige Route der Republik bedrohen, abzuschließen.
Der Autor beweist Witz und Können, denn die Handlung ist durchaus unterhaltsam. Obi-Wan und Yoda ergänzen einander durch ihre jeweiligen Charakterzüge ausgezeichnet. Die Schlusspointe funktioniert. Störend fällt hier die Seitenlimitierung auf, da erneut nur an der Oberfläche des zugrundeliegenden Konflikts gekratzt wird.
Die Zeichnungen hinken leider erneut hinterher. Warum genau müssen alle Beteiligten wie Witzfiguren aussehen?
Geheimauftrag von Rik Hoskin
Zu Autor Rik Hoskin und Künstler Digikore gesellt sich als Zeichner dieses Mal Andres Ponce, während Anakin und Ahsoka ein schwer geschütztes Landungsschiff der Separatisten ausschalten müssen.
Eine simple Geschichte, die als Motiv den Countdown von Sprengladungen verwendet, um die Handlung wirkungsvoller zu gestalten. Den Leser erwartet nicht mehr als eine reine Klonkriegsabenteuergeschichte, aber immerhin auch nicht weniger.
Die Zeichnungen sind deutlich besser. Nicht nur stimmen die starken Farben, sondern die Figuren bleiben sehr nah an der Serienvorlage. Einzig Anakins Gesicht stellt auch Ponce immer wieder vor eine Herausforderung.
Der Hinterhalt von Robin Etherington
Das Zeichnerteam wird direkt übernommen und Robin Etherington präsentiert eine Story über ein seltenes Duo. Obi-Wan Kenobi und Mace Windu müssen zusammen mit ihren Klon-Commandern Ponds und Cody einen geonosianischen Ingenieur aus seinem verbarrikadierten Versteck hervorlocken.
Wenngleich die Grundlage der Handlung nichts Außergewöhnliches ist, nutzt der Autor eine der großen Stärken von The Clone Wars für sich: die Zusammenarbeit zwischen Jedi und Klonen. Wie bereits in der Serie, ist es spannend mit anzuschauen, wie sich die Generäle und ihre Truppen koordinieren und zusammen Unglaubliches leisten können. Hin wieder werden auch tiefsinnigere Themen angeschnitten, als sich die Kommandeure mit den Folgen ihrer Entscheidungen auseinandersetzen müssen.
Auch hier funktionieren die Zeichnungen und verstärken das Gefühl, tatsächlich eine Folge der TV-Serie zu schauen.
Routineflug nach Maarka! von Tom DeFalco
Ahsoka Tano ist auserwählt, einen Kurierflug nach Maarka zu erledigen. Schon bald muss sie erkennen, dass sie ungebetene Passagiere verfolgen. DeFalcos Comic wird von Andres Ponce und Digikore zeichnerisch ergänzt.
Erneut erwartet den Leser eine einfache Geschichte, die wenig mehr als Unterhaltung zum Zeitvertreib liefert. Einmal mehr wünsche ich mir, man hätte die Seiten lieber zur Ergänzung anderer Abschnitte verwendet.
Die Zeichnungen funktionieren größtenteils sehr gut. Ahsoka wirkt allerdings in den meisten Panels stark überbelichtet.
Die Geschichte eines Kriegers von Robin Etherington
Endlich nutzt einer der Autoren seine Möglichkeiten, um den Klonen ein eigenes Handlungsfeld zu geben. Als Sergeant Marrt und seine Kameraden auf dem Planeten Belgaroth die Produktion illegaler Kriegswaffen durch die Separatisten entdecken, entscheiden sie sich, zu handeln. Eine folgenschwere Wendung ihres Lebens…
Statt Witz und kurzweilige Unterhaltung bietet der Autor einen Einblick in die düstere Seite des Krieges. Dem Leser werden die Klone als individuelle Charaktere vorgestellt, die alle ihre eigenen Ideen und Ideale haben, jedoch als Team am besten zusammenarbeiten. Derartige Tiefsinnigkeit fehlt in den anderen Geschichten leider, wirkt hier schon fast fehl am Platz und funktioniert genau deshalb so gut. Von allen Kurzgeschichten dieses Bandes ist Die Geschichte eines Kriegers mit Abstand auf Platz eins.
Dazu passen auch die düster gehaltenen Zeichnungen, die die Schrecken der Klone zusätzlich verdeutlichen.
Das einzig gute Klappergestell von Robin Etherington
Auch in seinem letzten Beitrag beweist Robin Etherington Kreativität. Obi-Wan Kenobi und Commander Cody entdecken nach einer verheerenden Schlacht Coppertop, einen B1-Kampfdroiden, der versucht, Kämpfern beider Seiten zu helfen. Dookus Schülerin Asajj Ventress und der Chiss-Kopfgeldjäger Cyreltov sind mehr als interessiert daran, dem Anführer der Separatisten den Ausreißer-Droiden auszuliefern.
Wenngleich die Prämissen der Geschichte (ein umfunktionierter B1, ein Chiss-Kopfgeldjäger und eine mysteriöse Rekalibrierung der Kampfdroiden) verrückt klingen, wirken sie zusammen durchaus spannend und schreien förmlich nach einer Neuauflage und Erweiterung. Coppertop ist von außergewöhnlicher Tiefe, die sich sogar auf den wenigen Seiten dieses Comics zeigt. Die letztliche Auflösung am Ende der Handlung hingegen ist ausbaufähig und wirkt eher wie eine mittelmäßige Parodie.
Auch hier verleiht Andres Ponce dem Comic eine düstere Atmosphäre, die sehr gut ins Bild passt.
Fazit
Wer elf einzelne Geschichten auf 100 Seiten Comicband presst, der sollte wenig Tiefe erwarten. Wenngleich für Unterhaltung gesorgt ist und immer wieder wirklich gute Ideen präsentiert werden, bleibt Die Kanonen von Nar Hekka hinter den vorherigen Bänden zurück. In dieser kompakten Form ist eine zusammenhängende Handlung eben schlicht unschlagbar. Der Großteil der Beiträge im vorliegenden Band wird von den Lesern viel zu schnell vergessen werden und sorgt dafür, dass sich das Leseerlebnis unnötig langgezogen anfühlt. Die Anzahl der Einzelgeschichten wäre besser geringer ausgefallen, wodurch mehr Raum für die wirklich guten Storys geblieben wäre.