Rezension: Andor 1×05: „Die Axt vergisst ihr Werk“

Es ist leichter, sich hinter 40 Gräueltaten zu verstecken, anstatt nur einer.

Karis Nemik

In der vergangenen Woche habe ich hin und her überlegt, ob die erste Staffel der Serie Andor nicht doch lieber in Blöcken rezensiert werden sollte. Das hätte für Folge 5 bedeutet, zu warten, bis die Handlung auf dem Planeten Aldhani abgeschlossen wäre, um den Mehrteiler als Ganzes zu nehmen und wie die dreiteilige Eröffnung auch so zu rezensieren. Jedoch haben wir uns intern doch für jede Folge einzeln ausgesprochen und so könnt ihr euch nun mit meiner Rezension zu Folge 5 perfekt auf die morgen erscheinende sechste Episode einstimmen!

Jene trägt ein direkt in den 46 Minuten ausgesprochenes Zitat als Titel: „Die Axt vergisst ihr Werk“, beziehungsweise „The Axe Forgets“ im englischen Original. Geschrieben wurde sie, wie schon Folge 4 „Aldhani“, von Tony Gilroys Bruder Dan, während Susanna White wieder Regie führte. Dass sich die Serie mithilfe ihrer pro Story-Arc gleichbleibenden Kreativ-Teams gut voranbringt und innerhalb dieser einheitlich bleibt, begrüße ich sehr.

Der Aufbau der Folge bietet von der Dramaturgie her das Puzzlestück der Mitte einer Trilogie. Dies ist aufgrund der dreiteiligen Struktur des Aldhani-Arcs nicht verwunderlich, jedoch fällt aufgrund der Veröffentlichung im Wochentakt stärker als bei Folge 2 auf, dass das Mittelstück keinen wirklichen Anfang und kein Ende hat. Es gilt, vom griffigen Einstieg der vierten Folge nun über Dialoge und Charakter-Entwicklungen die Ausgangssituation für das – vermutlich sehr actionreiche – Finale des Dreiteilers zu schaffen. Dabei springen wir in sehr kurzen Szenen von Handlungsstrang zu Handlungsstrang, wobei Cassians beziehungsweise „Clem“s Zeit bei der kleinen Rebellengruppe den Mammutanteil an Screentime stellt.

Als ein Nebenstrang begleitet uns die Auflösung von Syril Karns Erscheinen bei seiner Mutter. Diese wird von der famosen Bühnenschauspielerin Kathryn Hunter verkörpert, die manche als Mrs. Figg aus dem fünften Teil der Harry Potter-Reihe in Erinnerung sein dürfte. Neben Tante Petunia also ein weiteres bekanntes Gesicht aus Little Whinging, Surrey, welches in der Serie vorbeischaut. Eedy Karn ist keinesfalls über die sich im freien Fall befindliche Karriere ihres Sohnes glücklich und würde diesem lieber einen Job bei seinem ominösen Onkel Harlo beschaffen. Später in der Folge sehen wir jedoch, wie der ehemalige Inspektor, der in dieser Folge zwar einen klischeehaften, dennoch logischen Hintergrund verpasst bekommt, sich ein Hologramm des gesuchten Andors ansieht. Es ließe sich daraus schließen, dass er sein Comeback mit der Ergreifung des Flüchtigen plant, aber das werden uns die nächsten Folgen erzählen. Übrigens: Müsli in blauer Milch schmeckt bestimmt besonders gut.

