Rezension: Catalyst: A Rogue One Novel von James Luceno

Star Wars: Catalyst: A Rogue One Novel (15.11.2016)
Catalyst: A Rogue One Novel (15.11.2016)

Heute liefert Del Rey mit dem Roman Catalyst: A Rogue One Novel vom langjährigen Star Wars-Veteranen James Luceno die Vorgeschichte zum neuen Kinofilm Rogue One: A Star Wars Story. Während letzterer den Diebstahl der Todessternpläne behandeln wird, liefert uns der Roman einen Einblick in dessen Planung und Konstruktion. Mit den Figuren Orson Krennic und Galen Erso steht dabei vor allem die Kyber-Kristall-Forschung im Blickpunkt, die dem Superlaser der Raumstation zugrunde liegt. Die deutsche Ausgabe erscheint am 15. Mai unter dem Titel Der Auslöser. Wir hatten allerdings bereits Gelegenheit, das englische Buch vorab zu lesen, und somit präsentiere ich euch heute schon meine Rezension.

Worum geht es? Das Buch beginnt während der Klonkriege, genauer gesagt kurz nach der Zweiten Schlacht von Geonosis im Jahr 21 VSY. Der brillante und streng pazifistische Wissenschaftler Galen Erso forscht auf dem Planeten Vallt an synthetischen Kyber-Kristallen, unterstützt von seiner Frau Lyra, einer Abenteurerin und zugleich der einzige Mensch, der Galens komplexe Gedankengänge nachvollziehen und für die Allgemeinheit übersetzen kann. Doch dann fällt Vallt in die Hände der Separatisten, die Galen und die schwangere Lyra gefangen nehmen… Indes hat Galens alter Freund, der ergeizige Lieutenant Commander Orson Krennic, auf Coruscant Zugang zu einer streng geheimen Planungsgruppe erhalten, die insgeheim mit der Konstruktion des Todessterns begonnen hat. Doch als das Projekt vor dem Problem der technischen Machbarkeit der Superlaser-Waffe zu stagnieren droht, besinnt Orson sich auf seinen alten Freund und startet eine Rettungsmission. Daraufhin verstrickt Orson Galen in ein Netz aus Lügen, um den Pazifisten dazu zu bringen, die energiereichen Kyber-Kristalle waffenfähig zu machen, und zieht den Unmut von Lyra auf sich, die ihren Mann und ihre junge Tochter Jyn verzweifelt vor Orson retten will…

Worldbuilding: James Luceno hat sich bei den Fans einen Namen als Meister des Worldbuildings gemacht. Seine Welten sind detailreich beschrieben und seine Geschichten und Situationen fügen sich wunderbar in bereits existierendes Geschichtsgut ein. Die Handlung von Catalyst erstreckt sich über circa 7 Jahre, von 21 VSY bis kurz vor dem Auftakt des Romans Tarkin, der ebenfalls von James Luceno geschrieben wurde. Anhand von Bezügen auf The Clone Wars-Episoden sowie Erwähnungen von Jyn Ersos Alter weiß der Leser stets, wo er sich befindet, ohne dass es allzu gezwungen wirkt. Luceno beherrscht diese dynamische Art des Worldbuildings wunderbar und sie ist auch nötig, um bei einer Handlung, die sich über einen so weiten Zeitraum ausdehnt, nicht den Faden zu verlieren – insbesondere wenn wichtige Ereignisse aus Filmen und Serien, z.B. Order 66 und das Ende der Klonkriege, die nicht im Buch selbst behandelt werden, sich plötzlich auf dessen Handlung auswirken. In der ersten Hälfte des Buches, die zwischen Episode II und III spielt, werden Kenner der TV-Serie The Clone Wars einen Vorteil haben. Aber auch Leser von Tarkin kommen auf ihre Kosten, denn natürlich taucht der Großmoff im Buch auf – ebenso wie eine weitere Figur aus Rogue One, die eine gemeinsame Vergangenheit mit der Erso-Familie hat…

Lyra und Galen: Mit diesen beiden Charakteren kann Luceno mächtig punkten, auch wenn ihre Grundzüge bestimmt bereits von den Filmproduzenten vorgegeben wurden. Er schafft es allerdings, sie alle beide als glaubwürdige, interessante und grundverschiedene Individuen darzustellen. Galen, der geniale, aber sozial inkompetente Wissenschaftler, der sich oft in seinen eigenen Gedanken verirrt, wurde vom Autor so gut getroffen, dass ich mir sogar Mads Mikkelsens Stimme, die mir aus Hannibal, Doctor Strange und natürlich den Rogue One-Trailern bereits ins Blut übergegangen ist, wunderbar zu den Dialogen vorstellen konnte. Ich möchte fast meinen, dass Luceno die Eigenheiten der Stimme dieses Schauspielers für den Roman einstudiert hat. Lyra hat den aktiveren Part in der Beziehung: Sie verteidigt ihren Mann gegen korrupte Bürokraten und beginnt Verdacht zu hegen, dass Orson ein falsches Spiel treibt, woraufhin sie in den frühen Jahren des imperialen Regimes ihre eigenen, gefährlichen Ermittlungen startet… Beide überzeugen durch ihre außerordentliche Menschlichkeit, die sich auch durch ihre Charakterfehler bemerkbar macht. Lyra ist auch ein seltenes Beispiel für eine interessante weibliche Hauptfigur in einem Luceno-Roman und bekommt hier einiges an „Screentime“, die sie im Film wahrscheinlich nicht haben wird, wenn man nach den Trailern geht.

Der Auslöser: Eine Rogue One Story (15.05.2017)
Der Auslöser: Eine Rogue One Story (15.05.2017)

Orson Krennic: Krennics Machenschaften sind die treibende Kraft des Romans, da er als Inbegriff des falschen Freundes ein vorsichtig konstruiertes Netz baut, in dem der die Ersos verstrickt. Zugleich muss man aber auch sagen, dass Luceno sich bisweilen viel zu viel Zeit damit lässt, dieses Netz zu konstruieren, was in der ersten Hälfte des Romans für ein paar langatmige oder gar repetitive Szenen sorgt. Krennics Interaktionen mit anderen Elementen der republikanischen bzw. imperialen Führungsriege, z.B. Vizekanzler Mas Amedda oder Gouverneur Tarkin, sind allerdings ein Highlight, ebenso wie seine Konfrontation mit dem Geonosianer Poggle dem Geringeren. Man sieht, wie Krennic sich bemüht, die unmögliche Aufgabe zu bewältigen, die Amedda ihm auferlegt hat. Der Todessternbau dauerte ja nicht umsonst über 20 Jahre und da gab es einige Rückschläge zu verkraften, für die Krennic bisweilen mit seiner Selbstüberschätzung eigens verantwortlich war, die bisweilen aber auch einfach „höhere Gewalt“ waren. Er wird im Laufe der Handlung immer verzweifelter und unberechenbarer, was nicht nur Lyra Erso auffällt, sondern auch einem anderen Imperialen… Es wird spannend sein, zu sehen, wie er sich in Rogue One unter der Aufsicht von Darth Vader schlagen wird – und wie seine Beziehung zu Galen sich weiter gestalten wird.

Schwächen: So gut Lucenos Worldbuilding auch ist und so gut er bereits vorgegebene Charaktere trifft, er hat bekanntermaßen ja Probleme mit der Schöpfung eigener interessanter Charaktere. Der Schmuggler Has Obitt hat zwar einen bedeutenden Handlungsbogen in diesem Buch, aber er bleibt dennoch eine sehr blasse, austauschbare Figur. Ihm mangelt es einfach an einer gewissen Fallhöhe oder Tragik, um mit ihm mitfühlen zu können. Auch der Gastauftritt einer weiteren Filmfigur, auf den ich oben angespielt habe, gestaltet sich nur aufgrund seiner Verbindungen zum Film wirklich interessant. Auch die Schlacht von Salient am Ende wirkt etwas erzwungen, da Luceno offenbar die politischen und psychologischen Ränkespiele mit etwas Weltraum-Action aufpeppen wollte. Tarkin-Fans werden an diesen Stellen aber dennoch ganz auf ihre Kosten kommen. Zudem muss man sagen, dass das Buch für ein Luceno-Werk einen relativ einfachen Plot hat – sie ist zwar immer noch verschlungen und nimmt gewundene Pfade, allerdings nicht ganz so schlimm verworrene wie in Tarkin. Daraus ergibt sich allerdings eine Stärke: Der Plot ist kohärenter und entwickelt sich organischer und logischer als in Tarkin.

Relevanz: Im Vorfeld von Das Erwachen der Macht waren einige Leser zurecht von Aftermath enttäuscht, weil das Buch nicht nur schlecht geschrieben war, sondern auch nur mäßig relevant für die Filmhandlung an sich war. Beides sind Probleme, die Catalyst definitiv nicht hat. Auch ohne zu wisen, wie Rogue One letztendlich aussehen wird, hat man hier als Leser ganz eindeutig das Gefühl, eine relevante und wichtige Vorgeschichte präsentiert zu bekommen. Wenn ich nächsten Monat im Kino sitze und Rogue One schaue, werde ich wissen, wer Krennic ist, woher er kommt und welche Verbrechen er gegen die Erso-Familie begangen hat. Zugleich werde ich verstehen, aus welchem Umfeld Jyn Erso kommt und wer ihre Eltern waren und wie in ihren frühen Kindesjahren ihre Beziehung zu diesen aussah. Das Buch endet recht offen, denn die Handlung wird wohl durch die in den Trailern angedeuteten Rückblenden im Film selbst wieder aufgegriffen, doch dennoch ist die Geschichte rund, da das Ende des Buches auch eine einschneidende Veränderung in der Dynamik zwischen Orson und Galen markiert. Nicht umsonst gibt es am Ende des Buches aber den Hinweis, dass die Geschichte im Filmroman zu Rogue One fortgesetzt werden wird.

