Rezension: The High Republic Adventures: The Nameless Terror #2

Heute erscheint mit erneuter Verspätung The Broken Path, das zweite Kapitel von Georg Manns Mini-Comicserie The Nameless Terror. Mir scheint das Heft bemüht, Antworten auf offene Fragen aus der ersten Ausgabe zu liefern – wirft aber parallel schon die nächsten auf. Weshalb mich das alles in allem leider nicht so überzeugt zurücklässt, welche positiven Aspekte ich dem Heft dafür aber abgewinnen kann, lest ihr im Folgenden.

Achtung! Wie auch bei unseren Marvel-Mittwoch-Rezensionen können die Besprechungen und Kommentare zu den Dark-Horse-Comics Spoiler enthalten.

Rahmenhandlung

Perhaps the compelling nature of your story has meant you’ve experienced the passing of time more acutely?

KL-03

Die Monsterjägerin Ty Yorrick und Sidekick-Droidin KL-03 bleiben uns als Erzählerinnen-Duo erhalten und eröffnen als solches auch The Broken Path. Diesmal mit einer gelungenen kleinen Überleitung, die ein „Was bisher geschah…“ galant überflüssig macht. Wie zu befürchten war, sind die beiden zu meinem Highlight aus der Minireihe aufgestiegen. Ich möchte wissen, wie es für sie weitergeht, nachdem sie in The Broken Path unerwartet aus dem Hyperraum ausgetreten sind – was ich von dem restlichen Cast leider nicht mit derselben Überzeugung behaupten kann. Die lebhafte Dynamik zwischen dem eigensinnigen Duo lockert für mich die Ausgabe auf und KL-03s gebannte Neugier auf das Fortschreiten der Binnenhandlung vermag fast auf mich überzuspringen. In dieser Ausgabe müssen wir nun auch schon insgesamt vier Handlungssträngen folgen, das finde ich für so ein Kurzformat zu viel des Guten.

Binnenhandlung

So, they’re not the only ones in danger. But at least we can still think straight. So, we need a plan.

Ambar

Die Binnenhandlung setzt unmittelbar dort wieder ein, wo sie in der ersten Ausgabe geendet ist. Ich schätze an dieser Ausgabe, dass die nicht-machtsensitiven Figuren ins Rampenlicht treten dürfen. Pako und Ambar erfahren von Sulas angsteinflößenden Begegnungen und nehmen – weil Sula und Xilith unter dem Einfluss des Namenlosen leiden und Rok mit Coron noch auf der Brücke ein Notsignal abzusetzen versucht – das Ruder in die Hand. Mediziner*in Ambar scheint in dieser Grenzsituation geradezu aufzublühen und wirkt furchtlos und abgeklärt. Ambar entwirft nüchtern und kurzentschlossen einen Plan, wie sie die Kreatur außer Gefecht setzen können, wofür Pako mit EX-5A in den Maschinenraum vordringen muss. Gleichzeitig wollen sie mit den beiden Jedi möglichst weit vor dem Namenlosen fliehen, der ihnen über die Schiffshülle folgt. Das erscheint mir an Bord eines so kleinen Schiffes ein ziemlich aussichts- und damit sinnloses Unterfangen. Aber nunja. Von dem Anliegen, das sie überhaupt an Bord des feindliches Schiffes verschlagen hat, nämlich ein Medikit zu finden, ist kaum mehr die Rede. Das (nicht mehr aktiv) gesuchte Medikit poppt aber, wie der Zufall es so will, ganz beiläufig am Wegesrand auf. Also ziehen sich Ambar und Sula in einen Frachtraum zurück, um Xinith’ Verletzungen zu versorgen. Nicht ahnend, dass die Fracht viele weitere Namenlosen-Eier sind!

Im Gegensatz zu Ambar ist Pako, der nun seinen Weg allein mit EX-5A fortsetzt, von Furcht erfüllt, unsicher und schreckhaft. Dennoch schreckt er nicht davor zurück, seinen Teil zu erfüllen. Genauso wie im ersten Kapitel für Coron greift auch hier das klassische Star-Wars-Thema von Selbstunterschätzung und Über-sich-Hinauswachsen – wenngleich überzeichnet und im Schnelldurchlauf. Die Ausgabe ist durchsetzt von Floskeln und Umgangssprache und ein Großteil davon geht auf Pako zurück. Im Vergleich zu den vielen starren Gesprächsanteilen, die rein dem Informieren der Leser*innenschaft zu dienen scheinen, wirkt das aber auf mich noch ganz angenehm. Ich empfinde Pakos Szenen als durchaus kurzweilig, wozu auch seine Interaktionen mit EX-5A beitragen. Zu dem kleinen EX-Droiden gibt es auch ein besonderes Schmankerl, das meine ganz persönliche Präferenz bedient: KL-03 wünscht sich aus Solidarität unter Droiden, mehr über seinen Beitrag zu der Geschichte zu erfahren. Dieses Anliegen kann ich nur unterstützen: mehr Droiden-POV!

Rok und Coron geraten derweil auf der Brücke an ein Path-Mitglied. Das Interessanteste hieran sind dessen Ausführungen über die Radikalisierung der Gemeinschaft, die nihil-esker, offensiver und extremistischer zu werden scheint. Das kennen wir zwar schon von Elecia, aber die übrige Gemeinschaft schien mir immer noch um den ideologischen, altruistischen, friedliebenden Schein bemüht, in großen Teilen auch schlichtweg davon überzeugt. Seine Metapher der offenen Hand, die sich nun zur Faust schließt, finde ich gelungen. Zumal wir ja den Gebrauch bildlicher Sprache schon zu Genüge von den Nihil gewöhnt sind. Die Jedi selbst bleiben in meinen Augen eindimensional und werden uns von den Seiten präsentiert, die wir bereits an ihnen kennen. Mann hat eine kleine Abhandlung über die Schlacht von Jedha in Roks und Corons Unterhaltung eingebaut – vermutlich, um der jüngeren Zielgruppe einen kurzen Einblick in den Inhalt des Hörspiels und der Haupt-Comicreihe zu verschaffen.

