Rezension: The Eye of Darkness von George Mann macht die Bühne frei für Phase III

Endlich ist es soweit: die Roman-Riege der dritten Phase der Hohen Republik wird am 14. November durch George Manns The Eye of Darkness eröffnet. Ein Jahr nach dem Fall von Starlight Beacon und dem Ende von Phase I kehren wir zu den Erwachsenenprotagonist*innen zurück, die viele Lesende ins Herz geschlossen und vermisst haben. Wie Manns erster Erwachsenenroman der Hohen Republik es schafft, Fans beider Phasen abzuholen, und ob er die an ihn gestellten Erwartungen erfüllen kann, erfahrt ihr in dieser Rezension!

Es ist bereits ein Jahr her, seitdem die Raumstation Starlight Beacon von den Nihil zerstört wurde und nicht nur Zivilisten, sondern auch Jedi mit sich in den Tod riss. Das Auge des Sturms, Marchion Ro, strebt jedoch nach mehr und trennte die Galaxis zudem durch seine „Stormwall“, wodurch er nun sein eigenes Regime regiert. Während einige Jedi, darunter Avar Kriss, in der „Occlusion Zone“ der Nihil gefangen sind, stehen Elzar Mann und Bell Zettifar hilflos auf der republikanischen Seite und versuchen verzweifelt, die Grenzen zu überwinden. Doch nicht nur Ro selbst terrorisiert die Galaxis – auch seine Namenlosen Kreaturen stellen weiterhin eine scheinbar unüberwindbare Bedrohung für die Jedi dar …

The Exposition of Darkness

The Eye of Darkness stellt Autor George Mann vor keine leichte Aufgabe. Zum einen ist es innerhalb der Galaxis bereits ein ganzes Jahr her, dass Starlight Beacon gefallen ist, zum anderen haben auch wir als Lesende knapp zwei Jahre ohne die Protagonist*innen der ersten Phase verbracht. Mann muss also nicht nur den aktuellen Status der Galaxis etablieren und dabei bekannte, aber psychisch veränderte Charaktere darstellen, sondern auch uns Lesende wieder emotional abholen. Wenig überraschend ist es also, dass der Roman relativ viele Seiten mit Exposition verbringt. Besonders gut herausgearbeitet wird dabei die Trennung der Galaxis, welche sich einerseits durch territoriale Grenzen äußert, aber auch emotional einen Einfluss auf ihre Charaktere hat. Dies führt jedoch zu einem etwas langsamen Start in die Geschichte, bei dem man sich eine Weile lang fragt, was denn nun der Kernkonflikt des Buches wird. Gleichzeitig nutzt der Roman die Exposition, um die Lesenden ausreichend zu informieren, sodass man schnell das Gefühl bekommt, die Dynamiken und die politische Lage der Galaxis auch wirklich verstanden zu haben. Letzterer ist dabei einer der spannendsten Aspekte des Werkes, denn The Eye of Darkness nimmt sich ausreichend Zeit für Politik – wenn auch überraschenderweise auf Seite der Bösewichte anstatt in der Republik. Die Machtspielchen auf der Seite der Nihil mit neu etablierter politischer Struktur waren extrem spannend mitzuverfolgen, obwohl sie meist ziemlich vorhersehbar waren. Seitens der Republik gibt es auch endlich wieder mehr Einblicke in die Gefühlswelt von Lina Soh, die ich sehr genossen habe, wobei ich mir zugleich gewünscht hätte, mehr von ihrer Politik zu sehen und sie auch über ihre Konversationen mit den Jedi hinaus begleitet haben zu dürfen. An dieser Stelle hat der Roman leider politisches Potential liegen lassen.

