Jason Aaron im Interview zu Star Wars #6 [SPOILER]

Jason Aaron hatte heute seinen Moment der Wahrheit, denn mit Star Wars #6 erschien das Finale des ersten Handlungsbogens von Marvels fortlaufender Star Wars-Reihe. Der Abschluss von Skywalker Strikes brachte eine überraschende Enthüllung für Han Solo, doch eine noch viel folgenschwerere für Darth Vader – und dadurch ergab sich auch ein Crossover mit Darth Vader #6. StarWars.com hat ein Interview mit dem Autor geführt. Vorsicht! Dieses Interview enthällt massive Spoiler zu beiden Reihen!

Star Wars #6: Skywalker Strikes, Part 6 (03.06.2015)
Star Wars #6: Skywalker Strikes, Part 6 (03.06.2015)

Wie denkst du darüber, nun deinen ersten Star Wars-Handlungsbogen abgeschlossen zu haben?
Nun, bisher war das eine ziemlich coole Erfahrung. Ich glaube, wir alle waren aufgeregt, als wir hiermit begonnen haben. Alle, die an den Heften arbeiten, alle bei Marvel – wir waren aufgeregt, dass die Star Wars-Comics zum ersten Mal nach so vielen Jahren zu Marvel zurückkehren würden. Alle waren aufgeregt, dass wir das erste große Star Wars-Projekt des Jahres 2015 machen würden, ein Jahr, das natürlich sehr groß werden wird für Star Wars, da ja der neue Film erscheint. Ich glaube, wir verspürten alle Hoffnung und Aufregung, als wir das in Angriff nahmen, aber ich bin mir nicht sicher, dass irgendjemand nur annähernd damit gerechnet hat, dass wir auf so viel Gegenliebe stoßen, dass die Hefte sich so gut verkaufen würden und dass alle Star Wars-Hefte all diese Nachdrucke erhalten würden. Der Zuspruch war einfach überwältigend.

Es fühlt sich so an, als hättet ihr direkt mit Heft #1 einen schwungvollen Start hingelegt. Wenn du dich entscheidest, „In Ordnung, ich werde Luke gegen Vader antreten lassen“, was eine ziemlich große Sache ist, verspürst du dabei etwas Angst? Oder denkst du dir: „Ich werde es einfach durchziehen und die beste Geschichte erzählen, die ich erzählen kann“?
Wir wollten definitiv einen schwungvollen Start hinlegen, und das aus mehreren Gründen. [Ich wollte] zeigen, dass diese Hefte nicht nur kleine, nebensächliche Abenteuer werden würden, die zwischen den Filmen stattfanden. Ich wollte zeigen, dass wir für die Geschichten die größten Höhepunkte bringen wollten, die wir haben können. Ich wollte, dass dieser Comic sich wichtig und wie das nächste Kapitel der übergreifenden Geschichte anfühlen würde. Wir haben immer über das Aussehen und den Ton und das Gefühl dieses Heftes gesprochen. Wir wollten, dass es sich so anfühlt, als wäre es 1977 und man würde beim Rausgehen aus dem Kino nach dem allerersten Film diesen Comic in die Hand gedrückt bekommen, und es sollte sich dann so anfühlen, als wäre dies das nächste Kapitel von dem, was man sich gerade angeschaut hat. Also ja, Luke und Vader direkt am Ende von Ausgabe #1 aufeinander treffen zu lassen, war ein großer Teil davon. Einfach nur, um zu zeigen, dass es zwischen den Episoden IV und V eine Menge großer Höhepunkte gibt und dass wir uns so viele wie möglich davon abgreifen werden.

