Rezension: Leia, Princess of Alderaan von Claudia Gray

Innerhalb kürzester Zeit hat sich Claudia Gray in die Herzen der lesenden Star Wars-Fans geschrieben. Der Young-Adult-Roman Verlorene Welten und ihr erster Leia-Roman Blutlinie gehören beide zu den beliebtesten Werken des Kanons. Nun nimmt sich Gray erneut die Figur der Prinzessin Leia vor, um im Young-Adult-Roman Leia, Princess of Alderaan deren Jugendjahre zu beleuchten. Gelingt der Autorin damit ein drittes Meisterwerk?

Hinweis: Diese Rezension enthält leichte Spoiler.

Die Handlung

Leia: Princess of Alderaan (01.09.2017)
Leia: Princess of Alderaan (01.09.2017)

Leia, Princess of Alderaan beginnt an Leias 16. Geburtstag, an welchem für die Thronerbin Alderaans ein traditionelles Ritual ansteht, der „Day of Demand“ (zu deutsch: „Tag der Forderung“). An diesem muss die Prinzessin ihre Entschlossenheit und Eignung als zukünftige Königin symbolisch dadurch zeigen, dass sie mit einem Schwert in der Hand von ihren Eltern fordert, sie als Thronerbin einzusetzen. Als Bedingung hierfür muss sie jedoch drei Aufgaben erfüllen: die Challenge of the Body (Herausforderung des Körpers), die Challenge of the Mind (Herausforderung des Geistes) und die Challenge of the Heart (Herausforderung des Herzens). Leia verspricht also, einen hohen Berg auf Alderaan zu erklimmen, am Parlamentarischen Ausbildungsprogramm des Imperialen Senats teilzunehmen und Wohltätigkeitsmissionen zu bedürftigen Planeten zu unternehmen.

Im Rahmen des Ausbildungsprogramms auf Coruscant findet sie in dem ebenfalls von Alderaan stammenden angehenden Historiker Kier Domadi und der ziemlich durchgeknallten Amilyn Holdo von Gatalenta (Laura Derns Figur Vizeadmiral Holdo aus Die letzten Jedi) neue Freunde. Gleichzeitig entdeckt Leia beim Erfüllen ihrer Herausforderungen, dass im Geheimen Vorbereitungen für eine Rebellion getroffen werden und ihre Eltern dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Bail und Breha Organa jedoch möchten ihre junge Tochter am liebsten aus dieser gefährlichen Angelegenheit heraushalten und schützen. Nun muss Leia, mit Unterstützung ihrer neuen Freunde, ihren Eltern nicht nur beweisen, dass sie eine geeignete Thronerbin ist, sondern auch, dass sie alt genug ist, um die Rebellion tatkräftig unterstützen zu können.

Spannungsaufbau

Nach einer starken Eröffnungsszene mit dem „Day of Demand“ beginnt der Roman zunächst einmal in einem etwas langsameren Tempo. Leia lernt die anderen Teilnehmer des Parlamentarischen Ausbildungsprogramms kennen und die Gruppe unternimmt immer wieder Pfadfinder-Trips, bei denen sie sich selbstständig in unwirtlichem Terrain orientieren müssen. Diese Trips (die Leia helfen, sich auf ihre Challenge of the Body vorzubereiten, von denen ich aber nie verstanden habe, warum die anderen angehenden Senatoren daran teilnehmen sollten) dienen im Prinzip nur dazu, die Gruppendynamik darzustellen und zu etablieren, wer hilfsbereit und wer egoistisch ist. Vieles, was hier passiert, ist typisch YA und für erfahrene Leser altbekannt und daher wenig fesselnd.

Erst als Leia zufällig die rebellischen Aktivitäten ihrer Eltern entdeckt und beginnt, detektivisch nachzuforschen, was es damit auf sich hat, nimmt die Handlung Fahrt auf und Leia begibt sich immer wieder wissentlich oder unwissentlich in Gefahr. Am Ende läuft dann alles auf einen spannenden finalen Showdown hinaus, in welchem alle Handlungsstränge aufgelöst werden und auch der Gray-typische Twist seinen Platz findet.

Leia und ihre Familie

Wie Claudia Gray schon in Blutlinie unter Beweis gestellt hat, kann sie die Figur der Leia Organa wunderbar und authentisch schreiben. Auch bei der jugendlichen Leia gelingt ihr das meisterhaft. Viele Fähigkeiten, die Leia später in der Originaltrilogie zeigt – beispielsweise ihr Verhandlungsgeschick, ihr Umgang mit Waffen, ihr verborgenes Talent für die Macht, aber auch ihre Fähigkeit, Tarkin und Vader eiskalt ins Gesicht zu lügen – sind in diesem Roman angelegt. Leia kann dies alles nicht von Natur aus, sondern muss es erst lernen, was sie zu einer sympathischen Protagonistin macht.

Einer der interessantesten Aspekte des Romans ist für mich die Beziehung zwischen Leia und ihren Eltern. Ich hatte mir noch nie wirklich darüber Gedanken gemacht, wie Leia eigentlich zur Rebellion kam. Bail war darin involviert, also war Leia im Prinzip auch schon immer dabei – soweit, so klar. Dass Bail und Breha aus Angst um ihre Tochter dieser ihre rebellischen Aktivitäten verheimlichen, sie eine Zeit lang deshalb fast aus ihrem Leben ausschließen und vernachlässigen, ist eine unerwartete und daher interessante Konstellation. Leia muss sich selbst ihre Beteiligung an der Rebellion und ihren Platz als vollwertige Erwachsene erkämpfen und kann so auch in dieser Hinsicht beweisen, was für eine starke junge Frau sie ist.

Auch Bail und Breha sind dabei wunderbar dargestellt: einerseits überzeugt von ihrer Sache und von der Verdorbenheit des Imperiums, andererseits durch die Liebe zu ihrem Kind verblendet, da sie glauben, Leia durch ihr Unwissen schützen zu können. Als Leser kann man ihre Motive nachvollziehen, ist aber natürlich gleichzeitig auf Leias Seite, die endlich über die geheimen Aktivitäten ihrer Eltern aufgeklärt werden möchte. Brehas Rolle wird dabei deutlich ausgebaut. Während wir in anderen Geschichten immer nur Bail Organa als aktiven Rebellen sehen, tritt hier Breha als gleich starke oder beinahe stärkere Figur auf, die stets alles unter Kontrolle hat und die Fassade wahren kann. In einer sehr amüsanten Szene ist sie, quasi als Vorbild für Leia in Eine neue Hoffnung, bemüht, Tarkin von der Fährte der Rebellion abzubringen.

Die Nebenfiguren

Vizeadmiral Holdo und Leia Organa
Vizeadmiral Holdo und Leia Organa

Die schillerndste Nebenfigur in Leia, Princess of Alderaan ist Amilyn Holdo, die mit ihrem schrillen Auftreten, seltsamen Ansichten und kryptischen Aussagen alle irritiert. Sowohl Florian als auch mich hat sie unabhängig voneinander an Luna Lovegood aus Harry Potter erinnert. Dass man hier eine vermutlich wichtige neue Figur aus Die letzten Jedi bereits ausführlich kennenlernt, ist auf jeden Fall ein großer Pluspunkt für die Journey to The Last Jedi im Vergleich zur Journey to The Force Awakens. Ich bin sehr gespannt, ob Vizeadmiral Holdo immer noch so abgedreht ist wie in Jugendjahren.

Etwas blasser bleibt für mich Kier Domadi, der trotz seines extrem kultigen und sympathischen Nerd-Hobbys – er nimmt an kostümierten Nachstellungen historischer Klonkriegsschlachten teil! – nie so plastisch wurde wie andere Gray-Figuren. Allerdings macht er im Laufe des Buches eine spannende Entwicklung durch, die für eine Überraschung sorgt.

