Rezension: The Glass Abyss von Steven Barnes ist alles andere als Star Wars

Nach The Living Force von John Jackson Miller erhalten wir mit Mace Windu: The Glass Abyss von Steven Barnes in diesem Jahr nun schon den zweiten Roman, der zur Zeit der Prequels angesiedelt ist. Das am 15. Oktober bei Random House Worlds erschienene Werk begleitet Mace Windu kurz nach Episode I auf einer Solo-Mission auf einen mysteriösen Planeten. Eigentlich fühle ich mich in den Prequels sehr zuhause und freue mich immer über neue Jedi-Geschichten aus dieser Zeit. Warum The Glass Abyss für mich dennoch eine Enttäuschung auf ganzer Linie war und ich das Buch als eines der schlechtesten Star Wars-Bücher, die ich je gelesen habe, einordnen würde, erfahrt ihr in meiner Rezension…

Zum Inhalt

Qui-Gon Jinn hat vor seinem Tod Mace Windu eine Botschaft hinterlassen, in der er ihn bittet, den Bewohnern des Planeten Metagos im Outer Rim zu helfen. Dieser Planet, der nur in einem komplexen Höhlensystem unter der Erde bewohnbar ist, wird von zwei verschiedenen Verbrecher-Clans beherrscht. Diese unterdrücken unter anderem das Volk der Sa’ad, das in Einklang mit den Hillians lebt, großen Spinnenwurm-Wesen, die sehr reißfeste Seile spinnen können. Qui-Gon hat den Sa’ad bereits Jahre zuvor geholfen, nun bittet deren Anführerin KinShan erneut um Hilfe. Um die Rätsel des Planeten zu lösen und den Sa’ad zu helfen, begibt sich Mace Windu als Undercover-Agent in die Dienste der beiden Clans. Doch die mysteriösen Kräfte des Planeten schwächen seine Verbindung zur Macht an und er muss neue Fähigkeiten wie das „Traumweben“ der Sa’ad erlernen…

Ermüdung durch exzessives Worldbuildung

Aus meiner kurzen Zusammenfassung wird vielleicht schon ersichtlich, dass der Roman uns mit dem Planeten Metagos und seinen Bewohner*innen eine sehr komplexe neue Welt vorstellt. Und obwohl dies prinzipiell spannend sein könnte, ist es in diesem Fall leider eine komplette Katastrophe, da der Autor kein Maß und keine Mitte zu kennen scheint. Stattdessen scheint er so verliebt in die von ihm kreierte Welt zu sein, dass er gar nicht aufhören kann mit Infodumping. Kapitelweise wandert Mace staunend durch die Welt von Metagos, spricht mit deren Bewohnern und denkt sich „Oh, wie spannend die Evolution auf diesem Planeten doch ist! Faszinierend, wie die verschiedenen Bevölkerungsgruppen sich über die Ebenen des Höhlensystem verteilen! Wahnsinn, wie interessant doch diese Spinnenwürmer und ihre Seile sind!“ Nein, lieber Steven Barnes, das ist eben nicht spannend! Nicht, wenn das schon seit Dutzenden von Seiten so geht, während ich darauf warte, dass endlich etwas Interessantes passiert oder mal ein Charakter auftaucht, zu dem man eine emotionale Beziehung aufbauen könnte oder der eine spannende Motivation mitbringt. Dieses schier endlose Worldbuilding, das teilweise auch in extrem seltsam-esoterische Richtungen abdriftet, hat mich tatsächlich so sehr ermüdet, dass ich ab einem gewissen Punkt gar keine Lust mehr hatte, weiterzulesen. Hätte ich das Buch nicht lesen „müssen“, um es hier und im JediCast zu besprechen, hätte ich es mit Sicherheit spätestens nach einem gelesenen Viertel nicht mehr angefasst.

Fehlendes Star Wars-Gefühl

Eng verknüpft mit dem Problem des exzessiven Worldbuildings ist das Problem, das man zu keinem Zeitpunkt das Gefühl bekommt, hier einen Star Wars-Roman zu lesen. Mace Windu ist die einzige bekannte Figur, die in mehr als einer kurzen Szene oder einem Rückblick auftritt. Das an sich wäre ja kein Problem. Auch in The High Republic sind wir ja beispielsweise mit komplett neuen und bis dahin unbekannten Figuren gestartet, aber diese waren eingebettet in den Kontext eines Jedi-Ordens, der uns in ähnlicher Form bereits bekannt war. Unser einziger bekannter Charakter Mace handelt hier aber nicht in einem bekannten Umfeld, sondern reist zu einem komplett andersartigen Planeten, der keine Star Wars-, sondern eher Fantasy-Atmosphäre versprüht. Und selbst Mace verhält sich dort sehr wenig wie ein Jedi. Gerade zum Ende hin handelt er auf mehreren Ebenen ziemlich out of character und nicht mehr nachvollziehbar. Und so wundert man sich dann wirklich, dass auf dem Cover die Worte Star Wars prangen. Eigentlich könnte man diesen Roman problemlos in ein eigenes Fantasy-Universum versetzen, indem man ein paar Anspielungen an bekannte Charaktere oder Orte herausnimmt und Maces Namen ändert. Es würde kaum einen Unterschied machen.

In den wenigen Szenen, in denen der Roman dann mal an das bekannte Universum, hauptsächlich den Jedi-Orden, anknüpft, weiß noch nicht einmal das zu überzeugen. Anschaulichstes Beispiel ist die Tatsache, dass sich der Autor eine tiefe Freundschaft zwischen Mace Windu, einem Jedi, der bekanntermaßen strikt dem Kodex folgt, und Freidenker Qui-Gon Jinn herbeifantasiert. Das passt einfach auf keiner Ebene zu dem, was wir über die beiden Figuren wissen. Solche fragwürdigen Retcons und andere Seltsamkeiten passieren an einigen Stellen und reißen einen beim Lesen immer wieder aus der Handlung – falls denn je ein Gefühl der Immersion aufgekommen sein sollte.

Spannende Charaktere – Fehlanzeige!

Wenn denn wenigstens die Charaktere spannend in sich wären, hätte ich sicher noch einen Anknüpfungspunkt für Interesse finden können. Aber auch an dieser Front gibt es leider nichts zu sehen. Ich konnte keine einzige Figur finden, die eine emotionale Reise durchmachen würde, die mich auch nur ansatzweise gepackt hat. Mace Windu selbst ist, wie bereits erwähnt, oft out of character und ansonsten in eine seltsame spirituell-esoterische Reise verwickelt, die mir echt zu abgedreht war. Die verfeindeten Clan-Führer*innen sind konzeptuell vielleicht interessant, bleiben charakterlich aber relativ blass und eben typische Bösewichte. Die Bürger*innen von Metagos, die wir kennenlernen, scheinen kaum eigene Motivationen zu haben und lassen sich nur zu bereitwillig von Mace für seine Anliegen einspannen. Derweil wirken KinShan Nightbird (allein schon der Name! 🙄) und die Sa’ad wie Figuren aus einer schlechten FanFiction, in der der Autor seine Eigenkreationen unbedingt ins Rampenlicht rücken will. Die Entwicklung der Beziehung zwischen Mace Windu und KinShan im weiteren Verlauf des Romans ist dann so schlecht geschrieben und unglaubwürdig, dass ich an einer Stelle lachen musste vor lauter Unglauben angesichts dessen, was ich da las.

Fazit

Ich habe selten einen Star Wars-Roman gelesen, der mich so wenig unterhalten hat wie dieser. Gähnende Langweile angesichts des ausschweifenden Worldbuildings und der enttäuschend geschriebenen Charaktere, gespickt mit immer wieder auftauchenden Aufregern über Dinge, die so nicht ins etablierte Universum passen. Dazu wirkt die ganze Geschichte an keiner Stelle wie Star Wars. Steven Barnes gibt seinen Leser*innen einfach nichts an die Hand, was deren Interesse aufrecht erhalten könnte. Ich vergebe mit vollster Überzeugung ein von fünf Holocrons.

Bewertung: 1 von 5 Holocrons
Bewertung: 1 von 5 Holocrons

7 Kommentare

  1. Deine Rezension spiegelt das wieder, was ich vom Autor erwartet habe. Schon sein erster Star Wars Roman Obi-Wan Kenobi und die Biodroiden ist meiner Meinung nach der schlechteste Legends Clone Wars Roman und ich war nicht begeistert als ich erfuhr, dass er noch einen Star Wars Roman schreiben durfte.

    1. Oha! Ich habe „Obi-Wan und die Biodroiden“ nie gelesen. Krass, dass du den auch so schlecht fandest. Nach meiner Erfahrung mit „The Glass Abyss“ steht der nun nicht gerade auf meiner Leseliste.

  2. Vielen Dank Ines für deine Rezension. Ich habe die Kaufentscheidung für The Glass Abyss von der Bewertung in der Jedi Bibliothek abhängig gemacht und nun Geld gespart. Eine neue Geschichte um Mace Windu fand ich an sich schon interessant, aber nach dem was du über die Qualität dieser hier schreibst, hätte ich mit dem Buch keine Freude.

    1. Lesen kann man das Buch schon, aber man muss es wirklich wollen. 😀 Hol dir lieber den neuen Marvel-Comicband von Marc Bernardin und Georges Jeanty bzw. dessen deutsche Version von Panini. Die Geschichte ist zwar nicht überragend, aber durchaus solide, und näher am Charakter von Mace Windu.

    2. Freut mich, dass du Geld sparen konntest! Auch dazu sind Rezensionen ja gut. 😉Und meine Meinung zu dem Roman steht innerhalb unseres Teams auch keineswegs alleine da. Niemand von uns, der den Roman bisher gelesen hat, fand ihn sonderlich überzeugend. Das kannst du dir dann auch in ein paar Wochen auch im JediCast anhören.

    3. Den Marvel Comic zu Mace habe ich schon auf meiner Leseliste 😉
      Ich bin gespannt auf eure Demontage des Romans im JediCast, freue mich aber vorher auf das Ausgelesen zu Tears of the Nameless. Daran sind die guten Erinnerungen noch frisch.

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