Rezension: William Shakespeare’s The Phantom of Menace von Ian Doescher

William Shakespeare‘s The Phantom of Menace (07.04.2015)
William Shakespeare‘s The Phantom of Menace (07.04.2015)

Tretet näher, gute Menschen und habt Teil an einer großartigen Vorstellung von Star Wars: Die dunkle Bedrohung, wie sie nur Shakespeare hätte schreiben können! Die komplette Saga startet an diesem Punkt – und das mit einer spannenden Geschichte, die eine verkleidete Königin, einen jungen Helden und zwei furchtlose Ritter beinhaltet, die sich einem verdeckten, rachsüchtigen Feind stellen.

Dies ist ein echtes Drama aus der Zeit Shakespeares, gefüllt mit Schwertkämpfen, Monologen und einer todgeweihten Romanze… alles geschrieben im glorreichen fünfhebigen Jambus verbunden mit zwanzig großartigen elisabethanischen Illustrationen.

William Shakespeare’s The Phantom of Menace ist das vierte Werk von Ian Doescher. In diesem Kontext hört sich Episode I tatsächlich nicht mehr so an, wie ich den Film im Kopf habe. Ob das neuste Werk Doeschers hält was es verspricht, erfahrt ihr in meiner folgenden Rezension!

Bei diesem Werk handelt es sich tatsächlich um etwas sehr Erfrischendes. Als ich vor gar nicht allzu langer Zeit in die 3D-Aufführung des besagten Filmes ging, wurde mir schlagartig klar, dass 3D-Effekte alleine einen schlechten Film auch nicht besser machen können. Doch durch Ian Doescher hat sich meine Sicht auf die Handlung der ersten Episode unserer geliebten Saga weitgehend geändert – bei dem Werk handelt es sich exakt um das, was auch auf dem Umschlag steht: Eine Nacherzählung von Die dunkle Bedrohung, wie sie nur Shakespeare selbst hätte schreiben können.

Ohne Frage ist dies aus meiner Sicht die beste Version der Filmgeschichte, die zu diesem Zeitpunkt konsumiert werden kann. Schon nach den ersten Kapiteln stellt der Leser fasziniert fest, dass Ian Doescher definitiv ein besseres Gehör für Dialoge als George Lucas hat – und dazu ist die eigene innere Stimme automatisch schauspielerisch besser als Jake Lloyd, was Anakin sympathischer macht. Spaß beiseite, Jake Lloyd selbst war übrigens eine unglaublich freundliche und sympathische Person, als ich ihn 2010 auf der Jedi-Con in Düsseldorf kennen lernen durfte. Das Beste an The Phantom of Menace ist jedoch, wie Ian Doescher mit Jar Jar Binks umgeht. Doch dazu mehr im späteren Verlauf der Rezension.

Darth Sidious in The Phantom of Menace
Darth Sidious in The Phantom of Menace

Autor Ian Doescher wandelte auch für The Phantom of Menace den Dialog von Die dunkle Bedrohung in den fünffüßigen Jambus um. Die archaische Grammatik und das Vokabular des sechzehnten Jahrhunderts werden hier wieder so verwendet, dass dieser Schreibstil ein sehr authentisches Shakespeare-Gefühl wiedergibt; zur gleichen Zeit wird der Inhalt des Filmes weitgehend gewahrt. Die Illustrationen in diesem Buch sind wie immer ein netter Bonus und geben weiterhin die Gefühle der Charaktere beeindruckend gut in einem klassischen Stil wieder.

