Mit den nunmehr fast 70 Einträgen in der Comic-Kollektion erleichtert Panini gerade den neuen Lesern einen Einstieg in die umfangreiche und illustre Welt der alten Comic-Ära. Vor allem Dark Horse hat mit seinen tonal ernsten und manchmal durchaus unkonventionellen Geschichten das EU um wichtige Perspektiven erweitert. Die Freiheit der Autoren war nicht unbegrenzt, im Rahmen der Umstände aber ungemein groß. Auf diese Weise ergaben sich im vorhandenen Kosmos ganz neue Mythologien sowie Möglichkeiten, bekannte Figuren und Konzepte in neue Kontexte zu setzen. So auch in Das Bauernopfer:
In der heute zu rezensierenden Iteration #67 werfen wir einen Blick auf die Anstrengungen diverser Dissidenten, die mit ihrem Streben nach Freiheit dem Imperium die Stirn bieten wollen. Als Fortsetzung der ersten Rebellion-Hefte, die als Band Mein Bruder, Mein Feind! zusammengefasst wurden, verfolgen wir die Geschichte Lieutenant Wyl Tarsons weiter. Dieser ist im vorherigen Handlungsbogen von seinem Auftraggeber, dem skurrilen, aber gewieften Verbrecherboss Raze, als Rebellenspion enttarnt worden. Da Raze besonders an seinen monetären Verdiensten interessiert ist, entledigt er sich Wyls nicht so einfach, sondern implantiert ihm einen Sprengsatz in den Kopf, und zwingt ihn so zu einem letzten, lukrativen Auftrag. Dieser führt Wyl auf einen abgelegenen Planeten, der aus triftigem Grund für das Imperium von großem Interesse ist, und von Widerstandkämpfern in einen bürgerkriegsähnlichen Zustand versetzt wurde. Eine bunte Entourage begleitet Wyl bei seinem Vorhaben. Versierte Kenner der Star Wars Tales-Reihe dürfen sich hier sogar auf ein Wiedersehen mit einer alten Figur freuen.
Die Zeichnungen von Michel Lacombe sind durchaus schön anzusehen und illustrieren die Geschichte zielführend. Vorherrschend ist ein Fokus auf realistischere und ernste Darstellungen (soweit das natürlich im Sci-Fi-Rahmen möglich ist). Die Farben Will Glass‘ hingegen drücken dem Ganzen erst einen besonderen Stempel auf. Starke, satte Farben sucht man vergebens, oft ist alles eher kälter, desaturierter gehalten. Der prominente Schwarzeinsatz erzeugt dann die prägnanten Kontraste und ist sinnbildlich für die aussichtslose wie ambivalente Lage der Geschichte zu sehen. Wyls Absichten sind oft von starken Zweifeln und Hindernissen geprägt, seine Situation ist nie besonders aussichtsreich. Das Kreativteam hat die Intention des Autors hier gut visualisiert.
Mit dem Formellen aus dem Weg, können wir uns nun der Geschichte selbst widmen. Um das Leseerlebnis nicht mit Spoilern zu beeinträchtigen, werde ich eher generell über den Comic sprechen. Rob Williams und Brandon Bradeaux haben hier eine durchaus passable Geschichte geschrieben, die sich leicht in die düsteren und vor allem unruhigen Zeiten nach der Schlacht um Yavin einordnet. Das Imperium zeigt zwar durchaus Präsenz, im Vordergrund stehen aber zwielichtige Charakter der verschiedensten Ursprünge.
Wyl selbst ist eine von der Vergangenheit geplagte Seele, hin und her gerissen zwischen seinem Dienst an der Rebellion und seinem Wunsch, die Situation unbeschadet zu überstehen. Seine Situation ist durchaus interessant, bedarf aber zusätzlicher Ausstaffierung, um tatsächlich handlungstragend oder ergreifend werden zu können. Sein hundeähnlicher Begleiter, dem Alkohol verfallen, soll die Stimmung durch seine drolligen Bemerkungen auflockern, wirkt aber leider oft deplatziert in diesem Unterfangen. Wenn man eine ernste Geschichte erzählen will, sollte man nicht vor ernsten Figuren zurückschrecken. Ernst ist auch der Jedi-Begleiter der Gruppe, der am wenigsten Charakterisierung erhält. Mir war die Figur leider nicht bekannt, wodurch ich seine Methoden weniger nachvollziehen konnte. Später in der Geschichte soll es sogar noch zum Einsatz seiner ikonischen Waffe kommen. Dieser Kampf ist zwar nett inszeniert und involviert einen großen Antagonisten der Reihe, aber in Anbetracht des größeren Rahmens nicht wirklich wichtig. Es ist schade, dass es mit Jedi-Figuren fast immer dazu kommen muss, wenn daneben Figuren wie Dass Jennir aus Dark Times existieren, die auch ohne Klinge einen Kampf ihrer Religion austragen können. Zu guter Letzt wäre da noch Wyls weibliche Begleitung, die von Auftraggeber Raze zur Seite gestellt wurde. Sie ist eine Art Kompass der Geschichte, der Wyl immer wieder seine Zugehörigkeiten und Loyalitäten vorhält. Leider bleibt auch sie so blass wie ihr weißes Gewand und bekommt zu wenig zu tun.
Insgesamt ist Das Bauernopfer ein passabler bis stellenweise guter Comic, der aber leider versucht, zu viele Themen auf einmal abzudecken. Vielleicht liegt es an dem Wunsch, die Erwartungshaltung der Fans in vollem Maße zu erfüllen, weshalb wir hier das Imperium, Korruption, Ganoven, Lichtschwerter und einen Bürgerkrieg in einem einzigen Band vorfinden. Eine fokussiertere Herangehensweise mit etwas weniger Bombast hätte der Handlung vielleicht gut getan. Oder zumindest eine zusätzliches Ausgabe, um die Figuren etwas zum Atmen kommen zu lassen und mehr miteinander agieren zu lassen. Auch wäre es dann möglich gewesen, den Figuren etwas mehr vom benötigten charakterlichen Fleisch auf die Rippen zu schreiben.
Wir danken Panini für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares.