Ines‘ Rezension: Victory’s Price: An Alphabet Squadron Novel von Alexander Freed

Als ich vergangenen Sommer Shadow Fall, den zweiten Teil von Alexander Freeds Alphabet Squadron-Trilogie fertig gelesen hatte, konnte ich es kaum erwarten, den dritten Teil in die Hände zu bekommen. Der Cliffhanger, dass Yrica Quell auf einmal ihr Geschwader verlässt und wieder zu ihrer alten Einheit, dem Shadow Wing, zurückkehrt, ließ mich nicht los und ich wollte Antworten. Umso glücklicher war ich, dass ich nun endlich den dritten Teil der Trilogie, Victory’s Price: An Alphabet Squadron Novel, lesen durfte, welcher am 2. März bei Del Rey UK erschien.

Der Roman wirft uns direkt ins Geschehen hinein: Colonel Soran Keize, Kommandant des Shadow Wing, hat mit Teil zwei von Operation Asche begonnen und hinterlässt eine Schneise der Zerstörung, wo auch immer er und sein Geschwader auftauchen. Ziel sind imperiale Planeten, die sich nach Endor als nicht loyal genug erwiesen haben. Alphabet Squadron muss versuchen, die nächsten Ziele des Shadow Wing zu erahnen und sie abzufangen, bevor sie weitere Planeten zerstören. Außerdem steht noch immer die Frage im Raum: Auf welcher Seite steht Yrica Quell wirklich? Alles läuft auf eine letzte große Konfrontation zwischen Neuer Republik und Imperium, zwischen Alphabet Squadron und Shadow Wing, hinaus, bei der Yrica Quell noch eine bedeutende Rolle spielen wird…

Wiedersehen mit alten Freunden

Das Schöne an Victory’s Price ist, dass man im nun dritten Band die Protagonistinnen und Protagonisten nun mittlerweile so gut kennt wie alte Freunde und es direkt leicht fällt, sich wieder in die Geschichte einzufinden. Alle Mitglieder des Alphabet Squadrons haben neben der übergreifenden Handlung des Kampfs gegen den Shadow Wing auch jeweils noch ihre eigenen größeren oder kleineren Probleme zu bewältigen, wofür der Roman auch genügend Zeit einräumt. Besonders überzeugt hat mich hier Wyl Lark, den ich in meiner Rezension zum ersten Band noch schlicht als denjenigen eingeordnet hatte, der am wenigsten psychische Probleme von allen hat. In Victory’s Price bekommt man aber nochmal einen tieferen Eindruck in sein Inneres und er macht eine interessante Entwicklung durch. Wyl ist es auch, der, wie schon in den vorigen Bänden, immer wieder Kontakt zu den gegnerischen Pilotinnen und Piloten aufnimmt und mir ihnen spricht. Dadurch entsteht eine interessante Dynamik zwischen den verfeindeten Parteien, die sich zwar gegenseitig töten wollen, aber dennoch in einem seltsamen Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen.

Yrica Quell und Soran Keize: die eigentlichen Hauptfiguren

Obwohl die Trilogie nach dem Alphabet Squadron benannt ist und man meinen sollte, dass diese Pilotinnen und Piloten das Zentrum der Handlung bilden, so bilden doch eigentlich Quell und Keize das Herzstück der Geschichte. Diese beiden bekommen in Victory’s Price auch nochmals viele gemeinsame Szenen, die für mich die Highlights des Romans sind. Beide sind sich gewissermaßen ähnlich: Sie waren Teil von Operation Asche, haben versucht, diese Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen, und treffen nun wieder aufeinander. Als Leserin weiß man, dass man die beiden, vor allem Keize, eigentlich hassen sollte, da sie sich an Völkermorden beteiligt haben. Dennoch schafft es Alexander Freed wundervoll, auch Keize als ganzen Menschen mit all seinen Facetten darzustellen, der eben einerseits ein eiskalter Mörder ist, sich andererseits aber selbstlos für seine Untergebenen einsetzt und dafür kämpft, dass sie auch nach der unvermeidlichen endgültigen Niederlage des Imperiums eine Zukunft haben. Yrica arbeitet sich in diesem Roman an ihrem vormaligen Mentor Keize ab und findet in Diskussionen mit ihm immer mehr zu sich selbst, indem sie sich auch darüber klar wird, in welchen Punkten sie sich von ihm unterscheidet. Diesen Prozess zu beobachten, ist einer der spannendsten Aspekte des Romans.

