Rezension: Thrawn von Jody Houser

Ende September erschien bei Panini der Sammelband zur Romanadaption von Thrawn. Dieser enthält die von Jody Houser geschriebenen und von Luke Ross gezeichneten US-Einzelhefte aus dem Marvel-Verlag, welche im Zeitraum vom 14. Februar 2018 bis zum 11. Juli 2018 erschienen sind.

DER UNAUFHALTSAME AUFSTIEG EINES FREMDEN
Auf dem Planeten Lysatra treffen imperiale Truppen auf einen unvergleichlichen Kämpfer. Er gehört zur Spezies der Chiss, um die sich viele Legenden ranken. Sie sollen extrem gute Strategen sein und im Kampf praktisch jedes Ziel erreichen können. Der Fremde, der sich Thrawn nennt, wird zum Imperator gebracht und bietet ihm seine Dienste an. Er will Berater für die Unbekannten Regionen werden und das Imperium vor einer drohenden Gefahr schützen. Im Gegenzug verlangt er vom Imperator Schutz für sein Volk.

Verlagsinfo Panini
Thrawn (24.09.2019)
Thrawn (24.09.2019)

Zum Inhalt: Wer bereits den Roman von Timothy Zahn kennt, wird in der Comic-Adaption auf keinerlei neue inhaltliche Wendungen treffen, die die Geschichte gravierend ändern würden. Trotzdem finde ich, dass man sehr wohl den Inhalt loben kann, da es Houser gelungen ist einen 400-seitigen Roman gut verständlich und auf wichtige Wendungen verdichtet zu adaptieren. Thrawn stellt dabei ein Pilotprojekt im Kanon dar, da es sich um den ersten und bisher einzigen Roman handelt, der als klassischer Comic adaptiert wurde (wenn man die Manga-Adaptionen von Lost Stars und bald auch The Legends of Luke Skywalker ausblendet).

So wird beispielsweise die im Roman längere Befragung auf Ansion auf das Wesentliche gekürzt, wodurch auch nicht Eli derjenige ist, der die Piratensprache entziffert, sondern es allgemein so dargestellt wird, als könnten Thrawn und Eli die Gefangenen verstehen. Ein weiteres Beispiel für eine angenehme Kürzung ist die Zusammenfassung der Ereignisse rund um Botajef nachdem Thrawn das Kommando über die Chimaera erhalten hat und bevor er sich um Batonn kümmern soll. Im Roman diente dies dazu, etwas mehr über den Rivalen Schattenschwan zu erfahren, was im Comic ob der fehlenden Details nur unnötige Eskapaden gewesen wären und so von der Haupthandlung abgelenkt hätte. Damit in Verbindung steht aber auch eine kleine Schwäche des Comics. Auch wenn Thrawn seinen Antagonisten schon sehr früh trifft – im Roman wie im Comic, erfolgt die Nennung des Namens von Schattenschwan erst im letzten Drittel des Comics und ohne jegliche Einführung. Eli und Thrawn sprechen über den Schmuggel von Metallen und wie Schattenschwan denjenigen dabei hilft. Im Roman wird die Erkenntnis rund um Schattenschwan etwas besser aufgebaut und der Name auch sinnvoller eingeführt. Da dies aber in einer eher unwichtigeren Zwischenepisode passiert, war dies nicht Teil der Adaption. Somit ist dies im Endeffekt ein kleinerer Kritikpunkt, der Lesern des Romans nicht allzu schwer aufstoßen sollte. Als ausschließlicher Leser des Comics muss man dann bis zum Aufeinandertreffen der beiden Rivalen warten, um zu verstehen, wo die Anzeichen für die Identität Schattenschwans erkennbar waren und wer er wirklich ist.

Ein großes Lob muss ich dagegen aber der Entscheidung aussprechen Arihnda Pryce‘ Handlungsbogen zusammenhängend abzuarbeiten. Demnach wird im Comic nicht mit einer ständigen Abwechslung zwischen Pryce- und Thrawn-Kapiteln gearbeitet, wie es im Roman der Fall war, sondern ihr Aufstieg in der Hierarchie des Imperiums als einheitlicher Block und ursprünglich einheitliches Einzelheft (#3) abgearbeitet. Das hat zum Vorteil, dass man den Überblick über die Handlung gegen Ende bis hin zu Batonn nicht verliert und auch Arihndas Story meiner Meinung nach besser folgen kann als im Roman. Auch hier wurde auf weniger wichtige Szenen verzichtet, was ihre Freundschaft zu den Vorsitzenden von „Weiter Himmel“ zwar etwas konstruiert aussehen lässt, dafür aber ihren Bürojob nach der Entlassung beim Senator von Lothal beispielsweise auf ein Mindestmaß herunterbricht.

Die Umsetzung: Einen Roman als Comic zu adaptieren, hat in meinen Augen einen deutlicheren Mehrwert als die Handlung eines Kinofilms noch einmal als Comic umzusetzen. Aus diesem Grund bin ich sehr froh, dass mit Thrawn dieser Vorstoß gewagt wurde, und würde mich sehr über weitere Romanadaptionen freuen. Nicht nur, dass wir endlich ein Bild von Eli Vanto erhalten – den Zahn kaum beschrieben hat – sondern auch, wie man Thrawns Analysen durch eine Nahaufnahme seiner Augen während Besprechungen oder Unterhaltungen umgesetzt hat – all dies gibt dem Comic einen deutlichen Mehrwert und ergänzt den Roman hervorragend. Auch die Darstellung von Figuren im Hintergrund des Panels, sobald über diese geredet wird (beispielsweise Tarkin oder Eli), hilft auch dem Nicht-Roman-Leser sich in dem Wust aus handelnden Figuren zurechtzufinden. Ein großer Kritikpunkt meinerseits an Zahns bisherigen Thrawn-Romanen ist immer die schwer vorstellbare Schilderung von Kampfabläufen, die natürlich Thrawns Steckenpferd, aber für die Romanform eher ungeeignet sind. Auch hier schafft der Comic Abhilfe, indem die Panels die jeweiligen Manöver darstellen, während diese „aus dem Off“ erklärt werden. So habe selbst ich – der irgendwann ab Seite fünf solcher Schilderungen im Roman beginnt, den Kopf auszuschalten und erst nach dem Kampf wirklich aufmerksam weiterzulesen – die Abläufe und Ideen von Thrawn verstanden.

Die Zeichnungen: Ich finde, Thrawn gehört für mich zu einem der bisher besten Comics, wenn es um die Zeichnungen und Kolorationen geht. Luke Ross und Nolan Woodward haben meiner Meinung nach hervorragende Arbeit geleistet. So wirken die Seiten auch im Kampf nie zu unübersichtlich, die Hintergründe sind in den richtigen Momenten entweder auffällig oder halten sich dezent zurück und die Umgebungen wirken glaubwürdig und teilweise fast schon „lebendig“. Mein absolutes Highlight ist definitiv die Seite kurz nachdem Thrawn das Kommando über die Chimaera erhalten hat, auf welcher eine sehr schön umgesetzte Kollage sogleich die Handlungen rund um Botajef zusammenfasst.

Die Übersetzung: Ich bin für gewöhnlich kein Kritiker von Übersetzungen. Ob nun einige Begriffe in Romanen einen leichten Übersetzungsfehler aufweisen oder nicht, ist mir insofern egal, da man darüber hinweg liest. Doch was in diesem Sammelband geschehen ist, kann ich wirklich nicht mehr mit einem Schulterzucken abfertigen. Thrawn ist seit den Legends Inhaber des Titels „Grand Admiral“, was im Deutschen schon seit jeher als „Großadmiral“ übersetzt wurde. Nun hatte man anscheinend bei der Übersetzung des Comics keine Muße mehr, am Ende noch wirklich aufzupassen, und hat den Titel bei der Nennung durch den Imperator kurzerhand in GROSSADMOFF umgetauft und ihn zusätzlich noch fett markiert. Im weiteren Gesprächsverlauf nennt der Imperator Thrawn dann wenigstens nur noch Großmoff – ohne ad – was zwar ein korrekter Titel, aber keineswegs der Titel von Thrawn ist. Dadurch, dass sich die Nennung von Großmoff innerhalb von zwei Seiten so oft wiederholt, kann man auch davon ausgehen, dass Thrawn vorsätzlich so genannt wurde, da dieser Fehler sonst hätte auffallen müssen…

Fazit: Der Comic rund um den ersten Thrawn-Roman von Timothy Zahn wurde von Jodie Houser sehr gut umgesetzt und die Darstellung der Romanhandlung wurde (fast) immer hervorragend auf das Wesentliche verdichtet. Auch die Zeichnungen sind meiner Meinung nach sehr gut gelungen und geben allen Charakteren immer eine aussagekräftige Mimik sowie Gestik. Auch die Ideen mit denen man Thrawns Analysen in Bildform übertragen oder Elis Gedanken dargestellt hat, haben mich positiv überrascht. Einzig die Übersetzung stößt gerade in dem Kontext, dass Thrawn der berühmteste Inhaber des Titels Großadmiral ist, extrem sauer auf und hätte bei der Anzahl an falschen Nennungen des Titels auch nicht übersehen werden dürfen.

Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares und der Vorschauseiten.

6 Kommentare

    1. Das war mir neu. Dann ist das ja noch seltsamer. Wird Thrawn dann vom Imperator auch im weiteren Verlauf Großadmiral genannt oder nur in der fettgedruckten Erstnennung seines Titels?

    2. Auch im weiteren Verlauf wird er Großadmiral genannt.
      Im Einzelheft ist es fehlerfrei.

      Ich hab mich auch schon gewundert, als ich den Sammelband gelesen habe. Ich frage mich, was da schief gelaufen ist, da es ja bei der ersten Veröffentlichung richtig war.

    3. Ich möchte mal vermuten, dass für die Einzelhefte eine lektorierte Übersetzung verwendet wurde, während man für den Sammelband das unbelassene Original des Übersetzers in den Druck schickte… dumm gelaufen, und irgendwie auch lustig… „Großadmoff“ klingt fast schon wie ein Parodietitel.

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