Star Wars #6 Seite 4
Star Wars #6 Vorschauseite 4

Du hast Boba Fett in einigen intensiven Actionszenen gezeigt, und auch, wie er Luke jagt und gegen ihn kämpft. Wie war es, ihn zu schreiben? In den Filmen sagt er ja nicht viel.
Das hat Spaß gemacht. Ich meine, es stimmt, es ist eine Herausforderung, da er eine Figur ist, mit der wir alle aufgewachsen sind und die wir lieben, auch wenn er in den klassischen Filmen nicht wirklich viel tut oder sagt. Eine kleine Herausforderung war es durchaus, ihn ins Geschehen zu werfen und ihn stumm zu halten, damit er nicht zur Quasselstrippe wird, aber ihn gleichzeitig in der Geschichte funktionieren zu lassen. Natürlich war es auch eine Herausforderung, zu bestimmen, wie sehr er mit unseren Hauptfiguren interagieren soll, denn Luke scheint ihn in Das Imperium schlägt zurück nicht zu erkennen.

Und da kommt die Blendgranate ins Spiel.
Richtig. Mit einem geblendeten Luke können wir uns quasi durchmogeln, indem Luke gegen ihn kämpft, ohne ihn jemals zu sehen, und das ist gleichzeitig auch ein netter Rückgriff auf Lukes Training mit Obi-Wan. Soweit wir gesehen haben, war das wirklich das einzige, was Obi-Wan ihm an Bord des Falken mit dem Schutzhelm beigebracht hat.

Boba Fett war eine Figur, die gleich von Anfang an auf meiner Liste stand. Ich wusste, dass ich einen großen Kampf zwischen Boba Fett und noch jemandem haben wollte. Aber wer könnte das sein außer Han, was wir schon einmal gesehen haben? Mir gefiel es, dass er in dieser Situation auf Luke traf.

Eine der großen Enthüllungen in Ausgabe #6 ist die Entdeckung von Obi-Wans Tagebuch durch Luke. Was bedeutet das für den weiteren Verlauf der Serie?
In der nächsten Ausgabe, Ausgabe #7, bekommen wir unsere erste Geschichte aus diesen Tagebüchern. Dadurch, dass Luke dieses Buch findet, werden mehrere Dinge erreicht. Erstens wollte ich zeigen, dass Ben durchaus etwas zurückgelassen hat. Wisst ihr, Ben hat Tatooine vermutlich in dem Wissen verlassen, dass er nicht zurückkommen würde. Für den Fall der Fälle wollte er irgendeine Art Wegweiser für Luke zurücklassen, als Versuch, ihm bei der Findung seines Weges zu helfen. Er sagt ihm aus irgendwelchen Gründen nicht: „Seite 1: Darth Vader ist dein Vater“, Seite 2: Geh nach Dagobah und suche nach Yoda.“ Aus igendwelchen Gründen gibt er ihm nicht diese Art von Anweisungen. Es ist eher eine Art Wegkarte, die Luke selbst entschlüsseln muss.

Das ist ein Teil. Der andere Teil ist, dass ich einfach nur einen Weg haben wollte, ein paar Ben-Kenobi-Geschichten erzählen zu können. Ich liebe den alten Obi-Wan Kenobi. Der Ben Kenobi, der im Verborgenen auf Tatooine gelebt hat. Ich glaube, es gibt eine Menge cooler Geschichten, die wir mit ihm erzählen können. Ältere Actionhelden ziehen mich magisch an, also liebe ich es, Ben Kenobi als eine Art grauhaarigen Revolverhelden auf einer rückständigen Welt zu zeigen. Zwischen den Handlungsbögen werden wir also immer eine Rückblende einlegen und eine Geschichte aus Bens Tagebuch erzählen.

Vielleicht können wir ja ein Crossover zwischen Old Man Kenobi und [dem Wolverine-Comic] Old Man Logan haben.
[Er lacht] Das wäre doch was. Das würde ich auf jeden Fall schreiben wollen.

