Florians Rezension: The High Republic: Light of the Jedi von Charles Soule

Am Dienstag ist es so weit: Mit dem Del-Rey-Roman Light of the Jedi von Charles Soule startet endlich das lang ersehnte Literaturprojekt Star Wars: The High Republic. Nachdem ich euch am 14. Dezember bereits meine allgemeinen Eindrücke zu den ersten fünf Titeln des Projekts geschildert hatte, möchte ich heute ein besonderes Augenmerk auf besagten Auftaktroman richten und ihn für euch im Detail rezensieren. Dies geschieht nach wie vor weitgehend spoilerfrei.

Gleich vorneweg, wir haben für den Dienstag eine weitere Rezension geplant, welche die Kollegin Ines unabhängig von mir verfasst hat, sodass ihr euch auf eine zweite Meinung freuen dürft, und demnächst folgt dann auch der JediCast, in dem wir den Roman mit Spoilern und allem Drum und Dran besprechen.

Seit es den Kanon gibt, wurde jede neue Ära von einem Film oder eine Serie definiert und die Bücher spielten dort höchstens zweite Geige. Dies ändert sich nun mit der Ära der Hohen Republik, welche von den fünf Autoren Charles Soule, Cavan Scott, Claudia Gray, Justina Ireland und Daniel José Older unter der Ägide von Michael Siglain und der beratenden Mithilfe der Lucasfilm Story Group und diverser Redaktionsteams der Verlage entwickelt wurde. Dementsprechend lastet auf Light of the Jedi dasselbe Gewicht wie auf den ersten Episoden der drei Skywalker-Saga-Filmtrilogien: Es muss eine Ära etabliert werden, es muss ein weitreichenderer Konflikt etabliert werden und – fast noch am Wichtigsten – es müssen die tragenden Figuren etabliert werden.

Der erste Akt von Light of the Jedi ist ein pausenloser Wettlauf gegen die Zeit, was durch einen „Countdown bis zum Einschlag“ zu Beginn jedes Kapitels verdeutlicht wird. Nachdem das Schiff Legacy Run im Hyperraum zerbrochen ist, tauchen dessen ultrabeschleunigte Trümmerteile im Realraum auf und haben im unkontrollierten ballistischen Flug die Agrarwelt Hetzal im Visier. Jedi, Einsatzkräfte der Republik und Zivilisten gleichermaßen arbeiten zusammen, um das Große Desaster abzuwenden, und wir lernen so die Grundstimmung jener Zeit kennen, während wir der rasanten Action folgen.

Dieser Wettlauf zieht den Leser direkt in den Bann und lässt einen bis zum grandiosen Finale des ersten Akts nicht mehr los. Nebenher lernen wir bereits einige tragende Figuren kennen, aber da die Charaktere hier alle neu sind, wissen wir zunächst nicht, welche davon Protagonisten und welche nur Gastauftritte sind. Aber keine Sorge, das regelt der Autor ziemlich schnell dadurch, dass die weniger wichtigen Figuren mal mehr, mal weniger heldenhaft direkt das Ende ihrer Geschichte ereilt. Der erste Akt ist also dazu gedacht, uns einige Figuren vorzusetzen und die Grundzüge der Ära zu definieren, fühlt sich aber hauptsächlich eher wie die Auftaktsequenz eines Saga-Films an, die über Action den Betrachter in das Abenteuer hineinzieht. Passend also, dass Soule hier auch einige sehr schöne visuelle Beschreibungen abliefert, die eines Filmes durchaus würdig wären.

Der zweite Akt ruft dann die Nihil auf den Plan und baut langsam den Konflikt zwischen ihnen und den Jedi auf. Zwar mangelt es diesem Teil des Romans auch nicht an Action, aber die Vertiefung und Erweiterung des Figurenensembles stehen im Vordergrund, und wir erfahren auch mehr über die Galaxis außerhalb des Hetzal-Systems und ihren politischen, technologischen und gesellschaftlichen Stand. Während Figuren wie Avar Kriss, Elzar Mann oder Sskeer von Planet zu Planet springen, um die Ursache des Großen Desasters zu ergründen, entwickelt sich auf der aus The Rise of Kylo Ren bekannten Welt Elphrona ein schönes Frontier-Drama, in das hauptsächlich die Figuren Bell Zettifar und Loden Greatstorm verwickelt sind, die inmitten des großen Ensembles als emotionaler Kern des Romans hervorstechen.

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Auch die Nihil erhalten ein fast schon unerwartetes Maß an charakterlicher Tiefe. Ich hatte nicht erwartet, bereits im ersten Roman so viel über diese Figuren zu erfahren, aber gerade das macht Light of the Jedi so gut. Auch wenn der Fokus auf Exposition liegt, entwickelt sich im Laufe von Light of the Jedi auch bei den Nihil viel internes Drama, und namentlich bekannte Nihil wie Kassav oder Marchion Ro nehmen einiges an Raum ein. Gerade letzterer hat gutes Potenzial, eine meiner liebsten Star Wars-Figuren zu werden, aber die Gründe dafür erörtere ich lieber im spoilerhaltigen Podcast. Als Fan der Legends-Figur Nom Anor hatte ich jedenfalls direkt einen Bezug zu Marchion, auch wenn die Gemeinsamkeiten der beiden nur oberflächlich sind.

Der dritte Akt von Light of the Jedi greift dann die zuvor etablierten Konflikte auf und bringt sie zu einem explosiven Höhepunkt, dessen teils absehbaren, teils aber auch absolut unvorhergesehene Wendungen den zentralen Konflikt für die weiteren Bücher und Comics des Projekts befeuern. Im zweiten Akt hatte ich mir noch Sorgen gemacht, wie man aus dem zerstrittenen Nihil-Piratenkult eine glaubwürdige Bedrohung für ein mehrjähriges Literaturprojekt machen möchte, doch das Ende des Buches ließ da für mich keine Fragen mehr offen.

Light of the Jedi war für mich an allen drei oben definierten Fronten erfolgreich. Uns wurde eine Ära vorgestellt, die selbst das legendäre Erweiterte Universum nie besucht hatte, und selbst ohne Sith oder galaktische Imperien sprüht diese Zeit nur so von möglichen Geschichten – dies macht der Roman auch Zweiflern unmissverständlich klar. Ebenso haben wir den zentralen Konflikt und die tragenden Figuren der Zeit kennengelernt, auch wenn man sagen muss, dass Light of the Jedi kein Charakterroman ist. Soule ist zwar ein Meister darin, Figuren in nur wenigen Sätzen sehr plastisch zu konstruieren, sodass man das Gefühl hat, sie schon seit Jahren zu kennen, doch es ist klar, dass dies nur Band 1 eines mehrjährigen Projektes ist. Mein erster Eindruck der anderen Werke ist zudem, dass die YA- und Jugendromane sowie die Comics eher die Aufgabe haben, im Schatten der großen Ereignisse aus Light die Charaktere näher zu beleuchten.

Charles Soule äußerte sich kürzlich, dass er stolz auf das Buch ist, weil er alle seine gesetzten Ziele dafür erreicht hat. Diese Einschätzung würde ich so unterschreiben. Soule ist uns aufgrund seiner Comics kein Unbekannter und hat im Laufe der letzten Jahre viele „instant classics“ verfasst. Als Romanautor durfte ich ihn auch schon in seinem unterhaltsamen Erstling The Oracle Year erleben, welcher zudem eine kuriose Parallele zum zweiten Akt von Light of the Jedi aufweist. Gerade die Kollaboration mit Gray, Ireland, Older und Scott hat hier aber wohl aus einem sehr guten Roman einen exzellenten gemacht, denn man merkt, dass das gemeinsame Worldbuilding gepaart mit der starken Charakterarbeit aller Autoren hier nicht unwesentlich für das stimmige Gesamtbild verantwortlich ist.