Mamaaa, life had just begun,
But now I’ve gone and thrown it all away

Auf Coruscant geht aber noch mehr vor sich. Lieutenant Meero befindet sich auf Aktensuche und wird in den letzten beiden, die sie sich mit ihrem Kollegen vornimmt, bestimmt etwas Interessantes finden, während es im Hause Mothma weiter zur Entfremdung kommt. Die Senatorin überrascht auch gleich mit einem weiteren Familienmitglied, denn sie hat eine Tochter im Teenageralter. Diese scheint ideologisch und persönlich eher mit ihrem Vater auf einer Wellenlänge zu sein, wodurch sich uns hier ein weiteres Familiendrama darbietet. Cassian und seine Schwester, Maarva Andor, Mutter und Sohn Karn, Familie Mothma,… die Serie ist bisher voll von familiären Konflikten und nutzt diese bisher als Hauptantrieb für emotionale Spannung – ironisch, dass die beiden bisherigen Autoren der Serie Brüder sind. Nichtsdestotrotz wäre es schön, wenn es vor allem in den Szenen mit Mon Mothma wieder mehr politische Ränkespiele, Senatssitzungen und die reelle Bedrohung durch das Imperium zu sehen gäbe. Die Familienkonflikte ergeben zwar Sinn und bieten nachvollziehbare Motivationen für die Hauptfiguren, allerdings zeigen sie uns auch nichts wirklich Neues oder Überraschendes.

Mamaaaaa, oooh,
Didn’t mean to make you cry

In einer kurzen Szene breitet sich das Imperium auf Ferrix aus, der Rest der Folge spielt aber auf Aldhani und begleitet Andor und seine neuen Gefährt*innen bei den Vorbereitungen auf den großen Schlag gegen das Imperium. Dabei lernen wir etwas mehr von den Persönlichkeiten der einzelnen Teammitglieder kennen. So verfasst Nemik aktuell ein Manifest über den Freiheitsbegriff und die Unterdrückung des Imperiums als Gegensatz. Skeen wiederum hat seinen Bruder verloren und so auch eine sehr familiär bedingte Motivation, gegen das Imperium vorzugehen.

Cassian/Clem kann seinen Wert für die Gruppe mehrfach unter Beweis stellen, zum Beispiel bei seinem Wissen über militärisches Marschieren, welches just von einem zur Machtdemonstration überaus tief fliegenden TIE-Jäger unterbrochen wird. Diese Praktik wurde direkt aus dem Young-Adult-Roman Verlorene Welten von Claudia Gray übernommen, wie unter anderem dem Zitat in diesem Tweet zu entnehmen ist!

Nach Szenen aus der imperialen Einrichtung, in denen wir einen interessanten Blick auf Offiziere und ihre Alltagsgespräche erhaschen können, sowie einigen nützlichen Tipps von Cassian ist schon bald der große Tag gekommen. Beziehungsweise die Nacht, in der sich die Rebellengruppe aufmacht. Dort und nach einer kleinen Szene mit Luthen, der auch noch einmal in dieser Serien-Episode „Hallo“ sagen möchte, gleitet die Folge wieder antiklimaktisch in den Abspann und räumt das Feld für das in wenigen Stunden erscheinende sechste Kapitel.

I see a little silhouetto of a man…

Im Fazit rächt sich leider die wöchentliche Ausstrahlungsweise nach dem zackigen Auftakt. Die sehr langsam und ruhig erzählte Folge droht leider ab und zu, etwas langweilig zu wirken, da es in unserer Welt bereits eine Woche her war, dass Andor auf Aldhani für seinen großen Rebellen-Coup gelandet ist und es nun eine weitere Woche dauerte, bis wir morgen endlich erfahren, wie es mit dem gewagten Vorhaben weiter geht. Außerdem gab es mit Luthen und Mom Mothma von den bislang interessantesten Charakteren der Serie diese Woche viel zu wenig zu sehen. Nichtsdestotrotz bietet Episode 5 weiterhin starke Dialoge, tolle Bilder und eindringliches Schauspiel auf bisherigem Niveau, insofern gebe ich mit Freude auch hier eine hohe Anzahl an Holocrons.

Bewertung: 4 von 5 Holocrons
Bewertung: 4 von 5 Holocrons

Morgen geht es dann weiter mit der sechsten Folge, die wie mehrfach erwähnt den zweiten Dreiteiler beendet und somit eine Art Midseason-Finale darstellt.

Bis dahin seid ihr herzlich eingeladen, in den Kommentaren unter dieser Rezension über die letzte Folge zu diskutieren!

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar