Sie sahen aus wie vier Finger und der Daumen einer Hand, die nach den Sternen griff, um sie vom Himmel zu holen.
Kapitel 6

Am 17. September beendete Blanvalet die diesjährige Legends-Neuauflage von Timothy Zahns Trilogie Die Hand von Thrawn mit dem Abschluss Der Zorn des Admirals. Ursprünglich erschienen als zweite Hälfte von Vision of the Future im Jahr 1998, wurde die Trennung für die erste Übersetzung von 2000 auch in der Neuauflage beibehalten. Mit 464 Seiten und 20 Kapiteln bildet der Abschluss den kürzesten der drei Bände. – Die Neuauflagen von Band 1 und Band 2 habe ich bereits für euch rezensiert. – Trotzdem hat Zahn nach wie vor jede Menge zu erzählen. Warum glückt das schließlich ziemlich abrupte Ende der Reihe dennoch nicht vollständig und was haben Rote Heringe mit dem letzten Aufbäumen des Imperiums gegen die Neue Republik zu tun? Begeben wir uns auf die Suche nach Antworten, die auch Luke Skywalker und Mara Jade auf dem Planeten Nirauan nicht finden können.
Nicht einmal der Tod nimmt ihm seinen Schrecken! Das Finale der großen Trilogie Die Hand von Thrawn.
Wer oder was ist die Hand von Thrawn? Während Prinzessin Leia, Han Solo und ihre Freunde um das Erbe der Rebellion und das Überleben der Neuen Republik kämpfen, dringen der Jedi-Ritter Luke Skywalker und Mara Jade in einen geheimen Stützpunkt des Imperiums vor. Hier erhoffen sie sich die Antwort auf diese Frage. Doch was sie finden, ist schlimmer, als sie gefürchtet haben. Hier wurde nicht die unheilvolle Intrige geschmiedet, die die Neue Republik ins Chaos stürzte. Hier entsteht der Grundstein für ein neues Imperium!
Klappentext
Die bessere Hälfte der zweiten Hälfte?
Da Der Zorn des Admirals im US-Original der zweiten Hälfte des Abschlusses der Hand von Thrawn entspricht, wirft er uns direkt mitten ins Geschehen. Die einzelnen Handlungen werden nahtlos dort weitergeführt, wo man sie im zweiten Band zuletzt verließ. Dadurch folgen bereits auf den ersten 100 bis 200 Seiten unglaublich viele (Pseudo-)Enthüllungen und Wendungen, denen man durch die schiere Menge der nach wie vor zu zahlreichen Handlungsstränge mit Müh‘ und Not sogar folgen kann. Ja, es findet sich schnell die überfällige Antwort auf die Frage, was genau es mit der titelgebenden Hand des Thrawn auf sich hat, der sich Luke Skywalker und Mara Jade auf Nirauan entgegenstellen. Der dritte Band braucht für diese Erklärungen nicht lang. Weil aber die Reisen der anderen Figuren ebenfalls vorangehen müssen, die Kapitel stets mindestens 20 Seiten lang sind und das Erzähltempo sich bis kurz vorm letzten Kapitel auch nicht mehr drosselt, wird aus der Prämisse um die Erklärung leider kaum mehr etwas gemacht. Die Hand des Thrawn verkommt vielmehr zur Randerscheinung der eigens nach ihr benannten Trilogie, was die Wahl dieses Titels nur zu Marketingzwecken etwas seltsam macht.
Noch seltsamer sind aber die von Timothy Zahn präsentierten Machtfähigkeiten und die unzeitgemäßen Interpretationen des alles umgebenden Energiefelds. Natürlich zog sich das seit Erben des Imperiums durch seine Star Wars-Romane. Mit der Hintergrundgeschichte einer zuvor nur erwähnten, nun aber erstmals selbst auftretenden Nebenfigur, überspannt Zahn aber völlig den Bogen und verursacht Kopfschütteln und Kopfschmerzen gleichermaßen. Mit den Verbindungen dieser Figur zu Dagobah und Yoda, so viel sei verraten, driftet er so stark ab, dass ich diese Legends-Episode nicht mal mehr als Star Wars bezeichnen möchte und mehr ins Reich der Fanfictions, oder einfach „Legenden“, verbannen mag. Ebenso verhält es sich mit der plötzlich storyrelevanten Möglichkeit, Machtfähigkeiten unter den richtigen Umständen einfach zu „übertragen“. Nein, hier passt vieles ganz und gar nicht zu dem Verständnis der Macht, das man heutzutage hat.