Konzentriertes Chaos

Wo der Roman hingegen keinesfalls Potential liegen lässt, ist bei seiner Auswahl der Protagonist*innen. Nachdem die letzten zwei Erwachsenenromane weitestgehend ohne Avar Kriss auskommen mussten, dürfen wir nun endlich wieder in ihre Gefühlswelt abtauchen. Diese zeichnet sich vor allem durch Isolation und Schuldgefühle aus und hat für mich die spannendste Perspektive des Buches dargestellt. Auch Elzar Manns Darstellung ist konsistent mit seiner bisherigen Reise. Obwohl er mental Ähnliches wie Avar durchmacht, unterscheiden sich die Herangehensweisen der beiden Protagonist*innen und schaffen eine fesselnde Spannung. Hinzu kommen Bell Zettifars Perspektive, die nett mitzuverfolgen war, aber nicht großartig von seinen bisherigen Handlungssträngen der vergangenen Romane abweicht, die gewohnten Nihil-Handlanger-Perspektiven und natürlich Marchion Ro. Letzterer hätte meiner Meinung nach deutlich mehr Seitenanteil verdient, da er hauptsächlich von außen wahrgenommen wird, anstatt seine eigene Perspektive einbringen zu dürfen. An den wenigen Stellen, an denen dies geschieht, lässt George Mann einige spannende Hinweise fallen, die leider nicht weiter ausgearbeitet werden. Man merkt eben, dass es sich lediglich um den Beginn der Phase handelt und die Lesenden auf Mehr hoffen sollen. Dies ist Mann auf jeden Fall gelungen.

Neben diesen Charakteren kommen auch weitere Perspektiven und Charakterauftritte ins Spiel, einige davon positiv überraschend, andere angsteinflößend, die meisten davon besonders wirkungsvoll, wenn man sie im Roman selbst entdeckt. Insgesamt kommt die Geschichte des Romans aber sehr konzentriert daher. Im Gegensatz zu manch anderen Werken aus der Hohen Republik wird nicht ständig innerhalb des Kapitels die Perspektive gewechselt. Entsprechend kurz sind einige Kapitel des Buches, was ich persönlich aber gegenüber vielen POV-Wechseln bevorzuge. Obwohl The Eye of Darkness noch immer ein Ensemble-Roman ist, fühlt er sich eher nach der persönlichen Reise – beziehungsweise dem Beginn dieser – seiner Hauptcharaktere an. Galaxisweite Konsequenzen werden so durch individuelle Schicksale für die Lesenden zu zugänglichen Problemen. Der Roman wirkt fokussierter als andere The High Republic-Werke, was ihn für mich besonders spannend und emotional bindend gemacht hat. Stellenweise verschiebt sich die Gewichtung der Perspektiven etwas, doch da dies zu Gunsten der Spannung geschieht, kann man darüber leicht hinwegsehen.

Hohe Republik – hohe Erwartungen

Wer an ein Buch aus der Hohen Republik denkt, wird vermutlich auch schnell die Gefühle Angst und Hoffnung mit diesen assoziieren. Genau diese Gefühle vermag Mann zu wecken und über die Handlung des Romans aufrechtzuerhalten. Der emotionale Aufruhr der Hauptcharaktere ist greifbar, ihr Frust überträgt sich auf die Lesenden, ihre Verzweiflung lässt uns um sie bangen. Dabei ist The Eye of Darkness jedoch gar nicht nur so düster wie sein Titel es verspricht. George Mann lässt seine Charaktere zwischen all dem Chaos nämlich auch gelegentlich aufatmen und gibt ihnen und auch den Lesenden damit wohlverdiente Verschnaufpausen, um das Geschehene kurz zu verarbeiten. Dadurch schafft der Roman eine gute Balance aus einer stressreichen sowie befriedigenden Leseerfahrung – Verluste treffen einen schwer, Gewinne fühlen sich verdient an. Kritisieren könnte man hier, dass sich die Gefühlswelten der Charaktere oft im Kreis drehen und über das Buch hinweg sehr oft wiederholt werden. Während mich dies persönlich nicht gestört hat und nur zur Schwere der Emotionen beitrug, kann ich mir vorstellen, dass dies manchen Lesenden missfallen könnte.