Dabei sollte jedoch angeführt werden, dass Doescher die Prequels eigentlich nicht übertragen wollte. „Die Prequels mache ich, da viele Personen von Zeit zu Zeit bei Lesungen von William Shakespeare’s Star Wars-Büchern zu mir kamen und mich hoffnungsvoll fragten, ob ich auch die Prequels umschreiben werde“, so Doescher. „Ich denke, Shakespeare-Fans wird es gefallen, den kompletten Handlungsbogen von Anakin Skywalker komplettieren zu können – die Reihe aus sechs Büchern wird zur „Tragödie von Anakin Skywalker“ und sein Niedergang in Episode III ist genauso Shakespeare-würdig wie Hamlet, Macbeth oder King Lear.“

Kommen wir nun zu den vielen Erläuterungen, die Ian Doescher in seinem Nachwort gibt. Dabei geht er wieder auf einige interessante Geschichten und Begebenheiten rund um sein Werk an. Natürlich startet er mit dem Thema, welches aus meiner Sicht am Heikelsten ist: Jede Nacherzählung von Die dunkle Bedrohung muss gut mit Jar Jar Binks umgehen. Jar Jar ist vielleicht der Charakter in der kompletten Filmhistorie, über dem am meisten debattiert wird. Einige hassen ihn – aber es soll auch Personen geben, die ihn lieben. Damit sind wohl die meisten Kinder unter 12 Jahren gemeint.

In William Shakespeare’s The Phantom of Menace hat Ian Doescher jedoch zwei Dinge mit ihm gemacht, die ihn zu einem komplett anderen Charakter machen. Er hat den gesamten Dialog Jar Jars in den fünfhebigen Jambus überführt – nun ja, fast! Genauer gesagt wurde der Dialog aus dem Film in Versen mit 9 Silben überführt. Also fehlt eine Silbe zum Pentameter. Die andere Gungans sprechen im vollen fünfhebigen Jambus und behalten dabei ihren Akzent.

Das zweite, was Doescher mit Jar Jar angestellt hat, ist aus meiner Sicht eine geniale Idee. Jar Jar ist sich äußerst über die Dinge bewusst, die um ihn herum geschehen. Jar Jar wurde hier nicht ins Exil geschickt, weil er fast Gungan City zerstört hätte, sondern aufgrund seiner radikalen Ideen. Er wurde auf die Oberfläche von Naboo verbannt, lernte dort die menschliche Sprache und Syntax und schärfte seine Gedanken darüber, wie unterschiedliche Rassen interagieren. Er stellt dann fest, dass obwohl Qui-Gon und Obi-Wan vielleicht sehr nützlich für die Gungans sind (sie sind schließlich Jedi), erachten sie ihn auch als primitiv. (Dies wird sogar im Film belegt, da Qui-Gon ihn verächtlich einen „Einheimischen“ nennt, während er mit Obi-Wan spricht – und das direkt vor Jar Jar….) In diesem Stück denkt Jar Jar sehr geradlinig und nutzt dabei ein einfaches Sprachmuster, um die Erwartungen der Menschen an ihn zu erfüllen, um den Gungans Hoffnung zu bringen – einer Rasse, die von den menschlichen Bewohnern Naboos nicht respektiert wird.

JAR JAR   A man approacheth, cloth’d in Jedi garb.
Belike this man brings aid unto Naboo
Such as will help my people and my land.
Maybe this is the chance I have desir’d!
[…]
[aisde:]   – Your kind did teach
Me human language, and my profit on’t
Is I know how to move your human heart.
So shall I speak most like a Gungan plain
And thus disarm you by a fool’s deceit.
[To QUI-GON:]  Nay, nay, wise sir, O mesa stayee!
O mesa callee Jar Jar Binks-see
Now mesa is your servant humble.

Darth Maul in The Phantom of Menace
Darth Maul in The Phantom of Menace

Andere Charaktere bekommen natürlich ihre eigenen spaßigen Momente. Watto erinnert sehr an Dogberry aus Much Ado about Nothing – wie in jeder Rezension zu den Werken Doeschers muss ich auch hier die immer gleiche Empfehlung aussprechen: Schaut euch Kenneth Branaghs Much Ado about Nothing aus dem Jahre 1993 an! Dogberry wird dort außerdem von Michael Keaton gespielt, der nicht nur in Batman sondern auch in Birdman großartig war. Hätte er doch dafür den Oscar erhalten… Watto versucht ähnlich wie Dogberry die Leute mit großen Worten zu beeindrucken, verwendet diese aber in falscher Art und Weise.

Die Podrennen-Kommentatoren Fode und Beed sprechen in der ersten Person als „wir“ und nicht als „ich“. Dies passt natürlich sehr zu der zweiköpfigen Kreatur. Doescher lässt sie außerdem „wethinks“ anstelle von „methinks“ verwenden.

Kanzler Valorum spricht nur mit schwachen Endungen, also einer unbetonten elften Silbe am Ende seiner Verse, da der Charakter nichts Anderes als eine schwache Figur ist. Natürlich legt Ian Doescher auch in jeden Vers von Mace Windu etwas Besonderes für Samuel L. Jackson-Fans.

MACE You reference the prophecy that speaks
Of one who shall bring balance to the Force.
And you believe it is this fresh young boy?

Kommen wir kurz zurück zum Podrennen: Wie fängt man zehn Minuten Vollgas-Action in einem Theaterstück ein? Doescher nutzt eine altbewährte Strategie Shakespeares: Dieser nutzte in Kampfszenen oft Boten, um das Geschehen zu übermitteln. In diesem Falle sind es Jar Jar und Padmé, die rein und raus rennen und beschreiben, was passiert. Die Podrenner sollten in einem Theaterstück von Schauspielern dargestellt werden, die schnell vom einen Ende der Bühne zum anderen Ende rennen, um das Fahren der Runden darzustellen. So würde zumindest ein wenig die Eile und die Spannung aus dem Film eingefangen und dargestellt werden.

QUI-GON What now, what news? We hard some tell of crash.
PADMÉ `Twas not our Anakin. The Tuskens have
Once more struck from the heigts, and with
Their guns
Did shoot down yet another luckless pod.

Die Leser lernen durch die Werke Doeschers auch selbst konstant dazu. So führt Doescher eine weitere Neuerung ein. Er achtet verstärkt auf die Verwendung von „thou“ und „you“. Während thou zwischen Freunden verwendet wird, verwendet er „you“ in formelleren Dialogen. Da Jar Jar Qui-Gon untergeordnet ist, würde Qui-Gon Jar Jar mit „thou“ ansprechen, Jar Jar Qui-Gon jedoch mit „you“. In den vergangenen Werken hat Doescher auf diese Kleinigkeit nicht geachtet.

Trotz allem bleibt der Film für mich das, was er ist: Die dunkle Bedrohung. Obwohl Doescher die Geschichte stark verbessert hat, hat sie immer noch einige Schwächen, die sich einfach nicht ausbessern lassen. Auch der verbesserte Jar Jar ist immer noch Jar Jar – und die Gungans klingen schlichtweg zusammengefasst wie in den Filmen, was sie in gewisser Weise (leider) unausstehlich macht.

Die Geschichten aus Episode IV, VI und vor allem V sind jedoch besser. Falls ihr also noch nicht mit der Reihe begonnen habt, beginnt lieber ab Episode IV – zumal Episode II und Episode III erst bald erscheinen werden. Trotzdem kommt auch hier der Dialog dem Leser „reicher“ vor, Ian Doescher hat also das Richtige mit seiner Übertragung getan. Der Humor hat sich bewährt und kommt auch hier nicht zu kurz. Wieder einmal trumpft Doescher mit dieser einzigartigen Verschmelzung einer epischen Geschichte mit einer interessanten Erzähltechnik. Deshalb erhält auch The Phantom of Menache ganze fünf Holocrons von mir. Das Mischen von zwei Erzählstilen auf einer hohen Ebene ist auch hier wirklich sehr überzeugend gelungen. Dieses Buch ist intelligent, auf einem hohen Niveau und hat sich diese Holocronzahl verdient – wahrlich! Ich freue mich tatsächlich schon auf die zwei letzten Werke der Reihe.

Der Rezensent vergibt 5 von 5 Holocrons!
Der Rezensent vergibt 5 von 5 Holocrons!

Abschließend kann ich Doescher in seinem Schlusswort nur zustimmen: Es hat mehr Spaß gemacht in Die dunkle Bedrohung einzutauchen als erwartet.

Sich die Charaktere, die uns in Die dunkle Bedrohung vorgestellt wurden, in einem verschachtelten Shakespeare-Werk vorzustellen, gab mir einen neuen Einblick in diese und in den Film als Ganzen. Ich hoffe, dass es für euch dasselbe ist. – Ian Doescher

Ja, ist es! 🙂 Wie hat euch William Shakespeare’s The Phantom of Menace gefallen?

Josh’s Journey to the Phantom of Menace

Joshs The Phantom of MenaceAm ersten April erreichte mich ein Brief, der besagte, dass ein Paket aus den USA am Zoll für mich bereitstehen würde. Jedoch sei keine Rechnung von außen angebracht. Also fuhr ich an jenem Morgen zum Zoll, um zu schauen, was mich erwartet. Nachdem ich den Zettel mit der Nummer „43“ gezogen hatte – schade, wäre es doch nur die „42“ gewesen – setzte ich mich in den leeren Gang des Zollamtes. Nachdem ich hereingebeten wurde, wurde mir auch prompt das Päckchen gebracht. „Das muss ein Buch sein“, sagte der Zollbeamte. Da war mir klar, dass es sich nur um William Shakespeare’s The Phantom of Menace handeln konnte. Ich fragte also nach dem Absender. „Quirk Books! Sie haben doch einen Zettel erhalten, auf dem das alles steht.“ Hatte ich nicht, sonst hätte ich auch nicht angerufen, um zu fragen, wer das Päckchen verschickt hat. Telefonisch konnte mir keine Auskunft gegeben werden. „Haben Sie eine Rechnung dabei?“ Hatte ich natürlich nicht, da es sich um ein kostenloses Rezensionsexemplar handelt. Das erklärte ich ihm. „Nun ja, dann müssen Sie pro forma eine Rechnung schreiben“. Da drehte er das Buch um. Jetzt muss man Folgendes wissen: Das Buch kostet $14.95 in den USA und $15.95 in Kanada. Er zeigte auf „$15.95 CAN“, das neben „US $14.95“ steht. „Wir nehmen diesen Preis“. Ich schaute ihn fragend an – der kanadische Preis? Wenn es aus den Staaten kommt? Das ist zwar nur eine Kleinigkeit, aber ab dann wusste ich nicht, ob sich der gute Mann in seiner Materie auskennt. „16 Dollar, da müssen Sie keine Abgaben zahlen. Aber Sie sehen hier auf der Rückseite das Lucasfilm-Logo. Normalerweise begrenzt Lucasfilm seine Produkte nur auf den US-Markt. Das ist sehr schwierig. Zurzeit nicht, sonst müssten wir das Buch einbehalten.“ – „Gut zu wissen“, antwortete ich. „Die ganzen Buchhandlungen und Internetanbieter – Amazon – handeln also schon die ganze Zeit illegal, wenn ich dort amerikanische Bücher von Lucasfilm bestelle“, sagte ich ironisch. Der Zollbeamte hinter seinem hohen Tresen guckte mich mit tiefem Blick an und sagte sehr ernst: „Ja!“ Ab dort war jede Hoffnung für mich verloren, ich wollte einfach nur noch das Werk von Ian Doescher haben und von dort verschwinden. Allein die Willkür, mit welcher ein Buch rausgefischt wird, und die über 60 Kilometer Fahrt hatten mich schon leicht geärgert, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt. Etwas Positives hat es – anscheinend habe ich eine Ausgabe mit signiertem Bookplate erhalten! 🙂 Sind euch schon ähnliche Dinge mit dem Zoll passiert?

Wir danken Quirk Books für das Rezensionsexemplar!

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