Rezension: William Shakespeares Star Wars (deutsche Ausgabe) von Ian Doescher

William Shakespeares Star Wars
William Shakespeares Star Wars (19.05.2014)

Ein machtvolles Willkommen zu meiner Rezension der deutschen Ausgabe von Ian Doeschers William Shakespeare’s Star Wars, das vor zehn Tagen bei Panini in der deutschen Sprache erschien. Nach dem atemberaubenden Erfolg der englischsprachigen Shakespeare-Adaption von Episode IV, welche sich weltweit mehr als 100.000 mal verkaufte, war es mehr oder weniger klar, dass eine deutsche Übersetzung folgen würde. Ob diese Übersetzung gelungen ist, werdet ihr in der weiteren Rezension feststellen. In dieser Rezension werde ich jedoch nicht nur das deutsche Werk bewerten – nein, ich werde es mit der englischen Ausgabe des Werkes vergleichen. Jedoch muss eins am Anfang gesagt werden: Dieses Stück ist „Führwahr, eine neue Hoffnung“ – und daher hoffe ich, dass die weiteren zwei Bücher auch in der deutschen Sprache erscheinen. Es lohnt sich! Ich habe in meinen anderen Rezensionen bereits mehrfach erzählt, dass ich in der Schule schon großer Shakespeare-Fan war. Wenn ich nun in durch die Bücherläden an meiner Universität gehe und darin William Shakespeare’s Star Wars im Regal finde, empfinde ich eine unglaublich große Freude. Eine letzte kleine Anmerkung: Wer schon meine Rezension zur originalen Ausgabe gelesen hat, wird sehen, dass ich einige Passagen nur leicht verändert übernommen habe – für diese Personen wird jedoch der sprachliche Teil interessant sein!

Wie in meinen letzten Rezensionen, möchte ich mit dem deutschen Klappentext des Werks beginnen, der einen kurzen Einblick gibt:

MÖGE DER VERS MIT EUCH SEIN!

Der Barde aus Stratford begibt sich in eine weit, weit entfernte Galaxis. In Shakespeares Star Wars treffen zwei Welten aufeinander, die sonst nicht in einem Atemzug genannt werden. Aber warum eigentlich nicht? Immerhin haben die Figuren aus Star Wars viel mit den Dramatis Personae eines elisabethanischen Dramas gemein: Es gibt einen weisen (Jedi-)Ritter und einen bösen (Sith-)Lord, der eine schöne Prinzessin gefangen hält. Auch der jugendliche Held, der zur Rettung eilt, fehlt nicht. Hinzu kommen noch ein kampferrobter Draufgänger und dessen treuer Begleiter.

Ian Doescher hat mit diesem Drama im Stile des großen Meisters Episode IV umgedichtet und dabei alle Vorteile genutzt, die das Medium Drama zu bieten hat. Das Resultat ist ein einzigartiges Lesevergnügen.

Wer diesen Stück noch nicht kennt, der denkt sich bestimmt: “Das ist ein Witz, oder?” Schaut der Leser jedoch genauer hin, wird er erkennen, dass hier zwei Dinge zusammengeführt werden, die zwar unterschiedlicher nicht seien können, in dieser Komposition jedoch großartig zusammenpassen. Dieses Buch ist keine Parodie, sondern viel mehr eine Hommage an die Werke Shakespeares – es ist die Verschmelzung einer epischen Geschichte mit einer interessanten Erzähltechnik.

Autor Ian Doescher wandelte in der originalen Ausgabe den Dialog von “Eine neue Hoffung” in den fünffüßigen Jambus um. Die archaische Grammatik und das Vokabular des sechzehnten Jahrhunderts werden hier so verwendet, dass dieser Schreibstil ein sehr authentisches Shakespeare-Gefühl wiedergibt; zur gleichen Zeit wird der Inhalt von “Eine neue Hoffnung” gewahrt.

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Die deutsche Übersetzung stammt von Justin Aardvark und Jürgen Zahn. Jürgen Zahn hat ein großartiges deutsches Nachwort verfasst, in dem er ausführlich auf die deutsche Übersetzung eingeht. Eine Übersetzung kann immer nur eine Annäherung an das Original sein, so Jürgen Zahn. Und da stimme ich ihm zu! Gerade bei Texten im Versmaß. Das Hauptproblem bei der Übersetzung stellte die Anzahl der Silben eines Blankverses dar. In der englischen Sprache gibt es einfach mehr einsilbige Wörter als in der deutschen Sprache. In der deutschen Sprache ist dafür beispielsweise gut die Hälfte der Wörter zwei oder mehr Silben lang. Die Übersetzer standen also vor einer sehr schwierigen Aufgabe.