Ob The Eye of Darkness nun die Erwartungen eines The High Republic-Fans erfüllt, kommt wohl ganz auf die persönlichen Hoffnungen an und kann pauschal nicht beantwortet werden. Persönlich hatte ich selbst eher emotionale als inhaltliche Erwartungen und habe versucht, meine Hoffnungen zu zügeln, um nicht erneut durch den Tod einer meiner Lieblingscharaktere enttäuscht zu werden. Tatsächlich war diese Einstellung für mich die beste, mit der ich diesem Roman hätte begegnen können, denn so wurden nicht nur meine Hoffnungen erfüllt, sondern auch meine Erwartungen positiv übertroffen. Sobald ich verstanden hatte, was das Ziel des Romans ist, und dass dieser lediglich den Konflikt etabliert anstatt mit großen, verlustreichen Schlachten aufzuwarten, konnte ich mich (mehr oder weniger) zurücklehnen und einfach eine Menge Spaß dabei haben, meine Lieblinge auf ihren Reisen zu begleiten und mich emotional völlig auf ihre persönlichen Herausforderungen einzulassen. Zwar wurde die Handlung nach der Exposition ein stückweit vorhersehbar, sodass die Opfer des Romans mich nicht mehr überrascht haben, doch mittlerweile bin ich an einem Punkt, an dem ich eine gut geschriebene, mitreißende Geschichte, welche ein klares Ziel verfolgt, jederzeit einem Roman mit schockierenden Wendungen vorziehen würde. Denn die klare Linie von The Eye of Darkness ermöglicht es uns, die Lektionen der Charaktere nachzuvollziehen und vielleicht sogar selbst etwas daraus mitzunehmen. Wie lernt man es, sich nach Fehlern wieder zu vertrauen? Wie viel Hoffnung kann man in Personen stecken, zu denen man den Kontakt verloren hat? Wie bleibt man trotz so viel Schmerz und Chaos seinen eigenen Prinzipien treu? The Eye of Darkness liefert auf viele dieser Fragen Antworten, über die ich gerne noch eine Weile nachdenken werde.

Die Macht der Verknüpfungen

Andere Fragen hingegen lässt The Eye of Darkness gezielt offen. Marchion Ro bleibt leider weiterhin ein ziemliches Enigma, und auch Figuren um ihn herum, wie etwa Boolan, haben nur schemenhafte Auftritte. Auch durch gewisse Begegnungen zwischen Charakteren wird einiges an Konfliktpotential erschaffen, welches hier noch nicht ausgenutzt wird. Im Kontext dieses Romanes wirkt dies stellenweise verwirrend, doch vermutlich legt Mann hier einfach Fährten für künftige Werke und lässt die Lesenden in der Zwischenzeit schonmal eigene Vermutungen aufstellen. Hervorzuheben ist dabei auch, wie George Mann seinen Roman in das Gesamtgefüge The High Republic einbettet. Natürlich gibt es einige Verbindungen zu Phase I, die uns verlorene Charaktere und traumatische Schicksale in Erinnerung rufen. Eine zentrale Info über einen zwar auftretenden, aber nicht weiter thematisierten Charakter, dessen Schicksal nach Phase I noch offen war, wird hier jedoch einfach übergangen und hat mich mit Fragezeichen zurückgelassen. Vielleicht bringt der Comic Shadows of Starlight, mit dem Mann seinen Roman auch an mehreren Stellen verknüpft, später noch etwas Licht ins Dunkel. Auch ein kleiner Fehler bezüglich einer eigentlich verstorbenen Figur scheint durchgerutscht zu sein – da es sich hierbei jedoch nur um eine namentliche Erwähnung handelt, ist dies nicht weiter schlimm. Spannender wird es, wenn Mann auch Brücken zu Phase II baut. Die Prequel-Phase der Hohen Republik hat ihr volles Potential nämlich definitiv noch nicht ausgeschöpft, wie dieser Roman mehrmals verdeutlicht, und ich bin gespannt, wie es zu weiteren Verknüpfungen kommen wird.

Fazit

The Eye of Darkness von George Mann stellt einen fesselnden Einstieg in eine neue Phase der Hohen Republik dar und zeigt, dass es keine übermäßig große Anzahl an Todesopfern braucht, um eine packende und bewegende Geschichte zu erzählen. Dem Autor gelingt es, spannende politische Intrigen mit ergreifenden emotionalen Schicksalen zu verbinden und die Lesenden bei einer fokussiert geschriebenen Geschichte mitfühlen zu lassen. Damit gestaltet er nicht nur das Bühnenbild der dritten Phase, sondern bringt auch die zentralen Darstellenden in Position. Nicht alles wird beantwortet, nicht alle Stränge zu Ende erzählt, und dennoch haben die Charaktere sich verändert und neue Erkenntnisse gewonnen – genau das verspreche ich mir von einem Eröffnungsroman und genau das liefert The Eye of Darkness.

Wir danken Random House Audio herzlich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Was ist eure Meinung zu The Eye of Darkness? Hat euch der Roman ebenfalls gefallen oder gibt es weitere Dinge, auf die ihr gehofft hättet? Lasst es uns gerne wissen!

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Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.

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