Beenden möchte ich diese Rezension mit einem Appell. Egal was ihr in den letzten Jahren von den Star Wars-Büchern dachtet, gebt diesem neuen Projekt eine Chance. Zieht euch damit aufs Sofa oder in eure Leseecken zurück, macht es euch gemütlich und lasst euch in ein neues Abenteuer saugen, das trotz aller Innovation einfach die Essenz dessen verkörpert, was Star Wars-Bücher so toll macht. Ich denke, ihr werdet es nicht bereuen.

Nach all dem Hype würde mich aber in den nächsten Tagen natürlich vor allem interessieren, wie ihr das Buch empfindet. Ich freue mich darauf, eure Eindrücke zu erfahren und mit euch darüber zu diskutieren!

Wir danken Del Rey herzlich für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

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Star Wars: Die Hohe Republik ist ein mehrjähriges Buch- und Comicprogramm, das hunderte Jahre vor den Skywalker-Filmen spielt und die Jedi in ihrer Blütezeit zeigt. Weitere Infos, News, Podcasts und Rezensionen gibt es in unserem Portal und in der Datenbank. Beachtet auch unsere Guides zur Lesereihenfolge von Phase I, Phase II und Phase III.

7 Kommentare

  1. Bei der Ankündigung von „The High Republic“ war ich zunächst sehr optimistisch, allerdings kam dann so langsam auch die Skepsis, wie gut das wirklich werden kann. Ein im Hyperraum zerrissenes Raumschiff und eine Gruppe von „Space-Wikingern“ klang für mich nicht unbedingt nach etwas, was eine interessante Reihe über einen längeren Zeitraum antreiben kann.
    Deine sehr positiven Rezensionen lassen bei mir aber die Vorfreude wieder steigen. Besonders dein Eindruck, dass die Nihil interessante Gegner zu sein scheinen, beruhigt mich. Jetzt kann ich es kaum erwarten, „Light of the Jedi“ zu lesen – hoffentlich muss ich nicht allzu lange auf mein vorbestelltes Exemplar warten.

  2. Ich kann deinen Appell nur unterstützen. Als jemand, der in den letzten Jahren zunehmend frustriert mit der Qualität der neuen SW-Literatur (und Filme und Serien) war, hatte ich mir nicht erlaubt, allzu große Hoffnungen für The High Republic zu hegen.

    Nach zwei Tagen in der Leseecke würde ich ohne mit der Wimper zu zucken sagen, dass Light of the Jedi vermutlich in meinen Top-5 der SW-Romane landen könnte. Ein durchgängig guter Schreibstil, ein überzeugendes Setting, ein exzellenter Umgang mit einer eigentlich zu großen Zahl an neuen Charakteren, interessante Ansätze mit der Macht und vor allem gelungene – und zunächst ja fast schon unfreiwillige – Gegenspieler mit den Nihil…

    Ich hatte auch noch mehr erwartet, dass es nur ein Teilstück des großen Projektes ist und als Standalone nicht gut funktioniert, aber abgesehen von eben der Unzahl an Charakteren die z.T. gut, aber eben doch nicht so tiefgehend angeschnitten und dann vermutlich andernorts vertieft werden, war Light of the Jedi auch in der Hinsicht erstaunlich rund.
    Gerne mehr davon.

    1. Äußert ungewöhnlich im StarWars Universum, da beide ja male sind.

      Und dann stellt sich mir noch die Frage welche Beziehung die beiden zu Mari san Tekka haben.

    2. Gab es schon ein paar Mal (auch 1x in den Legends), aber stimmt, dürfte es ruhig öfter geben.

      Einen genauen Stammbaum kann ich dir nicht aufmalen, aber das mit Mari wird ja auch im Buch erklärt – vermutlich irgendeine Art Großtante oder Großcousine. Die ist ja schon uralt und wurde als Kind damals entführt…

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