Ein weiteres Problem stellten die Wortspiele dar, die sich nur selten perfekt übersetzen lassen. Dadurch wurden leider einige Wortspiele durch Wortspiele, die in der deutschen Sprache besser passen, ersetzt. Ähnliches gilt natürlich auch für andere Sprachfiguren. Der Übersetzer Jürgen Zahn spricht hier schon nicht mehr von einer Übersetzung, sondern benutzt den treffenderen Begriff “Übertragung”, der hier aber auch noch erweitert werden müsste.

Im Nachwort wird auch auf den Versschluss eingegangen. Die Übersetzer haben sich bei der deutschen Version auf den männlichen Versschluss geeignet, da eine betonte Endsilbe jeder Zeile einen gewissen Nachdruck verleiht. Außerdem fließt der Text in dieser Weise besser, da die nächste Zeile immer mit einer unbetonten Silbe beginnt. Beim weiblichen Versschluss treffen schließlich zwei unbetonte Silben aufeinander. Bei Zitaten wurde dieses Vorgehen jedoch aufgeweicht, da diese unverändert in den Text eingebaut werden sollten.

Die Wichtigkeit von Zitaten darf bei diesem Werk nicht unterschätzt werden. Jürgen Zahn stellt eindrucksvoll hinaus, dass diese die reizvolle Wechselwirkung zwischen Star Wars auf der einen Seite und Shakespeare auf der anderen Seite herstellen. Ohne diese würde der Bezug zum Filmvorbild also nicht bestehen – man braucht erkennbare Zitate, die in den Kontext passen.

Außerdem hat man einige Zitate von Goethe und Schiller in den Text eingebaut. Dies ist mehr als gerechtfertigt, da gerade die Zitate dieser Autoren in der deutschen Alltagssprache einen sehr hohen Stellenwert besitzen, die in der englischen Sprache mit dem Stellenwert von Shakespeare-Zitaten vergleichbar sind.

Alles in allem kann man behaupten, dass die zwei Übersetzer einen mehr als hervorragenden Job geleistet haben. Man merkt, dass die zwei Herren beide sehr gute Shakespeare- und Star Wars-Kenner sind. Unglaublich bedacht sowie literatur- und sprachwissenschaftlich fundiert haben sie die originale Ausgabe ins Deutsche übertragen.

Nun kommt dem Leser der komplette Dialog “reicher” vor. Natürlich gibt es auch mehr als genug Humor in diesem Werk. Teilweise verwendet Ian Doescher Insider-Witze, die nur Star Wars-Fans verstehen dürften. Dazu zählt auch mein Lieblingsreimpaar in dieses Buch. Hierbei handelt es sich um die Szene, in welcher Han die Cantina nach seiner Konfrontation mit Greedo verlässt.

I pray thee, sir, forgive me for the mess
And whether I shot first, I’ll not confess.

Die deutsche Übersetzung von dieser Textstelle ist einfach nur toll:

Die Sauerei ist weggeputzt im Nu.
Dass ich zuerst schoss, geb ich niemals zu!

Auch sehr interessant und humorvoll ist die Anspielung auf den armen Yorick:

Im Innern des Todessterns.

(Luke tritt auf, einen Sturmtruppenhelm in der Hand.)

Luke
Ach, armer Truppler, ich kannte dich nicht:
Doch nahm ich Leben dir und dazu noch
Die Uniform. Welch Art von Mann warst du?
Ein Bursche von unendlichem Humor?
Ein Mann mit Freunden und mit Kindern gar?
Ein Mann der diente stolz als Sturmtruppler?
Ein Mann vielleicht, der sich den Frieden wünscht?
Was immer du auch warst, du bist dahin.
Verzeih mir, dass ich deinen Platz einnahm.

Der Sandtrooper, der nach R2-D2 und C-3PO sucht, sagt in der originalen Fassung, dass die Tür verschlossen sei und sie weiter zur nächsten gehen sollen. In dieser Version wird dieser eine Satz in eine absurd grandiose Erklärung dessen umgestaltet, warum sie weiter gehen sollten. Sein Vater gab ihm eine Lebensweisheit mit auf den Weg, so kann er absolut sicher sein, dass sich nichts von Interesse jemals hinter dieser geschlossenen Tür verbergen würde.

This door is lock’d. And as my father oft
Hath said, a locked door no mischief makes.
So sure am I, thus, behind this door
Cannot be found the droids for which we search.
And thus we move on with conscience clear.

Auch hier ist die deutsche Übertragung toll erfolgt:

Die Tür ist zu. Und wie mein Vater sprach:
Kein Unheil birgt die abgeschlossne Tür.
Drum hört auf mich, denn eines ist wohl klar,
Dass die Droiden, die wir suchen, hier
Nicht sind. Die Tür ist zu und somit gut.
So können nun beruhigt wir weiterziehn.

