
Wenn ich einen Star Wars-Roman in diesem Jahr so gar nicht auf dem Zettel hatte, dann war es wohl Sanctuary: A Bad Batch Novel. Braucht es denn wirklich einen Erwachsenenroman zu den ziemlich stereotypen und wenig tiefgründigen Helden der animierten Serie? Und gibt irgendeine beliebige Mission des Bad Batchs wirklich genügend Stoff und Spannung für eine längere Geschichte her? – Ich hatte ehrlich gesagt meine Zweifel. Ob Lamar Giles mich mit seinem am 5. August bei Random House Worlds erschienenen Roman dennoch überraschen konnte, erfahrt ihr in meiner Rezension.
Zur Handlung
Sanctuary schickt Hunter, Wrecker, Tech, Omega und Phee zusammen auf zwei sich überschneidende Missionen, die sich im Laufe der Handlung immer mehr verknüpfen. Beide sollen dazu dienen, Geld für den Planeten Pabu aufzubringen, auf dem das Bad Batch kurz zuvor gelandet ist. Der Roman setzt nämlich nach der 13. Folge der zweiten Staffel namens „Pabu“ an. Eine Mission besteht darin, bei einer Auktion ein religiöses Artefakt für eine Sammlerin zu stehlen, die andere darin, zwei mysteriöse Passagiere zu transportieren. Doch keine der beiden Missionen stellt sich als einfach heraus. Die missglückte Heist-Aktion im Auktionshaus führt dazu, dass das Bad Batch nun das ISB auf den Fersen hat, die reiche Sammlerin stellt sich als skrupellose und gefährliche Verbrecherin heraus, und auch die beiden zwielichtig wirkenden Passagiere bringen mehr Probleme im Schlepptau mit, als es Hunter und Co. lieb ist. Das Bad Batch findet sich plötzlich auf der Flucht vor mehreren gefährlichen Feinden wieder…
Kinderserien-Charaktere werden „erwachsen“
Und, wie funktionieren die Figuren des Bad Batchs nun in einem Erwachsenenroman? – Erstaunlich gut! Am Anfang hatte ich zwar noch eine gewisse kognitive Dissonanz, wenn ich mir die animierten Figuren in Szenen vorstellte, in denen sie durchaus tiefgreifende Gedanken haben oder Gespräche führen. Das ließ dann aber im Verlauf der Handlung immer mehr nach, da ich mich an das Konzept gewöhnt hatte. Giles greift verschiedene Ansätze zu vertiefter Charakterisierung aus der Serie auf. So gelingt es ihm tatsächlich, Hunter zu einem komplexen Charakter auszuarbeiten, der mit seiner Rolle als Anführer und der Verantwortung für das Treffen guter Entscheidungen hadert. Zwischen Tech und Phee lässt der Autor eine beginnenden Romanze erblühen, die wirklich herzerwärmend ist. Weniger im Fokus stehen verständlicherweise Wrecker, der als Kraftpaket der Gruppe weniger an interessantem Innenleben mitbringt, und Omega, die als Kinderfigur nicht im Rampenlicht eines Erwachsenenromans steht. Dennoch sind auch die Stimmen der beiden gut eingefangen, sodass man sie als die Charaktere aus der Serie wiedererkennt. Die Entscheidung, den Fokus vor allem auf Hunter, Tech und Phee zu legen, ist meiner Meinung nach genau richtig und verleiht dem Roman die nötige Ernsthaftigkeit.


Faszinierende Bösewichte
Ein Highlight des Romans sind aber auch seine neuen Figuren. Die beiden Schurkenfiguren, ein ISB-Agent und die unheimlich reiche und im Imperium gut mit „Vitamin B“ versorgte Immobilienmogulin und Artefakte-Sammlerin, sind beide faszinierende Bösewichte, die sich an Grausamkeiten ergötzen und sich selbst für die Krone der Schöpfung halten, also Gegner, die man zurecht leidenschaftlich hassen kann. Die vollkommen psychopathische reiche Dame, die sich gerne politischen Einfluss erkauft und bei der man nicht so recht weiß, wo das Business aufhört und das Verbrechen anfängt, wirkt wie ein Kommentar auf aktuelle realweltliche gesellschaftliche Verhältnisse. Ein besonderer Twist ist dabei, dass diese nur leicht fiktional verhüllte Gesellschaftskritik meist von dem ISB-Agenten geäußert wird, der nun wirklich selbst kein Sympathieträger ist, aber in manchen (wenigen!) Aspekten dann doch Recht hat. Generell ist auch das Verhältnis der beiden Bösewichte extrem spannend, da sie zwar zusammenarbeiten, aber sich doch gegenseitig verachten und nur strategisch auf die Gelegenheit warten, dem jeweils anderen ein Messer in den Rücken zu rammen, wenn er seinen Zweck erfüllt hat.
Vielschichtige Figuren und die richtige Portion Action
Buchstäblich vielschichtig sind die beiden Passagiere, die das Bad Batch transportiert und deren Geheimnisse und Vergangenheit auf clevere Weise nach und nach enthüllt werden. Gerade aus diesen Enthüllungen rund um die Passagiere und deren Beziehungen zu anderen Figuren zieht der Roman ebenfalls viel Spannung und Emotionalität. Aber auch die Flucht des Bad Batchs, die durch weitere Komplikationen immer dramatischer wird, sorgt dafür, dass man immer weiterlesen will. Ebenso bietet der Roman genügend Action in Form von Einsätzen und Kämpfen des Bad Batchs, wie man das von einem Roman rund um diese Truppe erwarten würde. Aber die Action nimmt auch nicht überhand. Im Mittelpunkt stehen stattdessen persönliche Schicksale und zwischenmenschliche Beziehungen und deren Dynamiken.
Fazit
Sanctuary: A Bad Batch Novel hat es tatsächlich geschafft, mich zu überraschen. Kindgerechte Animationsfiguren werden hier erwachsen. Dazu erschafft Lamar Giles wunderbar fiese Bösewichte und vielschichtige Charaktere. Schrittweise emotionale Enthüllungen halten die Spannung hoch und sorgen dafür, dass man das Buch nicht weglegen mag. Dafür vergebe ich gerne fünf von fünf Holocrons.












Ich kann deiner Rezension nur beipflichten. Vor allem die beiden Antagonisten hatten es mir wirklich angetan. Das ganze Buch ist im Grunde „Andor Light für Bad-Batch-Fans“, wenn ich das mal so nennen darf.
Einzig die kleine Rogue-One-Anleihe am Ende war doch etwas zu offensichtlich, wenngleich storymäßig dennoch passend, also ist das für mich kein wirklicher Abstrich für diesen insgesamt sehr guten Roman.
Hi, danke für die Rezension. 🙂
Normalerweise lese ich ja nur Comics. Aber dein Text macht mich echt neugierig. Vor allem, weil ich als Kind der 2000er die Serien im Clone Wars-Stil und deren Charaktere liebe.
Gibt es denn Hinweise, ob die Geschichte noch als Comic rausgebracht wird (oder Manga, wie beim Leia Roman)?
Ansonsten muss ich doch einmal ein Buch lesen hahaha.
Liebe Grüße
Aktuell ist das eher unwahrscheinlich, also greif besser zum Buch.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Geschichte als Comic so gut funktionieren würde wie als Roman. Das, was mir so gut gefallen hat an dem Roman (Innenleben der Figuren), war eigentlich genau das, was sich in einem Comic weniger gut darstellen lässt.