Zu den Namenlosen: Der Effekt der Namenlosen auf die Jedi wird sehr milde dargestellt – es gibt keine furchteinflößenden Halluzinationen, der Anblick ist stattdessen eher mit dem durch eine Rauschbrille zu vergleichen. Die Abschwächung der Wirkung der Namenlosen auf Machtnutzende kann ich im Hinblick auf die jüngere Zielgruppe der Miniserie zwar nachvollziehen, doch hätte ich es dann bevorzugt, den Perspektivwechsel in das Erleben der Betroffenen ganz auszulassen. Ein weiterer Störfaktor ist für mich das Tempo, in dem die Kreatur heranwächst. In Der Pfad der Täuschung erleben wir ja auch einen Namenlosen in den ersten Stunden nach dem Schlüpfen und die Kreatur entwickelt sich von der Größe einer Tooka-Katze zu der eines Aschehundes. Im Vergleich kommt mir das Exemplar in The Broken Path zu ausgewachsen vor. Das fand ich auch im ersten Kapitel schon bedauernswert, weil ich den frisch geschlüpften Namenlosen gerne einmal in seiner (vielleicht sogar fast schon niedlichen?) Blob-Form zu Gesicht bekommen hätte. Weiterhin frage ich mich, warum dieses Exemplar Nicht-Machtnutzer*innen nahezu zu bevorzugen scheint, das kommt mir aus Phase I so gar nicht bekannt vor. Der größte logische Fehltritt der Ausgabe ist für mich aber, dass die betreffende Kreatur an zu vielen Orten gleichzeitig sein muss, um alle Funktionen, die Mann ihr in seiner Handlung zugeordnet hat, gleichzeitig erfüllen zu können. Warum sollte sie auf die Hülle zurückkehren, wenn sie gerade zwei köstliche Jedi eine Arm- oder vielmehr Tentakellänge entfernt vor sich hat? Und noch dazu in welchem Tempo? Da wäre es mir lieber gewesen, der Autor hätte einfach zwei Kreaturen schlüpfen lassen.

An dem Storywriting und vor allem der Überfrachtung der Dialoge mit kleinteiligen Erklärungen, warum die Figuren was denken und wie handeln, reibe ich mich weiterhin auf und bin Manns Über-Erklärens überdrüssig. Es erinnert mich an Computerspiele, in denen man Figuren trifft, die einem alle Missionsinhalte von A bis Z vorbeten. Das hat doch im Comicformat absolut keinen Reiz?! Es wirkt, als wolle Mann seine Storywriting-Entscheidungen vor sich und/oder den Lesenden rechtfertigen. Wobei ich weiterhin überzeugt bin, dass es in seinem fehlenden Vertrauen in die Kapazitäten der Zielgruppe begründet ist, wo er sich meines Erachtens einfach an Olders und Ireland Vorbild hätte orientieren können. Wir müssen weiterhin nicht alles vorgekaut bekommen, das ist doch schade, wenn so viel Redeanteil und damit Potential in Dinge verpulvert wird, die wir bereits wissen oder uns aus dem Kontext erschließen können.

Gestaltung

Wie schon im ersten Kapitel ist leider auch in The Broken Path die Zuordnung bei den Zuständigkeiten nicht ganz einleuchtend. Ornella Savarese bleibt jedenfalls für die Zeichnungen verantwortlich, über Eduardo Mellos Rolle in dieser Ausgabe bin ich im Unklaren. Aber immerhin erfahren wir endlich die Namen der verantwortlichen Kolorist*innen: Nicola Righi und Vita Efremova. Die beiden haben hier keinen allzu großen Spielraum, weil an Bord des Schiffwracks alles in ähnlichen, gedeckten Farben gehalten ist. Die kräftigen Farben der Erzählerinnen-Panels gefallen mir persönlich am besten. Die Zeichnungen bewegen sich auf demselben Niveau wie in der ersten Ausgabe, das Layout wiederum ist klassischer und damit leider weniger mutig und ausgefallen.

Fazit

Wir sind bei der Halbzeit der vierteiligen Miniserie angelangt, deren Gesamthandlung einfach nicht allzu umfassend angelegt worden zu sein scheint. Ich hoffe, die nächsten zwei Ausgaben geben uns dennoch differenziertere Einblicke in die Figuren, ordnen das Ereignis in den Gesamtrahmen der zweiten Phase ein und lassen die Gruppe vor allem bald wieder zusammenfinden – damit nicht so viele Handlungsstränge in einer kleinen Comicreihe Platz finden müssen. Quest for Planet X und Cataclysm, zwischen denen die Handlung zeitlich angesiedelt ist, sind ja inzwischen erschienen – ob man nach deren Lektüre mehr mit der Reihe anfangen kann, weiß ich hoffentlich bis zur nächsten Ausgabe. Etwas gespannt bin ich, wie es sich so macht, dass da jetzt zwei Jedi zwischen all den Namenlosen-Eiern hocken. Da kann man doch beruhigt auf die dritte Ausgabe warten! Außerdem bleibe ich neugierig, wo es Ty und KL-03 wohl hinverschlagen hat.


Wir danken Dark Horse Comics für die Bereitstellung des digitalen Rezensionsexemplars und der Vorschauseiten.

Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, dessen zweite Phase 380 Jahre vor Episode IV spielt und einen neuen Einstiegspunkt bietet. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I und Phase II.

Schreibe einen Kommentar