Vaders Präsenz ist in der Serie klar spürbar und ich frage mich, wie du ihn betrachtest. Zu diesem Zeitpunkt ist er durch und durch böse. Aber als er Lukes Lichtschwert sieht und auch an anderen Stellen scheint es, dass in ihm vielleicht auch andere Dinge vorgehen.
Weißt du, ich begebe mich gar nicht so tief in Vaders Kopf hinein. Er hat seine eigene Serie, in der Kieron Gillen so großartige Arbeit dabei leistet, zu zeigen, was Vader alleine so unternimmt. Für mich besteht der Spaß darin, ihn einfach nur als diese Naturgewalt zu schreiben, und ihn in Situationen zu bringen, in denen wir ihn entfesselt zeigen können. Ich glaube, das haben wir in den ersten drei Ausgaben auch hinlänglich getan; zu sehen, wie er diesen imperialen Kampfläufer alleine zu Fall bringt, hat Spaß gemacht.

Es gibt kleine Momente, in denen man erkennen kann, dass er nicht Frankensteins Monster ist, dass er nicht nur ein völlig seelenleeres Biest ist und dass etwas unter der Oberfläche passiert und sich dort die Rädchen drehen. Indem wir direkt zu Beginn ihn und Luke zusammengebracht haben, bringt das beide in interessante Situationen, denn ohne es zu wissen verfolgen sie einander. Und wir haben wirklich erst den Beginn dieser Verfolgungsjagd gesehen.

<em/><figcaption id=Star Wars #6 Seite 24 – Vaders großer Moment“ src=“https://jedi-bibliothek.de/blog/wp-content/uploads/2015/06/StarWars6Page24-198×300.jpg“> Star Wars #6 Seite 24 – Vaders großer Moment

Erzähle mir von der letzten Szene aus Ausgabe #6, als Vader den Namen des Rebellenpiloten erfährt, der den Todesstern zerstört hat: „Skywalker.“ Wie kam die dramatische Umsetzung mit den wortlosen Panels und dem zerbrochenen Glas zusammen?
Das ist wieder einer dieser großen Höhepunkte, die zwischen diesen beiden Filmen passieren. Dieses Stück haben wir alle quasi gemeinsam geschrieben, als wir unser erstes Treffen mit der Lucasfilm Story Group hatten und alle, die an den Comics arbeiteten, nach San Francisco gingen, um alle anderen zu treffen. Das waren ich, Kieron Gillen, John Cassaday und Jordan White, unser Redakteur. Nach einer Tour durch die Archive in der Ranch hingen wir alle zusammen in der Bar rum. Wir hatten einfach nur Drinks und plauderten über all die verschiedenen Dinge, die wir tun wollten, und wir haben diese Szene alle zusammen geschrieben. Also wussten wir, dass unser erster Handlungsbogen mit diesem Moment enden würde. Nämlich mit Vader, der diesen Namen, Skywalker, zum ersten Mal hört.

Was geht durch Vaders Kopf? Ist er wütend? Erkennt er, dass der Imperator ihn angelogen hat? Glaubt er, dass Padmé überlebt hat?
Eindeutig gibt es einfach tonnenweise Fragen, die ihm durch den Kopf gehen, richtig? Einfach nur eine Explosion der Gefühle und Fragen. Denn erneut hat er nur ein Wort gehört. Nur Skywalker. Er wird eine Menge Fragen haben, deren Antworten er braucht, und ich glaube, wir werden in dieser Serie und in Kieron Gillens Darth Vader-Serie sehen, wie er nach diesen Antworten zu suchen beginnt.

Ich habe es von Anfang an gesagt: Wir wollen, dass es sich einerseits wie dieser allererste Film anfühlt, aber die Spielzeuge auch ein bisschen weiter durchmischen. Daher seht ihr Düsenschlitten und imperiale Kampfläufer und ihr seht Vader von Angesicht zu Angesicht mit Jabba dem Hutten und ihr bekommt Luke in einer Auseinandersetzung mit Boba Fett. Das möchte ich gerne weiterhin so handhaben. Ich möchte, dass der Ton sich für uns alle vertraut anfühlt, nach dem, was wir alle lieben, doch wir werden weiterhin die Elemente und die Figuren durchmischen. Nicht nur mit den drei klassischen Filmen, sondern auch mit Sachen aus den Prequels und The Clone Wars und natürlich auch mit den neuen Sachen, die uns in der Zukunft zur Verfügung stehen werden.