Das Buch der Roten Heringe
Im tiefen See der Macht schwimmen in Der Zorn des Admirals als Auflösung der gesamten Trilogie neben jenen hanebüchenen Einfällen auch jede Menge Rote Heringe. Wer es noch nicht weiß: Als „Red Herring“ oder „Nebelkerze“ bezeichnet man Ablenkungen innerhalb einer Geschichte, die die Leserschaft an der Nase herumführen. Die Hand des Thrawn, deren wichtigste Akteure nach einem Auftritt kaum noch zur Handlung beisteuern, wurde hier bereits genannt. Aber der überflüssigste Handlungsstrang überhaupt ist jener, in dem Moranda – die Verbündete der X-Wing-Asse Wedge Antilles und Corran Horn auf der Suche nach einer Verschwörung auf Bothawui – es allein mit den Undercover-Imperialen aufnimmt. Wedge und Corran werden nämlich sehr schnell zurück zu Bel Iblis gerufen und damit von der Mission abgeordert, was Zahn nicht daran hindert, dem Strang Aberdutzende von Seiten und weitere Kapitel zu widmen, obwohl er nirgendwo hinführt und nicht mal mit seinen Figuren zu fesseln weiß. Hätte man diese Kapitel ersatzlos aus dem Buch gestrichen und in dem Teil des Finales, der über Bothawui stattfindet, ein paar einzelne Sätze weg gelassen, hätte es dem Roman an nichts gefehlt. Im Gegenteil, man wäre schneller mit den anderen, sehr viel interessanteren Handlungen vorangekommen und hätte damit auch die aufgeblähte Trilogie zügiger und fokussierter beendet.
Vieles führt in diesem Finale also zu nichts und manches ist dabei noch so arg konstruiert, dass man sich die Haare raufen mag. Zum Beispiel ist C-3PO nach der Figurenverteilung am Ende von Schatten der Vergangenheit als einzige Filmfigur mit auf der Reise von Schmuggleranführer Talon Karrde und der Mistryl-Leibwächterin Shada. Zufälligerweise sind die Fähigkeiten des Protokolldroiden abgesehen vom für ihn typischen Humor natürlich immer wieder in genau diesem Handlungsstrang plötzlich nützlich, als ob Zahn die Anweisung hatte oder immer wieder sicher gehen musste, dass der Droide ja auch noch da ist und am Geschehen teilnehmen muss.



Liber interruptus
Ob das mit 3PO nun an redaktionellen Vorgaben seitens Lucasfilm lag oder nicht – Zahn hätte seine Geschichte wahrscheinlich noch ewig weiter ausführen können, wäre er nicht scheinbar durch eine zeitliche Deadline oder Obergrenze in der Zeichenanzahl plötzlich unterbrochen worden. Anders lässt es sich nicht erklären, dass die Trilogie nach ihrer vorgegebenen epischen Breite so plötzlich abgewürgt endet. Zum Schluss wird alles urplötzlich über die Ziellinie gehetzt, die meisten Charakterschicksale bleiben ungewiss, während eine Schlüsselfigur aus heiterem Himmel noch Twists spendiert bekommt, deren Wirkung durch ihr direkt anschließendes antiklimaktisches Ende im Nichts verpufft. Die Auflösung erfolgt nach den unendlichen Stunden, die man ins Lesen dieser Romantrilogie steckte, allein literarisch derart unbefriedigend, dass man sich unweigerlich fragt, warum man diese Reise für so ein abgehacktes Ende angetreten ist.
Ansonsten geht Timothy Zahn bis zu diesem allzu plötzlichen Abschluss in schnellem Erzähltempo auf die Auflösung zu und jongliert gekonnt mit Handlungen und Figuren an mehreren Fronten gleichzeitig – ein typisches Merkmal seiner Finalgeschichten. Die ausbrechenden Kämpfe und scheinbar ausweglosen Situationen unserer Heldinnen und Helden sorgen für Spannung und dafür, dass man trotz langer Kapitel das Buch ab einem gewissen Punkt immer weniger wieder aus der Hand legen mag. Der Schreibstil ist ausgereift und wunderbar lesbar, die Geschichte ist spannend, die Erzählstränge sind abwechslungsreich und alle beliebten Elemente vorhanden, die eine gute Star Wars-Geschichte ausmachen.
Fazit
Der Zorn des Admirals ist als Abschluss von Die Hand von Thrawn ein zweischneidiges Schwert. Einerseits kommt Spannung auf und bis auf einen komplett überflüssigen Plot balanciert Timothy Zahn gekonnt zwischen den gut aufgestellten und verteilten Handlungssträngen. Auf der anderen Seite entsetzt er leider mit völlig unlogischen Einsätzen sinnloser Machtfähigkeiten und einem viel zu abrupten Ende, das die gesamte Trilogie in ihrer Wirkung abschwächt. Aus der Auflösung um den ominösen Titel wird leider nicht mehr viel gemacht, da man sich auf dem Weg dahin mit zu vielen Nichtigkeiten aufhält. Dennoch reicht es für ein solides, spannendes Finale, in dem Zahn an zwei Schauplätzen in zwei finalen Raumschlachten an die besten Momente der Thrawn-Trilogie erinnert. Alles in allem bleibt Die Hand von Thrawn trotz weiterentwickeltem Schreibstil des Chiss-Erfinders als klassische Legends-Trilogie aber hinter Erben des Imperiums &. Co. zurück.
Wir danken Blanvalet für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!
Wenn ihr mehr über unsere Blickwinkel auf die einzelnen Romane der Trilogie erfahren möchtet, hört am besten in die Ausgaben des JediCasts zu dem Thema rein:













