Marvel-Mittwoch: Inquisitors #1 und The High Republic #9

Dieser Marvel-Mittwoch bringt etwas Altes und etwas Neues oder anders gesagt mit The High Republic #9 das vorletzte Heft einer Reihe, aber mit Inquisitors #1 auch das erste Heft einer neuen Reihe.

Achtung: Wie immer besprechen wir im Marvel-Mittwoch die Handlung der Comics, sodass sowohl der Beitrag als auch die Kommentare Spoiler enthalten können.

Eine Lesereihenfolge ist nicht zu beachten.

Inquisitors #1 – rezensiert von Lukas

Das 2014 in Star Wars Rebels eingeführte Konzept der Jedi-jagenden Inquisitoren ist nicht mehr aus dem Kanon weg zu denken. Ihre Auftritte erstrecken sich von Animationsserien (Rebels, Geschichten des Imperiums), Realserien (Obi-Wan Kenobi), Videospiele (die Jedi-Reihe) über Romane (Die Inquisitorin¹) bis hin zu prominenten Comics (Charles Soules Darth Vader-Reihe). Jetzt, genau zehn Jahre nach ihrem Debüt, erhalten die Brüder und Schwestern rund um den Großinquisitor ihre eigene, vierteilige Miniserie bei Marvel und dürfen sich für Darth Vader auf die Jagd nach einem ganz besonderen Jedi begeben, der die imperiale Ordnung in unbekanntem Ausmaß bedroht.

Inhalt

Inquisitors #1 (03.07.2024)
Inquisitors #1 (03.07.2024)

Obwohl er mit der ersten Ausgabe knapp 30 Seiten und damit das anderthalbfache einer regulären Comic-Ausgabe zur Verfügung hat, fackelt Autor Rodney Barnes (Lando: Doppelt oder Nichts und Marvels The Mandalorian-Adaption) nicht lange und lässt den Großinquisitor auf der Suche nach dem Jedi Tensu Run ein friedliches Dorf voller Jedi-Sympathisant*innen befragen. Mit dieser Szene, die nicht von ungefähr an den Einstieg der jüngst auf BluRay veröffentlichten Live-Action-Serie Obi-Wan Kenobi erinnert, zeigt uns Barnes sowohl eine der Titelfiguren in einer bekannten Situation, baut aber mit dem neu erdachten Jedi Tensu Run den Gegenspieler der Reihe auf, indem er nur sein Wirken und die drängende Suche nach ihm für ihn sprechen lässt. So bekommt die Leserschaft bereits einen guten Eindruck von dem Kaliber, mit dem man es zu tun hat, bevor man ihm selbst begegnet. Als das geschieht, war ich überrascht, dass Charakter und Design ein Mix aus Prototypen von Luke Skywalker und Han Solo zu sein. Er ist nach den Gesprächen über seine Fähigkeiten als Idee und Symbol schließlich überraschend jung, sein Style scheint direkt den späten 70ern entsprungen und er benutzt Blaster und Lichtschwert gleichermaßen, wie der junge Luke vor Ende seiner Ausbildung. Barnes scheint hier einen Gegenentwurf zum letzten der Jedi aufzubauen, der über zehn Jahre vor der neuen Hoffnung allerdings höchstwahrscheinlich gnadenlos scheitern wird.

Ansonsten wird viel Exposition aufgebaut und mit Darth Vaders Anweisung, alle verfügbaren Inquisitoren zu versammeln, weil Tensu einen zu harten Brocken für den Großinquisitor allein darstellt, der Aufhänger für die übrige Reihe. Bei dem Konzept und der mit lediglich vier Ausgaben überschaubaren Länge hätte man schließlich auch eine zusammenhanglose Anthologiereihe, mit je einem Mitglied der Inquisitoren pro Kapitel im Vordergrund schreiben können. Möglicherweise wird das aber auch jetzt noch in begrenztem Maße der Fall sein, nur zum Glück mit einer zusammenhängenden Geschichte, bei der für die Darksider einiges auf dem Spiel steht. Außer dem Großinquisitor bleiben andere Mitglieder aber bisher noch einen Auftritt schuldig, stattdessen lernen wir Tensu Run und seine Gefährten kennen, sogar seinen Meister, der es immerhin bis zum heutigen Heft geschafft hatte, der Order 66 und der Verfolgung des Imperiums zu entgehen, um kurz nach Abreise des ehemaligen Schülers sein Ende durch die rote Klinge des Großinquisitors zu finden. Vielleicht darf in jeder Ausgabe eine*r der vier Inquisitoren vom Cover im Mittelpunkt stehen und die Kerngeschichte jeweils voranbringen.

Allgemein trifft die Ausgabe einen schönen Mix aus spannenden Gedanken und Dialogen, die die Diametrik der vom Dunkeln dominierten Galaxis gegen die leichte Hoffnung, die in derartigen Taten einzelner Jedi aufkeimt, deutlich machen. Gespräche auf der hellen Seite zwischen Run und seinem Meister stehen Gesprächen auf der Dunklen zwischen Vader und dem Großinquisitor gegenüber. Besonders spannend wird es aber, wenn sich die Seiten treffen und letzterer Auge in Auge mit einem Dorfältesten oder dem Meister den die Galaxis gespalteten Konflikt so spürbar machen, wie selten in einem Comicheft. Barnes beweist mit dieser Debütausgabe, dass er mit derart plumpen Comic-Adaptionen wie für The Mandalorian sowohl unterfordert als auch verschwendet sein dürfte und gern häufiger originale Comics schreiben darf. Bevor ich die Exposition aber vollends in den Himmel lobe, warte ich zunächst noch den weiteren Fortgang der knappen Miniserie ab.

Zeichnungen

Ramon Rosanas‘ (Star Wars (2020), Age of Resistance: Helden) Zeichnungen leisten ganze Arbeit. Schon ein Blick auf die Vorschauseiten oben genügt, um zu sehen, dass Raumschiffe, Charaktere, Atmosphären und Stimmungen eindrucksvoll eingefangen wurden und bildlich super transportiert werden. Der Großinquisitor vereint einerseits Elemente seiner stark voneinander abweichenden Animations- mit der kritisierten Realserienoptik, andererseits fügt Rosanas dem Pau’aner aber den bisher in jeder Darstellung vernachlässigten typischen Look der Spezies hinzu. In Episode III: Die Rache der Sith etabliert, ähnelt seine Darstellung nun viel mehr den dort aufgetauchten Vertretern der Spezies, als in Obi-Wan Kenobi. Die Zeichnungen harmonieren außerdem gut mit dem von Barnes gewählten Erzählfluss und schaffen so eine Einheit aus Geschichte und Optik, sodass dem Eintauchen beim Lesen nichts im Weg steht. Die vom Studio Guru-eFX gewohnt souveräne Kolorierung erzeugt einen schönen Gegensatz zwischen den hellen und hoffnungsvollen Szenen der „Guten“, während die dunklen Szenen zwischen den „Bösen“ das andere Ende des Spektrums bedienen. Wann immer der Inquisitor in einen Ort der Hoffnung einfällt, macht sich das auch in den Verläufen der Farben bemerkbar.

Fazit

Seit jeher bin ich ein Fan von Design und Konzept der Inquisitoren und obwohl sie in zahlreichen Geschichten aufgetreten sind, bleibt vieles über sie immer noch unklar. Mit Rodney Barnes neuer Miniserie scheint sich das auch nicht unbedingt zu ändern, stattdessen erleben wir eine klassische Geschichte, die das bisher bekannte Bild der Truppe bedient und gleichzeitig in Form einer spannenden, mächtigen neuen Gegenfigur viele Fragen über die Hoffnung in einer von Finsternis umhüllten Galaxis stellt. Natürlich könnte man die Gelegenheit nutzen, um uns mehr über die Natur der Gruppe und ihre innere Funktionalität zu verraten, vielleicht sogar endgültig die Mitgliederanzahl und -benennung zu finalisieren. Aber selbst wenn nicht und es sich lediglich um eine unterhaltsame Jagd handelt, kann ich es kaum erwarten, Ramon Rosanas sich weiter mit noch mehr Schiffen, Uniformen und Schwertern der Inquisitoren austoben zu sehen.


The High Republic #9 – rezensiert von Patricia

Der Inhalt

The High Republic #9 (03.07.2024)
The High Republic #9 (03.07.2024)

Im vorletzten Heft der The High Republic-Hauptreihe bahnt sich ein wortwörtlich explosives Ende an. Die bereits im letzten Heft von mir erwähnte Ironie des Schicksals entgeht auch Keeve nicht, die keinen zweiten Starlight-Vorfall erleben möchte. Damit lockt sie aus Lourna endlich ein klares Statement hervor, denn diese distanziert sich nun klar und offen von ihren einstigen Verbündeten.

Die Handlung dieser Ausgabe nimmt dieses Mal deutlich an Fahrt auf, sodass man merkt, langsam dem Höhepunkt der Spannung entgegenzukommen. Tatsächlich ist dieses Heft bisher eines der interessantesten der Reihe. Nach neun Ausgaben und mehr als einem halben Jahr Laufzeit fühlt es sich nämlich so an, als wäre nicht wirklich viel geschehen – was ich sowohl positiv als auch negativ sehe. Zum einen tut die Entschleunigung der Handlung der Charakterentwicklung gut und die Konflikte zwischen dem zwischenzeitlich recht groß gewordenen Cast konnten sich viel besser entfalten und Raum einnehmen. Zum anderen sind bisher jedoch kaum weitreichende Konsequenzen entstanden, was durch die Zerstörung der Shingcu Station hoffentlich noch geändert wird. Gerade um Sskeer gab es viel Hin und Her und so langsam wüsste ich gerne einfach Mal, was Sache ist. Ebenso wiederholt sich der Tod eines der Kotabi-Zwillinge. Als Lesende stumpft man innerhalb der Hefte leider irgendwann ab, was diese (vermeintlichen) Tode betrifft, was super schade den Charakteren gegenüber ist. Dies kreide ich aber keinesfalls diesem Heft an, sondern eher dem Aufbau der gesamten Reihe.

Interessant wird es in „Death on Shingcu Station“ also vor allem, wenn es um Lourna geht, die meiner Meinung nach fast schon Keeves Hauptrolle übernommen hat. Seitens Keeve ist auf jeden Fall hervorzuheben, wie gut diese mittlerweile ihre Angst überwinden kann. Dennoch liegt die fesselnde Entwicklung bei „Miss Dee“, die in dieser Ausgabe ein Stück weit die Sichtweise der Lesenden widerspiegelt, indem sie das Geschehen kommentiert. Recht hat sie dabei auch noch – denn sie spricht genau meinen Kritikpunkt an: die Jedi kommen nicht vom Fleck, so wie sie arbeiten. Genau diese Art von Kritik hat der Truppe um Keeve (und den Jedi generell) lange gefehlt. Jemand, der den ihnen ohne Hinterhalt offenbart, wo ihre Schwächen liegen und ihnen demonstriert, wie sie es effizient besser machen können. Auch wenn Lourna dabei ins andere Extrem ausschlägt und zu unbedacht handelt. Ein bisschen mehr Kooperation würde vermutlich beiden Seiten helfen. Mit Lournas Hoffnung auf eine volle Entlastung ihrer Schuld bahnt sich hier vielleicht auch schon die Ausgangslage des nächsten Hörspiels Tempest Breaker an.

Zuletzt bleiben noch die kopflosen Nameless anzusprechen. Headless Nameless, sozusagen. Der kurze Einblick in Boolans Experimente hat mir gut gefallen und wird hoffentlich in der letzten Welle der Phase noch ausgebaut. Es bleibt herauszufinden, wie man die mysteriösen Wesen endgültig besiegen kann!

Zu den Zeichnungen

Die Zeichnungen haben mir in dieser Ausgabe besonders gut gefallen. Laura Braga illustriert realistische und, sagen wir es wie es ist, hübsche Gesichter. Besonders Keeve und Lourna kommen gut zur Geltung, aber auch Boolan und die Nameless sind äußerst detailgetreu dargestellt. Aufgefallen ist mir auch, dass in diesem Heft etwas mehr im Hintergrund passiert. Nicht nur die verschiedenfarbig beleuchteten Säulen erschaffen eine schaurige Atmosphäre, auch die umfassende Darstellung von Schutt und Geröll hebt das Heft auf ein illustratorisch sehr hohes Level und steigert die Freude am Lesen. Verschiedene Perspektiven werten die Leseerfahrung zusätzlich auf. Die Koloration ist ebenfalls etwas lebendiger als bisher und spielt in dieser Ausgabe ästhetisch mit Licht und Schatten. Zeichnerisch eines der besten Hefte der Reihe!

Fazit

The High Republic #9 bereitet viel Freude beim Lesen. Die Handlung bewegt sich auf einen spannenden Höhepunkt zu, und der ernüchternde Fortschritt der Jedi wird durch Lourna Dees Charakterentwicklung aufgewertet. Neue Enthüllungen und neue Loyalitäten lassen auf ein tolles Finale hoffen.


Am 7. August geht es dann sowohl mit Inquisitors #2 also auch The High Republic #10 weiter.
Und auch nächste Woche startet eine neue Reihe. Ahsoka #1 ist der Auftakt der achtteiligen Comic-Adaption der gleichnamigen Disney+-Streamingserie.

Wir bedanken uns bei Marvel für die Bereitstellung der digitalen Vorab-Exemplare, ohne die unser Marvel-Mittwoch nicht möglich wäre.

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