Fällt es dir nun leichter, Star Wars zu schreiben, nun, da du einen Handlungsbogen geschafft hast? Oder lernst du noch?
Ich habe das Gefühl, dass ich immer Neues lerne. Es gibt einfach so viel. Wie ich schon mehrfach gesagt habe: Ich war in meiner Kindheit ein großer Star Wars-Fan, da ich das perfekte Alter hatte. Auch wenn wir einen neuen Kanon gestartet haben, gibt es immer noch so viel Material da draußen, das verwendet und auf das angespielt werden kann. Also ja, ich glaube, dass ich immer noch sehr viel lerne und alle Möglichkeiten erkunde. Die Lucasfilm Story Group hat mir dabei sehr geholfen. Es ist immer toll, sich mit ihnen zu treffen, denn bei Marvel haben wir diese Klausurtagungen, bei denen wir rumsitzen und quasi in Kurzform über die Marvel-Figuren sprechen, denn das ist unser Job. Wir schreiben diese Charaktere durchgehend. Die Lucasfilm Story Group hat dieselbe Art von Sprache bei Star Wars. Sie kennen diese Charaktere und diese Geschichte und die gesamte Timeline wie ihre Westentasche. Es ist immer toll, zu wissen, dass sie alles, was wir tun, im Auge behalten und uns im Bedarfsfall helfend zur Seite stehen.

Und zu guter Letzt – wie fühlt es sich, wenn man den Trailer zu Das Erwachen der Macht schaut und Han „Chewie, wir sind zuhause“ sagt und man sagen kann: „Oh, über den Typen da schreibe ich.“
[Er lacht] Das ist immer noch ziemlich seltsam, und es ist seltsam, so darüber zu denken. Aber ich bin auch nur ein Fan. Ich bin genauso gespannt wie alle anderen, wohin uns diese neuen Filme führen werden.

Den anderen Spoiler zu Hans Beziehungsstatus, der derzeit das Internet verrückt macht, hat Jason Aaron nicht angesprochen… das sagt in meinen Augen auch, welcher davon der Wichtigere ist. Aber nun ihr – was sind eure Meinungen zum Heft und zum ganzen Handlungsbogen?

3 Kommentare

  1. Ich hätte diese Szene, in der Vader von Luke erfährt, eigentlich in der anderen Comic-Reihe erwartet, aber sie passt natürlich auch zu dieser. Es war ja klar, dass es eine solche Szene irgendwann geben würde. Da im neuen Kanon ja schon einige wichtige Szenen etwas verpfuscht wurden, bin ich froh, dass sie so gut umgesetzt wurde.

    Die Idee mit den Tagebüchern von Ben ist ein beliebter erzählerischer Kniff, aber auch schon eine ziemlich ausgelutschte Idee, denn man findet mittlerweile die Tagebücher von allen, von der Katze von Chr. Kolumbus bin hin zu den gefälschten Tagebüchern vom Führer. Wenn sie Geschichten vom alten Ben erzählen wollen, sollen sie mMn eine eigene Reihe dazu entwickeln, aber nicht immer alles vermischen. Andererseits heißt die Serie ja recht allgemein Star Wars.

    Die Enthüllung bzgl. Han bestätigt meine Meinung zu Han von früher, so ein Verhalten zeigt nur jemand, der zuhause nichts zu sagen hat(te). 😉

    1. Die Szene taucht auch am Ende von Darth Vader #6 auf – die ist in beiden Comicheften. Bei Vader #6 sogar ausführlicher mit Prequel-Flashbacks und einem Gespräch mit Palpatine. Es lohnt sich, beides zu lesen.

      Was die Tagebücher angeht, so ist das durchaus keine brandneue Idee, aber ich denke, sie funktioniert ganz gut und wird die Geschichte bereichern. Immerhin kann die Serie so auch Ausflüge in die Ära vor Episode IV machen, um dort Samen für die Gegenwartshandlung zu pflanzen, was die Serie eigentlich nur besser machen kann. 🙂

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