Große Fragen

Doch nicht nur Quell und Keize stellen sich die Frage, was nach dem endgültigen Sieg der Rebellion passieren wird. Immer klarer kristallisiert sich heraus, was das eigentliche übergreifende Thema der gesamten Trilogie ist: Was passiert mit den Kriegsverlierern, wenn der Krieg zuende ist? Die schwierige Auseinandersetzung mit dieser Frage ist wohl der titelgebende „Preis des Sieges“. Freed schafft es eindrücklich, diese Problematik anhand des Imperiums darzulegen: Ein großer Teil der Bevölkerung der Neuen Republik besteht aus Ex-Imperialen, die alle auf die eine oder andere Art und Weise Schuld auf sich geladen haben: von Offizieren, die den Befehl für Operation Asche gaben, über Piloten, die den Befehl ausführten, bis hin zu Wärtern in Gefangenenlagern und Büroangestellten, die lieber nicht so genau hinsahen, was da in den Akten stand. Kann und sollte die neue Regierung hart durchgreifen, ein Exempel statuieren und jeden bestrafen, der direkt oder indirekt an den Kriegsverbrechen beteiligt war? Oder sollte sie Gnade zeigen und den Milliarden von Ex-Imperialen einen Neuanfang gewähren? Wer hat so viel Schuld auf sich geladen, dass er in der neuen Gesellschaft keinen Platz mehr hat? Wen kann die neue Gesellschaft trotz imperialer Vergangenheit in ihrer Mitte akzeptieren? Und welche Konsequenzen haben diese Entscheidungen für das gesellschaftliche Klima? Soran Keize und der Shadow Wing veranschaulichen dabei, was passieren kann, wenn die Verliererseite des Krieges keine Hoffnung mehr hat: Sie nehmen an, dass sie von der Neuen Republik keine Gnade zu erwarten haben, kämpfen daher ohne Zukunftsperspektive auf bereits verlorenem Posten weiter und zerstören dabei vollkommen sinnlos unzählige Leben. Freed schont uns Leserinnen und Leser hier wirklich nicht, sondern exerziert die schwierige Frage der Behandlung von Kriegsverbrechern hier mit all ihren Aspekten und Implikationen durch. Schwere Kost, aber extrem spannend.

Hintergründe der Operation Asche

Im Zusammenhang mit Operation Asche greift Freed auch nochmals die Rolle des Messengers des Imperators auf, welcher den Befehl zu Operation Asche gab und schon im Vorgängerband immer wieder auftauchte. Gemeinsam mit Keize und Quell erleben wir eine Suche nach den Hintergründen dieses Messengers, wobei wir interessante Details zu Operation Asche erfahren. Freed nutzt hier das Medium den Romans meiner Meinung nach optimal, um ein im Kanon etabliertes Ereignis (Operation Asche) näher auszuarbeiten.

Kreative Kriegsführung

Aber auch die Raumschlachten, Freeds eigentliche Stärke, kommen natürlich nicht zu kurz. Durch interessante Settings und Eigenheiten von Planten ergeben sich für die Neue Republik und das Imperium immer wieder Gelegenheiten zu kreativen Taktiken, die sowohl die Gegenseite als auch uns Leserinnen und Leser überraschen. Dabei erleben wir, wie schon in der ganzen Trilogie, wie sich mehr und mehr die Kräfteverhältnisse umdrehen: Die Neue Republik ist nun, was die Anzahl und Ausstattung der Kriegsschiffe angeht, überlegen, während das Imperium immer mehr unorthodoxe Taktiken anwenden muss, um seine Unterlegenheit zu kompensieren.

Lose Enden

Insgesamt scheint Victory’s Price also eine runde Sache zu sein. Allerdings gibt es leider einige lose Enden, die mich stören. Ja, wir erfahren einiges über Kairos, aber insgesamt bleibt sie dennoch mysteriös und fremdartig. Ich kann nicht behaupten, dass ich sie und ihr Volk nach der Lektüre des dritten Teils der Reihe nun wirklich verstanden hätte. Es bleiben noch viele Fragen offen. Dies ist wahrscheinlich auch so beabsichtigt, aber für mich persönlich irgendwie unbefriedigend. Anderen Leserinnen und Lesern mag es anders gehen.

