Hinter Tür Nummer 9 unseres Dark-Horse-Comics-Adventskalenders verbirgt sich die Rezension des ersten Teils des bisher größten Crossovers der Star Wars-Comic-Geschichte: Vector. Dieses einmalige Ereignis in der Geschichte unserer Saga darf in unserer Retrospektive natürlich nicht fehlen. Vorsicht – es gibt Spoiler zu den bisherigen Teilen der Comicserien KOTOR und Dark Times.
Im Jahr 2008 startete Dark Horse Comics das ultimative, zwölfmonatige Crossover ihrer vier großen Star Wars-Reihen Knights of the Old Republic (4 Ausgabe), Dark Times (2 Ausgaben), Rebellion (2 Ausgaben) und Legacy (4 Ausgaben). Dafür führte man in Form von Celeste Morne, Karness Muur und dem Muur-Talisman in Knights of the Old Republic ein plot device ein, das sich dann durch Zeit und Raum in die Jahrtausende später angesiedelten Geschichten von Darth Vader, Luke Skywalker und Cade Skywalker fortsetzte – natürlich ohne Zeitreise, sondern über eine Stasiskapsel, Dreypas Oubliette. In allen Comicreihen sollte das Crossover dann weitreichende Folgen für den weiteren Verlauf der Geschichte haben.
Im 46. Panini-Sonderband Vector I: Der Muur-Talisman sind die vier Knights of the Old Republic: Vector-Hefte und die beiden Dark Times: Vector-Hefte enthalten. Erstere wurden von John Jackson Miller geschrieben und von Scott Hepburn gezeichnet, für letztere sind Autor Randy Stradley und Zeichner Douglas Wheatley die kreativen Köpfe gewesen.
Die Geschichte beginnt in KOTOR mit einer Vision der Jedi-Geheimbund-Seherin Q’Anilia, in der sie vor der Bedrohung durch einen Sith-Lord (Karness Muur) gewarnt wird und auch Blicke auf Darth Vader, Luke Skywalker und Cade Skywalker erhascht. Der Geheimbund setzt einen seiner „Schatten“, Celeste Morne, darauf an, die potenzielle Bedrohung zu beenden, indem sie den Muur-Talisman sicherstellt. Morne, die anfangs genauso fähig wie skrupellos, begegnet im weiteren Verlauf der Geschichte Zayne Carrick und – ohne zu viel zu verraten – landet schließlich samt Muur-Talisman in einer Stasiskapsel, in der sie in die Zukunft überdauert. Die KOTOR-Geschichte glänzt durch prominente Gastauftritte aus dem Spiel. Neben den Rakghulen auf Taris tritt auch der Mandalorianer Cassus Fett erneut im Comic in Erscheinung, der im Spiel erstmals erwähnt und aufgrund seines Nachnamens auch gleich berühmt wurde.
John Jackson Miller verbindet erneut gekonnt Drama und Komik in seinem Teil von Vector. Marn und Zayne sind für einige Lacher gut, während Celeste Morne – und der Geheimbund und Horden von Mandalorianern, die es auf unsere Helden abgesehen haben – für entsprechende Dramatik sorgen. Ich fand es auch interessant, wie Celeste und Zayne letztendlich verblieben sind, war dies doch eine direkte Konfrontation zwischen dem Meistgesuchten des Geheimbunds und einem ihrer Top-Agenten. Das Artwork spiegelt diese Mischung aus Komik und Drama auch gut wieder und überzeugt durch sehr ausdrucksstarke Gesichter. Bisweilen ist es aber etwas kantig.
In der Dark Times-Geschichte erfarhen wir endlich, was in der Schatzkiste der Uhumele-Crew ist – oh Wunder, es handelt sich natürlich um Dreypas Oubliette mit Celeste Morne und Karness Muurs Talisman samt Sith-Geist darin. Diese Kiste landet schließlich in den Händen von Darth Vader und einem seiner Wissenschaftler, was zu einem obligatorischen Lichtschwertduell mit dem Dunklen Lord führt, während die Uhumele-Crew sich mit der Rakghul-Seuche konfrontiert sieht. Der Ausgang ist nicht ohne Verluste…
Dark Times gewinnt natürlich jeden Artwork-Vergleich. Scott Hepburn leistet in KOTOR wunderbare Arbeit und der Stil ist angemessen, aber aus dem Kontext befreit spricht mich Douglas Wheatleys unglaublich detaillierte, rundere Arbeit einfach mehr an. Sie passt aber auch besser zu der eher düsteren und abgeklärten Dark Times-Serie – für eine Serie wie KOTOR fehlt ihr der humorvolle „Touch“, der trotz aller Ernsthaftigkeit bei Hauptfiguren wie Zayne Carrick und Marn Hierogryph einfach mitschwingen muss. Ich muss die Dark-Horse-Autoren auch dafür loben, wie sie die Serien verwoben haben. Die Schatzkiste der Uhumele-Crew war ja schon einige Zeit ein Rätsel und bot sich natürlich wunderbar für die Vector-Geschichte an.
Leider macht die Geschichte auch wieder Gebrauch eines Aspekts, der nie so Recht in mein Star Wars passte: Sith-Magie. Ja, nachdem das Legends-Universum sowieso voll davon ist und auch der Kanon dank der Nachtschwestern und Sith-Rituale aus The Clone Wars seine Portion davon bekommen hat, ist mir das einfach zu weit weg. Die Macht ist eine mystische Kraft, klar, und ihre Dunkle Seite ist definitiv auch zerstörerisch, keine Frage, aber Konzepte wie Sith-Alchemie oder magische Talismane stoßen bei mir immer noch sauer auf. Als The Old Republic-Spieler bin ich zwar inzwischen daran gewöhnt, aber ganz weg geht das miese Gefühl nicht.
Alles in allem bietet die erste Hälfte von Vector eine mitreißende Geschichte, die Spaß macht zu lesen, und die Star Wars-Comicserien Knights of the Old Republic und Dark Times haben davon auch profitiert. In Dark Times muss man mit Verlusten umgehen, während Zaynes Mission, sich den mörderischen Jedi-Geheimbund vom Halse zu schaffen, endlich Fortschritte macht. Trotz des Mankos der Sith-Magie, das vermutlich nur ich so empfinde, eine sehr runde Sache, der ich nur fünf Holocrons geben kann.
Ob mir der zweite Vector-Band wohl auch so gut gefallen hat…? Ihr erfahrt es demnächst.
Ich danke mir selbst für die Weisheit, mit „Legacy“ und „KOTOR“ in die „Star Wars“-Comicwelt eingestiegen zu sein, sodass mein Bücherregal mich für diese Rezension wunderbar mit dem nötigen Lesematerial versorgen konnte.