Zuletzt möchte ich noch Tarkin erwähnen, der hier mehrere kleine Auftritte hat und wieder mal „Zuckerbrot und Peitsche“ („the lash and the lure“, wie er es in Verlorene Welten ausdrückt) nutzt, um sich bei der vermeintlich naiven Leia einzuschmeicheln bzw. ihr unterschwellig zu drohen. Die Szenen mit Tarkin sind unglaublich stark geschrieben, sodass eine sehr bedrohliche Atmosphäre entsteht.

Worldbuilding

Auch in Leia, Princess of Alderaan zeigt Claudia Gray einmal mehr ihr Talent, kulturelle Eigenheiten bestimmter Volksgruppen darzustellen. Es hat mich schon immer sehr interessiert, wie das Leben auf Alderaan ausgesehen hat und wie die Monarchie dort funktionierte, und dieses Buch liefert auf diese Frage eine umfangreiche Antwort. Endlich habe ich ein konkretes Bild von Alderaan vor Augen, das über die kurzen Filmauftritte hinaus geht.

Darüber hinaus dürfen wir, als weiteren Aspekt der Journey to The Last Jedi, gemeinsam mit Leia auch bereits einen Planeten aus Episode VIII besuchen. Auch eine Figur aus den Prequels tritt auf und wir erfahren, welche Rolle sie nun unter der Herrschaft des Imperiums spielt. Außerdem gibt uns das Buch einen ziemlich spannenden Einblick in die Arbeit des Senats zu Zeiten, als dieser unter Palpatine eigentlich nichts mehr zu sagen hatte.

Auch Leias Erbe als Tochter von Padmé wird in einer sehr schönen und intelligent konstruierten Szene thematisiert und mit der Erwähnung des Kästchens, in dem Leia ihre Kindheitserinnerungen aufbewahrt, schlägt Claudia Gray den Bogen zu Blutlinie. Insgesamt ist der Roman also durch die zahlreichen Verknüpfungen gut im Kanon verortet und erweitert das bestehende Universum um ein gutes Stück.

Ein Fauxpas

Leider gibt es auch eine Stelle in dem Roman, der den Lesespaß etwas trübt. Leia und Kier unterhalten sich darüber, ob es angesichts der Gräueltaten des Imperiums noch in Ordnung sei, Spaß zu haben:

“Sometimes it feels like we don’t have a right to be happy when so many others are suffering.”
“We don’t have a right not to be happy, if we can be.” When she stared at him, Kier nodded. “I mean it. If we all live in fear and misery all the time, his victory is complete.”
She knew whom he was referring to. On a public walkway on Coruscant, it would be suicide to use Palpatine’s name openly like this. Besides, they were learning to understand each other without words.
Quoting an Alderaanian philosopher, Leia said, “Strength through joy.”

„Strength through joy“ lässt sich als „Kraft durch Freude“ übersetzen, was der Name einer nationalsozialistischen Organisation zur Freizeitgestaltung ist. Sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch ist der Slogan eindeutig den Nazis zugeordnet. Nichts gegen ein paar Nazi-Anspielungen bei Imperium und Erster Ordnung, aber Leia soll doch bitte nicht unreflektiert mit Nazi-Parolen um sich werfen. Diese Anspielung ist einfach unnötig und hat meiner Meinung nach nichts in dem Roman zu suchen.

Fazit

Insgesamt fällt es mir schwer, auf eine Holocron-Bewertung zu kommen. Einerseits fällt Leia, Princess of Alderaan gegenüber Claudia Grays anderen beiden Werken schon ein bisschen ab, was die Spannung angeht. Andererseits ist der Roman trotzdem noch viel besser als vieles, was der Kanon zu bieten hat. Gäbe es halbe Holocrons, würde ich Leia, Princess of Alderaan wohl 4,5 Holocrons geben. Abgerundet kommt der gute Roman mit kleineren Schwächen dann auf 4 Holocrons. Eine starke Charakterstudie der jungen Leia, wenn auch nicht Grays bestes Werk. Als vorbereitende Lektüre auf Die letzten Jedi definitiv ein Muss.