In Shadow Fall gab es außerdem auch schon zwei Elemente, die mich gestört haben, wie ihr in meiner Rezension von letztem Jahr nachlesen könnt. Für diese beiden Elemente hätte ich eine Art Auflösung in Victory’s Price erwartet. Das erste irritierende Element ist der mysteriöse Sith-Turm auf dem Planetoiden, welcher Yrica dazu zwingt, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen. Ich hatte gehofft, dass wir erfahren, warum dieser Turm dort steht und was seine Aufgabe ist. Aber anscheinend steht er nur praktischerweise da, um Yrica auf ihrem Weg zur Selbsterkenntnis weiterzuhelfen und ihr ein Transportmittel weg von diesem Planetoiden bereitzustellen. An dieser Stelle wird es für mich etwas unglaubwürdig und Freed macht es sich ein wenig zu bequem.

Des Weiteren fand ich die Einführung der Sekte Children of the Empty Sun in Shadow Fall auch schon irgendwie unnötig. Ich erhoffte mir aber, dass die Gruppierung nicht nur für Chass na Chadics persönlich eine Rolle spielen würde, sondern auch für den Krieg an sich. Aber leider Fehlanzeige. Außer für Chass‘ persönliches Weltbild spielen die Children gar keine Rolle mehr. Der ganze Handlungsstrang um die Sekte ging mir schon im Vorgängerband auf die Nerven und zog sich in die Länge und auch in Victory’s Price war es leider so, dass ich mit Chass und ihren ständigen Gedanken an die Sekte immer weniger anfangen konnte, sie mir immer unsympathischer wurde und ich das Interesse an ihr verlor. Auch das ist aber natürlich nur mein persönlicher Eindruck. Dahingegen schrieb Florian ja in seiner Rezension, dass er Chass‘ Entwicklung besonders interessant fand.

Das Ende

Natürlich werde ich euch hier nicht den Ausgang des Romans spoilern, aber meiner Meinung nach hat Freed einen guten und glaubhaften Abschluss für die Trilogie und ihre Figuren gefunden. Insgesamt hat sich die Trilogie über die drei Bände hinweg aus einer Nische heraus zu einer Geschichte entwickelt, die uns nicht nur Einzelschicksale von Pilotinnen und Piloten erzählt, sondern auch größere Entwicklungen in den Blick nimmt, die die gesamte Galaxis betreffen. Insofern sollten sich Leserinnen und Leser, die die Bücher bisher links liegen gelassen haben, vielleicht nochmals überlegen, ob sie ihnen nicht doch eine Chance geben. Gerade wenn ihr euch für den Umbruch zwischen Imperium und Neuer Republik interessiert, ist die Trilogie ein echter Gewinn.

Fazit

Eben diese tolle Darstellung der Umbruchsituation und die ausführliche Behandlung der Frage, wie mit Kriegsverbrechern und weiten Teilen der Gesellschaft, die sich schuldig gemacht haben, umgegangen werden soll, verleiten mich fast dazu, fünf Holocrons zu vergeben. Leider gab es aber doch einige Punkte, an denen meine Erwartungen enttäuscht wurden und ich mir noch mehr gewünscht hätte. Deshalb bleibt Victory’s Price für mich bei dennoch guten vier Holocrons.

Bewertung: 4 von 5 Holocrons
Bewertung: 4 von 5 Holocrons

Wir danken Penguin Random House UK und dem Verlag Del Rey recht herzlich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Victory’s Price: An Alphabet Squadron Novel in der britischen Ausgabe von Del Rey könnt ihr euch auf Amazon.de¹ bestellen. Auf Deutsch erscheint dieses Jahr im Juli der erste Band der Trilogie bei Blanvalet. Bei Amazon¹ könnt ihr ihn bereits vorbestellen. Für Band 2 und 3 gibt es bisher noch kein Erscheinungsdatum in deutscher Sprache.

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