Fazit: Alles in allem war Catalyst ein unterhaltsamer und aufschlussreicher Roman, der über die Kyber-Kristalle, seine drei Hauptfiguren sowie diverse Gastauftritte eine gute Brücke zwischen den Prequels, The Clone Wars und Rogue One schlägt. Man hat das Gefühl, den bedeutsamen Teil 1 einer Geschichte zu haben, deren zweiter Teil dann in Filmform kommt. Da er dennoch nicht ohne Schwächen auskommt, die bisweilen auch typisch für den Autor sind, erhält dieser Roman von mir allerdings nur 4 von 5 Holocrons.

Die Kollegin Ines wird demnächst anhand der britischen Ausgabe eine weitere Rezension liefern und natürlich werden wir auch die deutsche Ausgabe von einem unserer Rezensenten besprechen lassen. Wir alle sind auch tierisch auf eure Meinung zu diesem Roman gespannt und hoffen, dass ihr sie uns in Kommentaren mitteilt.

7 Kommentare

    1. Dann bin ich ja beruhigt, dachte schon die haben noch ne exklusive Kurzgeschichte mit drin o.Ä., so wie das „britisch“ betont wurde.
      Alles klar, dann wage ich mich da noch vor dem Kinobesuch ran 🙂

    2. Zu der Sache mit der britischen Ausgabe und der bald folgenden zweiten Rezension… lass mich dazu etwas weiter ausholen.

      Die Sache ist die, dass Del Rey diesmal aus Geheimhaltungsgründen Fanseiten keine Reziexemplare zugestellt hat. Nur professionelle Rezensenten, die für ein kommerzielles Medium arbeiten, haben welche bekommen – also (Online-)Tageszeitungen und größere Entertainment-Seiten. Bei diesen geht man davon aus, dass sie über ihren Arbeitgeber zur Rechenschaft gezogen werden können und sie deshalb die Klappe halten. Trotzdem hat einer dieser Sorte, den ich nicht näher benennen möchte, in die Gedankengänge einer Figur (FÄLSCHLICHERWEISE!) eine Machtsensitivität hineininterpretiert und das mal fix auf Twitter gepostet, woraufhin Pablo Hidalgo sofort mit Fragen zugespammt wurde. So viel also zu vertrauenswürdig. 😉

      Anfang November hat dann in Rotterdam ein Buchhändler 11 Tage verfrüht mit dem Verkauf des Buchs begonnen, was auch ein Verhaltenskodex-Bruch seitens des Buchladens war, und manche Fans haben sich gleich auch welche gekauft. Über diese Ecke bin auch ich dann in Besitz eines Vorabexemplars gekommen und konnte auch als nicht-kommerzieller Seitenbetreiber eine Rezension vorbereiten. Freundlicherweise hab ich auch keine Spoiler im Netz verbreitet. 😉 Nicht als Gefälligkeit Del Rey gegenüber, sondern weil ich es respektiere, wenn jemand keine Spoiler haben will, und ich eh will, dass jeder die Bücher selbst liest, sogar die schlechten wie Aftermath.

      Kaum war das Exemplar bei mir in der Post, meldete sich dann eine SWCE-Bekannte aus der britischen Verlagswelt zurück und bot uns von britischer Seite ein Rezensionsexemplar an, das sie uns einigermaßen pünktlich zum Erscheinungsdatum zuschicken wollte. Das hab ich dann an die Kollegin Ines weitergeleitet, der wir es übrigens in Absprache im Team verboten haben, meine Rezension vorher zu lesen, sodass sie euch ihre eigene, unverfälschte zweite Meinung zum Buch liefern kann. Wenn wir ein Rezensionsexemplar bekommen, schreiben wir auch etwas dazu, selbst, wenn wir schon eine Rezension des Buchs haben – das ist Ehrensache. Und deswegen gab es gestern eine Rezension der US-Ausgabe und demnächst dann eine zweite Rezension der UK-Ausgabe. Und für die deutsche Ausgabe nächstes Jahr haben wir dann auch noch eine Rezension parat, die dann wieder jemand anders schreiben wird. 😉 So gibt es immerhin viele Meinungen zum Buch und man kann sich daraus ja den gemeinsamen Nenner ableiten oder sie für neue Diskussionsansätze nutzen. 🙂

  1. So ich hab das Buch jetzt auch durch. 4/5 Sterne find ich passend. Mir gefiel es sehr gut, wie nachvollziehbar es war, wie sich das Verhalten der Charaktere und die Beziehung zwischen ihnen verändert hat. Das einzige was mir nicht gefallen hat war die Action gegen Ende der Handlung. Die fand ich doch etwas erzwungen, hat der Handlung nicht viel gebracht und war für mich auf englisch auch etwas schwer zu lesen. Für mich wäre das Buch auch komplett ohne Action ausgekommen.

    1. Ja, diese Schlacht im Salient-System war ein reiner Seitenfüller… hätte ich auch nicht gebraucht. Die sinnvolle Action war dann die Flucht von Coruscant, aber die wurde wiederum zu kurz abgehandelt.

Schreibe einen Kommentar