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Der eher liberale Gebrauch der Erzähltechnik “Beiseitesprechen” (engl.: (to talk) aside), bei der das Gesagte für das Publikum bestimmt ist und die anderen Charaktere auf der Bühne es nicht hören, schafft neue Motive im Kontext der Geschichte, da diese Nebenbemerkungen nicht auf die ursprünglichen Dialoge von George Lucas‘ Version gestützt sind. Außerdem werden dadurch weitere Motive beleuchtet, die in der originalen Version eher im Dunklen blieben.

Humorvoll ist auch das Beiseitesprechen von R2-D2. Am Anfang erklärt dieser direkt dem Publikum, dass er nur hupt und pfeift, wo andere Charaktere ihn hören können, weil er dazu bestimmt wurde, den Dummkopf zu spielen, so wird keiner vermuten, dass er mehr über die Situation weiß, als er ausplaudert. Ich bin sicher, dass Shakespeare genauso mit dem Charakter umgegangen wäre. Ein weiteres Beispiel für den Humor dieses Beiseitesprechens stellt Obi Wan zur Verfügung, der soeben wieder durch C-3PO unterbrochen wurde:

Why speaks’t he here when ’tis my time to speak?
These droids of protocol are e’er uncouth
Of etiquette they know but little, troth!

Hier die deutsche Variante:

Wieso spricht er, wenn ich das Wort hier führ?
Die Protokolldroiden taugen nichts.
Die Regeln des Benimms, er kennt sie nicht!

Das Beiseitesprechen gibt auch namenlosen Charakteren eine Entwicklung, größtenteils den Stormtroopern, welche oft über ihre Situation nachdenken, bevor sie zum Beispiel erschossen werden.

Eine andere kluge Idee stellt der Gebrauch eines Chores dar, um die Handlung voranzubringen. Dieser Chor rezitiert am Anfang des Buches den berühmten Rolltext – selbstverständlich umgearbeitet in ein Sonett. Danach tritt der Chor im Buch auf, um Verbindungen innerhalb Szenen darzustellen, dies meist über reimende Vierzeiler. Größtenteils beschreiben sie oder fassen Szenen zusammen, die im Film völlig durch Effekte gezeigt werden, jedoch in einer Bühnen-Produktion nicht kopiert werden können. In gewisser Hinsicht appelliert dieser Chor an das Publikum, wieder ihre Einbildungskräfte zu verwenden – eine geniale Idee! Jedoch muss man anbringen, dass nicht in allen Shakespeare-Werken Chöre auftreten, aber hier ist es notwendig, und es ist auch die beste Lösung, solche effektreichen Elemente darzustellen.

Die zwei Versionen nebeneinander.
Die zwei Versionen nebeneinander.

Eine weitere Eigenschaft, die dieses Buch noch angenehmer macht, sind die vielen Illustrationen. Wahrlich sind dies keine Meisterwerke, aber es ist interessant, die eigenen Lieblingshelden im Zeichenstil des sechzehnten Jahrhunderts einschließlich einiger sehr stilisierter Kostüme zu sehen. So werden verschiedenste Rüstungen und Kluften in elisabethanische Gewänder verwandelt.

Vergleicht man jedoch die deutsche und die englische Version des Romanes, wird man einige Unterschiedlichkeiten erkennen: beide Versionen werden als Hardcover-Ausgaben vertrieben. Jedoch hat die englische Ausgabe einen Schutzumschlag. Darunter ist das Hardcover wie ein altes Lederbüchlein gehalten. Die deutsche Ausgabe verzichtet auf diesen Schutzumschlag, hat jedoch dadurch einen nicht minder interessanten Vorteil erlangt: Die Farben des Covers sind viel kräftiger und in gewisser Art und Weiser präziser als die Farben des englischen Pendants. Dies hat Panini toll gelöst – so gefällt es mir besser.

Der Rezensent vergibt 5 von 5 Holocrons!
Der Rezensent vergibt 5 von 5 Holocrons!

Nach dieser (verdienten) Lobeshymne erhält auch die deutsche Version des Buches fünf von fünf Holocrons – hier vergebe ich diese Holocronanzahl wirklich gerne. Doch dieses Buch überzeugt auch in der deutschen Sprache durch seine Außergewöhnlichkeit! Für den geringen Preis von 14,99€ stellt es ein schönes und ausgefallenes Stück für die eigene Sammlung oder auch für den Kaffee-Tisch dar. Das Mischen von zwei Erzählstilen auf einer hohen Ebene ist hier wirklich sehr überzeugend gelungen. Deshalb hoffe ich, dass wir in nächster Zeit auch “The Empire Striketh Back” und “The Jedi Doth Return” auf der deutschen Sprache zu Gesicht bekommen. Dieses Buch ist intelligent, auf einem hohen Niveau und hat sich diese Holocronzahl verdient – wahrlich!

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