Der Rezensent vergibt 4 von 5 Holocrons!
Die Rezensentin vergibt 4 von 5 Holocrons!

Die deutsche Übersetzung, Leia, Prinzessin von Alderaan, erscheint am 16. Oktober bei Panini und kann bereits auf Amazon¹ vorbestellt werden.

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8 Kommentare

  1. Hmm, eine Randfrage: Soweit ich überblicken kann, wird es dieses Buch auf absehbare Zeit nicht als ebook geben. Es ist ja nicht das erste, dem es so geht. Wisst ihr, warum? Kommen die irgendwann später heraus, gibt es eine Spezialplattform oder so?

    1. Es gibt ein E-Book, aber Disney-Lucasfilm Press hat nicht die Rechte dazu, es in Deutschland zu verkaufen. Von daher kannst du dir, wenn du es auf Englisch lesen willst, legal nur das Hardcover beschaffen. (Oder die Paperback-Ausgabe von Egmont UK am 5. Oktober.)

  2. Zur Klarstellung: Ich habe bei Disney Publishing Worldwide um einen Kommentar bezüglich dieses Nazi-Zitats erbeten und diese Antwort übermittelt bekommen:

    „I’ve learned that one 3-word phrase in LPOA was something used in Third Reich propaganda. Obviously, I’m horrified. I never would have included it, had I been aware of the historical use of this phrase. My error was one of ignorance, and I’m incredibly sorry.” – Claudia Gray

    Ich rechne auch damit, dass Lucasfilm dafür sorgt, dass das in Reprints und Übersetzungen einen anderen Wortlaut haben wird.

  3. Also mir hat der Roman sehr gut gefallen.
    Ich hatte allerdings auch nicht viel von ihm erwartet, ich dachte zu Beginn das wird eher eine etwas trockene Veranstaltung und die Handlung wird hauptsächlich aus den 3 Aufgaben bestehen, die Leia zu meistern hat.
    Als dann aber Leia so langsam immer mehr über die Rebellion rausfindet und auch immer mal wieder mit dem Imperium aneinander gerät wurde das ganze dann doch ziemlich spannend aus meiner Sicht.
    Am besten Gefallen hat mir einerseits Tarkin, der meiner Meinung nach wunderbar dargestellt wurde und anderseits die ganzen kleinen Momente die auf die Original-Trilogie anspielen. Leias erste Erfahrungen mit der Macht, ihr Treffen auf R2 und C3PO, ein ominöser YT-Fracher der ihr vor der Nase wegflog, oder die Aussage ihrer Mutter, ihr wäre es lieber Leia wäre einem Schurken verfallen. (An der Stelle musste ich tatsächlich kurz das Buch beiseite legen und erstmal lachen).
    Allerdings finde ich es auch ziemlich stark wie Leia geschrieben und dargestellt wurde. Und da Gray das offenbar in Blutlinie noch besser gelungen ist, freue ich mich schon drauf diesen Roman als nächstes zu lesen (hoffentlich bekomm ich den noch vor TLJ durch)

    Zu der Stelle mit der Nazi-Parole muss ich sagen, dass mir diese im Buch nicht direkt aufgefallen ist.
    Ich hab deswegen die Stelle nachträglich nochmal rausgesucht und gesehen, dass es mit „Stärke durch Glücklichsein“ übersetzt wurde.

    Alles in Allem bekommt das Buch von mir 4 von 5 und ich hoffe doch das Claudia Gray noch den ein oder anderen Roman dem Star Wars Universum beisteuern wird 🙂

    1. Na da sind wir uns ja größtenteils einig. 🙂 Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Spaß mit „Blutlinie“ – das Buch ist wirklich top.

      Was das Nazi-Zitat angeht, hat Florian ja oben in den Kommentaren beschrieben, wie er der Verlag und Claudia Gray reagiert haben, als er sie auf den Ursprung des Spruchs hingewiesen hat. Schön zu sehen, dass das jetzt in der deutschen Übersetzung auch anders übersetzt wurde. Im englischen Ebook wurde das ja auch schon korrigiert.

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